PLIEZHAUSEN. Der Informationstechnologie (IT)-Dienstleister Datagroup mit Hauptsitz in Pliezhausen-Gniebel steht vor einer großen Veränderung. Wie berichtet, will der US-Finanzinvestor KKR alle im Streubesitz befindlichen Aktien von Datagroup zum Preis von 54 Euro pro Stück kaufen. KKR will Datagroup dann gemeinsam mit der HHS Beteiligungsgesellschaft von Datagroup-Gründer Hans-Hermann Schaber (69), die bislang als Mehrheitseigentümerin 54,4 Prozent der Aktien hält, in einer 50:50-Partnerschaft führen. Datagroup soll in der Folge im kommenden Herbst vom Kurszettel der Börse verschwinden. Andreas Baresel, 50, Vorstandsvorsitzender von Datagroup, macht im Gespräch mit dem GEA darauf aufmerksam, dass der Deal Investitionen im Sinne des weiteren Wachstums von Datagroup vorsehe, und sagt: »Die Partnerschaft mit KKR macht uns strategisch und finanziell flexibler, um Innovationen wie die Unterstützung durch künstliche Intelligenz voranzubringen und weitere Firmenzukäufe zu verwirklichen.«
Datagroup mit über 3.700 Beschäftigten an 37 Standorten in ganz Deutschland, davon 280 in Pliezhausen und 50 in Reutlingen, stuft sich selbst als führendes deutsches IT-Service-Unternehmen ein. Im Geschäftsjahr 2023/2024 (30. September) standen bei einem Umsatz von 527,6 Millionen Euro ein Ergebnis vor Steuern und Zinsen(Ebit) von 45,6 Millionen Euro und ein Gewinn von 26,1 Millionen Euro zu Buche. Seit dem Börsengang im Jahr 2006 hat Datagroup von 35 Unternehmenszukäufen berichtet.
Öffentliches Erwerbsangebot
In einem anhaltend schwachen Umfeld für Unternehmen mit kleiner und mittelgroßer Marktkapitalisierung war indes die Kursentwicklung der Aktie von Datagroup in den vergangenen Jahren nicht erfreulich. Der Aktienkurs bewegte sich zwischen 3,20 Euro (Ausgabepreis in 2006) und 97 Euro Anfang 2022. Dann ging es abwärts. Der Aktienkurs pendelte sich zwischen 40 und 45 Euro ein. Wie Baresel erläutert, habe dies auch damit zu tun, »dass wir bewusst in die Zukunftsthemen künstliche Intelligenz, Cybersicherheit und Cloudtechnologie investiert und eine leichte Schwächung der Rendite akzeptiert haben«. An der Börse werde ein Unternehmen aber mit so einem Vorgehen rasch abgestraft.
»Gemeinsam mit der HHS haben wir dann über mehrere Optionen nachgedacht und Gespräche geführt«, erklärt Baresel. Eine Kapitalerhöhung sei nur »unattraktiv möglich« gewesen. Daher sei die Möglichkeit einer Partnerschaft mit einem privaten Kapitalgeber geprüft worden. KKR habe seit dem Jahr 1999 mehr als 18 Milliarden Euro langfristiges Eigenkapital in 35 Unternehmen in Deutschland investiert: »Da gibt es viele Erfolgsstorys.« Für Datagroup sei es wichtig, »unsere DNA als mittelständischer IT-Dienstleister nicht zu verlieren«.
Das »Partnerschaftsmodell« sei in mehreren Vereinbarungen ausführlich festgeschrieben. »Für die Beschäftigten und die Kunden soll sich nichts ändern. Ich habe in den vergangenen Wochen viele Fragen von Mitarbeitern und Kunden beantwortet. Erste Besorgnis hat sich schnell gelegt«, berichtet Baresel. Es handele sich ja auch nicht um einen Komplettverkauf an einen Strategen, sondern das Unternehmen bleibe selbstständig, habe aber dank KKR »zusätzliche Möglichkeiten«.
Nach der Bekanntgabe des geplanten Einstiegs von KKR bei Datagroup Mitte April pendelte sich der Aktienkurs schnell bei etwas über 54 Euro ein. Es folgte am 9. Mai das öffentliche Erwerbsangebot an die Streubesitzaktionäre durch das KKR-Investmentvehikel Dante Beteiligungen SE. Die Annahmefrist endet am 6. Juni 2025 um 24 Uhr. Der Angebotspreis von 54 Euro pro Aktie entspricht einer Prämie von 33 Prozent auf den Schlusskurs am 15. April. »Dies ist eine Chance für Aktionäre, sehr kurzfristig am Wertzuwachs teilzuhaben«, sagt Baresel.
Keine Mindestannahmeschwelle
Etwa zehn Aktionäre hätten sich bislang bei Datagroup erkundigt, wie die Sache technisch umgesetzt werden solle. Weil Datagroup keine Namensaktien ausgegeben habe, wisse das Unternehmen nicht genau, wie viele Kleinaktionäre es gebe. Es dürfte sich »um mehrere Hundert handeln«, schätzt der Vorstandsvorsitzende auf Nachfrage.
Da die Datagroup-Aktien im Börsensegment Freiverkehr und damit nicht an einem organisierten Markt im Sinne des Wertpapierrechts gehandelt werden, findet das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz auf das Erwerbsangebot von KKR keine Anwendung. Es werde keine außerordentliche Hauptversammlung geben, weil dies aktienrechtlich nicht vorgesehen sei, so Baresel. Das Erwerbsangebot unterliege auch keiner Mindestannahmeschwelle. Ebenso sei kein gesondertes Delisting-Angebot erforderlich, bevor der Börsenhandel nach Vollzug des Übernahmeangebots eingestellt werde.
Wer seine Aktien nicht verkauft, bleibt zwar Aktionär von Datagroup. »Die Aktien haben weiterhin einen gewissen Wert«, stellt Baresel fest. Aber es sei unklar, ob sie sich leicht zu Geld machen ließen, weil es nach dem Delisting möglicherweise keine täglichen Preisfeststellungen und Käufer mehr dafür gebe. Datagroup müsse dann auch keine Quartalsberichte mehr veröffentlichen. (GEA)