REUTLINGEN. Die Unternehmensgruppe Transline mit Hauptstandort in Reutlingen bleibt auch in der aktuellen allgemeinen Wirtschaftskrise auf Wachstumskurs. Neueinstellungen und Investitionen in Informationstechnologie (IT), interessante neue Aufträge und Gespräche über weitere Firmenzukäufe bestimmen das Geschehen bei dem führenden deutschen Übersetzungsdienstleister, berichtet Katja Schabert, Geschäftsführerin der Transline Deutschland GmbH, dem GEA. Kurzarbeit wie in derzeit so vielen anderen Betrieben sei nicht notwendig.
Vielmehr hätten seit März, also seit Beginn der Coronakrise, neun neue Mitarbeiter die Arbeit in Transline-Firmen aufgenommen, unter anderem in Vertrieb und Marketing, Buchhaltung und IT, erzählt Schabert. Transline beschäftigt demnach inzwischen 159 (Vorjahr: 140) Personen – davon drei Auszubildende – an sieben Standorten in Deutschland, Italien und Frankreich. Die Gruppe organisiert mit einem weltweiten Netzwerk von über 5 000 Fachübersetzern die Übertragung von Texten in 160 Sprachen. Damit werden nach Firmenangaben 93 Prozent der Weltbevölkerung erreicht.
Im Reutlinger Geo-Park im Industriegebiet In Laisen sind wie vor einem Jahr 110 Menschen für Transline tätig. Weitere Standorte gibt es in Köln und Grünbach (Sachsen) mit drei und einer Beschäftigten sowie bei Tochterunternehmen in Walldorf (Baden, sieben Beschäftigte) und Schiltigheim (bei Straßburg/Frankreich, sechs Beschäftigte). Im März vergangenen Jahres meldete Transline den Zukauf der Interlanguage Srl (Modena), die anschließend mit der bestehenden Tochter Wordflow Italy (Bologna) zusammengeschlossen wurde, sodass Transline nun 20 Mitarbeiter in Italien hat. Im April 2019 übernahm Transline den medizinischen Sprachendienst Medax (Olching bei München) mit zwölf Beschäftigten.
Weitere Zukäufe geplant
»Die Firmengruppe steht stabil da. 2019 war geprägt durch die zwei Zukäufe und deren Eingliederungen in die Gruppe«, sagt Schabert. Sie bestätigt, dass Verhandlungen über weitere Akquisitionen laufen. »Dabei geht es uns nicht nur um den Zukauf von Kunden, sondern um Technologien und Know-how, die Transline noch nicht hat«, erklärt die 42 Jahre alte Betriebswirtin. Zudem sei das Unternehmen dabei, für einen niedrigen siebenstelligen Betrag die IT-Landschaft zu erneuern. Daraus sollen sich vor allem Verbesserungen im Auftragsmanagement und in der internen Verwaltung ergeben.
Bedingt auch durch die Zukäufe ist der Umsatz der Transline-Gruppe der Geschäftsführerin zufolge im vergangenen Jahr auf 17,5 Millionen Euro gestiegen – nach 14 Millionen Euro im Vorjahr. Das Ergebnis beziffert das Unternehmen gegenüber den Medien nicht. Schabert kommentiert dazu: »Unsere Ertragslage war 2019 sehr gut. Wir schauen auf Prozesse und Kosteneffizienz.« Der Finanzinvestor Lead Equities mit Sitz in Wien ist seit 2014 Mehrheitsgesellschafter der Führungs- und Funktionsholding Transline Gruppe GmbH (Reutlingen). Der promovierte Maschinenbauingenieur Wolfgang Sturz, 66, der Transline 1986 gegründet hat, ist Mitgesellschafter und Geschäftsführer dieser Dachfirma, deren fünf Tochterfirmen am Markt auftreten.
Nach Schaberts Angaben hat die Transline-Gruppe nun 400 (Vorjahr: 250) Kunden in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien und Frankreich. Dazu gehören große international aktive Unternehmen – wie Bosch, Miele und Sto. Mithilfe von Informationstechnologien organisiert Transline in Projektteams Übersetzungen. In diesen Teams arbeiten oft technische Redakteure von Kunden, die zehn eigenen Fachübersetzer oder Fachübersetzer von Partnerbüros, IT-Fachleute, Lektoren und Layouter zusammen. »Dabei kommt es besonders auf die Qualität und die Schnelligkeit der Übersetzungen an«, sagt Schabert.
Wandel zum mobilen Arbeiten
Es gehe auch darum, aussagekräftige Texte in der jeweiligen Landessprache zu liefern, die in einem bestimmten Gebiet (Land) vorherrschenden rechtlichen und kulturellen Gegebenheiten berücksichtigten. Inhaltlich kümmere sich Transline um technische Übersetzungen wie Betriebsanleitungen ebenso wie um Marketingbotschaften, Verträge und Geschäftsberichte. »Natürlich sind auch uns durch den Lockdown und die Kurzarbeit bei einigen unserer Kunden Aufträge aus der Industrie weggebrochen«, teilt Schabert mit. Indes seien etwa aus der Medizintechnik neue Aufträge dazugekommen. »Auch Webshop-Übersetzungen laufen derzeit gut.«
Die Beschäftigten, zu 80 Prozent weiblich, deren Kompetenz und Einsatzfreude sind laut der Geschäftsführerin das wichtigste Kapital des Unternehmens: »Wir haben die Krise gut bewältigt, weil die Mitarbeiter Verständnis aufgebracht und flexibel mitgemacht haben.« Ein wesentliches Element der Führung sei der Status von Transline als attraktiver Arbeitgeber. Schabert hat sich deshalb auch über zwei Auszeichnungen gefreut, die das Unternehmen erhalten hat: zum einen durch das Wirtschaftsmagazin Focus Business als »Top-Arbeitgeber 2020«, gestützt auf anonym abgegebene Bewertungen von Arbeitnehmern; zum anderen als bester Mittelstandsdienstleister seiner Branche in einer Studie für die Wirtschaftswoche.
In der Coronaviruskrise hätten eine Zeit lang alle Mitarbeiter von Transline im Homeoffice gearbeitet. »Wir wollten den Wandel zum mobilen Arbeiten eigentlich in den nächsten zwei Jahren umsetzen. Nun haben wir innerhalb einer Woche über 60 Laptops angeschafft«, erklärt Schabert. Die Beschäftigten hätten damit zu Hause die gleichen Arbeitsbedingungen wie im Unternehmen. »Es herrscht bei uns eine gute Vertrauensbasis für Homeoffice.« Die Firmenchefin stellt fest, dass sich die Mitarbeiterinnen in der Theorie nun nie sehen müssten, in der Praxis aber die menschliche Komponente wichtig sei: »Das persönliche Gespräch wird daher nicht abgelöst.« (GEA)