REUTLINGEN. Der Vorstand der Manz AG hat mit Zustimmung des Aufsichtsrats beschlossen, das Anlagengeschäft für die Batteriezellenfertigung zu verkaufen, teilte das Unternehmen mit. Die geplante Transaktion umfasst ein umfangreiches Portfolio an Produktionsanlagen und Einzelmaschinen für die Fertigung von Batteriezellen, stationären Speichern, Kondensatoren sowie bis zum Jahr 2028 genehmigte IPCEI-Fördermittel im Umfang von 70 Millionen Euro, die noch nicht abgerufen wurden. In der Sparte sind weltweit 180 Mitarbeiter beschäftigt, davon 80 an den Standorten Reutlingen und Tübingen. Nach Auskunft des Unternehmens werden bereits erste Gespräche mit potenziellen Investoren geführt. Der Vorstand erwartet eine Transaktion voraussichtlich im ersten Halbjahr 2025.
Das wirtschaftliche Umfeld habe sich nach den Verwerfungen im europäischen Markt für Batteriezellen nach Einschätzung des Unternehmens sehr stark eingetrübt. Die weiterhin notwendigen Investitionen aus eigenen Mitteln sowie der kurz- und mittelfristig schwache Marktausblick sind die wesentlichen Gründe für die angepasste Unternehmensstrategie. »Manz hat in der Vergangenheit große Investitionen in die Sparte getätigt. Ein größerer Investor wäre in der Lage, da nun deutlich schneller etwas draus zu machen«, sagt eine Unternehmenssprecherin. Die Manz AG konzentriere sich künftig auf die Sparte Industrial Automation, in deren Rahmen die Batteriemodulmontage weiter vorangetrieben werde, sowie die Bereiche Electronics, Semiconductor und Contract Manufacturing.
Ergebnis rutscht ins Minus
Die am 27. Juni 2024 angepasste Prognose, wonach Umsatz und Ergebnis für das Gesamtjahr 2024 deutlich unter dem Vorjahresniveau liegen werden, konkretisierte der Vorstand der Manz AG angesichts spürbar unter Vorjahresniveau liegender Auftragseingänge im bisherigen Jahresverlauf wie folgt: Die Umsatzerlöse sollen zwischen 170 und 180 Millionen Euro liegen. Im Vorjahr konnte noch ein Umsatz von 249,2 Millionen Euro erzielt werden. Beim Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) rechnet Manz mit Verlusten zwischen 20 und 25 Millionen Euro. Im Vorjahr stand hier noch ein Gewinn von 14,6 Millionen Euro. Beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) rechnet der Vorstand für das Gesamtjahr 2024 sogar mit einem Verlust zwischen 30 und 35 Millionen Euro, nach einem positiven Ebit in Höhe von 2,9 Millionen Euro im Vorjahr.
Darin nicht enthalten sind zum Jahresende 2024 vorzunehmende, einmalige und nicht liquiditätswirksame, wesentliche Wertberichtigungen, die der Vorstand beschlossen hat. Hintergrund sei die geänderte Einschätzung bezüglich der künftigen Marktentwicklung für die Batteriezellenproduktion und die auch im dritten Quartal 2024 anhaltend schwache Investitionsbereitschaft wichtiger Kundengruppen. Die genaue Höhe ließe sich noch nicht beziffern und hänge vom Zeitpunkt des Verkaufs der Batteriezellen-Sparte ab, sagt die Unternehmenssprecherin.
Betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen
Um auf die aktuellen Herausforderungen zu reagieren, hat der Vorstand zudem beschlossen, seinen Maßnahmenplan im Rahmen des im Juli 2024 bekanntgegebenen Effizienz- und Restrukturierungsprogramms auszuweiten: Durch die Reduzierung von Personal-, Fix- und Materialkosten, der Optimierung von Ablaufprozessen, einer schlankeren Aufbauorganisation sowie den Fokus auf Standardisierungsmaßnahmen im Produktportfolio sollen Kosteneinsparungen im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich in den nächsten drei Jahren erreicht werden. Damit verbunden sei auch ein Stellenabbau, dessen Größenordnung Manz jedoch nicht genau beziffern wollte. »Geplant ist jedenfalls keine große Entlassungswelle, vielmehr wird versucht, den Anpassungsbedarf soweit wie möglich über die natürliche Fluktuation zu realisieren«, sagt die Unternehmenssprecherin. Betriebsbedingte Kündigungen seien jedoch nicht ausgeschlossen.
Kurz nach der Gewinnwarnung im Juni gab es bei Manz einen Chefwechsel. Auf den langjährigen Vorstandsvorsitzenden Martin Drasch, der seit Oktober 2018 das Unternehmen leitete, folgte Ulrich Brahms. Zudem wurde der Vorstand von zwei auf drei Personen erweitert. Zur Stärkung der Liquidität trennte sich Manz darüber hinaus von der ungarischen Tochtergesellschaft. Ende Oktober gab Manz dann den Einstieg des strategischen Investors Eng Kee Tan, Gründer und Mehrheitsaktionär von Greatech Technology aus Malaysia, bekannt. Im Zuge einer Kapitalerhöhung erwarb Tan einen Anteil von 16,7 Prozent an der Manz AG.
Auftragseingang und -bestand brechen ein
In den ersten neun Monaten 2024 hat die Manz AG in einem äußerst schwachen Marktumfeld einen Umsatz von 133,7 Millionen Euro erzielt. Ein Rückgang um 31,5 Prozent zum Vorjahr, als in den ersten neun Monaten 195,0 Millionen Euro erzielt wurden. Der Auftragseingang in den ersten neun Monaten ging um 26,5 Prozent auf 92,5 Millionen Euro zurück und der Auftragsbestand zum 30. September 2024 lag mit 110,9 Millionen Euro sogar um 36,6 Prozent unter dem Vorjahreswert. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sank von 19,5 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum auf minus 13,3 Millionen Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) sank von 10,8 Millionen Euro im Vorjahr auf minus 20,9 Millionen Euro. Die Verluste gingen im Wesentlichen auf das Batteriezellen-Segment zurück. (GEA)