TÜBINGEN. »Nur mit Spitzentechnologie können wir den Wohlstand dieses Landes bewahren«, stellte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) fest, als er am Freitagnachmittag die Erbe Elektromedizin GmbH in Tübingen besuchte. Er zeigte sich sichtlich beeindruckt, wie ihm der geschäftsführende Gesellschafter in fünfter Generation, Christian Otto Erbe, 63, und vier duale Hochschulstudenten des Unternehmens die 173-jährige Geschichte des Tübinger Betriebs präsentierten.
»Die Spur des Erfolgs steckt in vielen Innovationen«, sagte Kretschmann, 76. Er erhielt zudem – ohne Medienvertreter – einen Einblick in Forschungsprojekte der Firma. Für den Landesvater war es eine Abwechslung vom politischen Geschehen. Auf GEA-Nachfrage zur jüngsten Umfrage, wonach die Grünen im Land derzeit nur 18 Prozent der Stimmen erhielten – nach 32,6 Prozent bei der Landtagswahl 2021 – antwortete er: »Ja, das hat mich schon geschockt.«
Christian Otto Erbe stellte fest: »20 Millionen Menschen werden jedes Jahr weltweit mit Erbe-Produkten behandelt.« Seit dem Jahr 1851 entwickelt, fertigt und vertreibt Erbe Elektromedizin weltweit chirurgische Instrumente und Geräte und bietet Dienstleistungen für den professionellen Einsatz dieser Produkte an – und steht damit für Spitzentechnologie in Operationssälen. Tätigkeitsfelder sind Elektrochirurgie, Gefäßversiegelung, Plasmachirurgie, Kryotechnologie, Hydrochirurgie, Imaging und Diagnostics. Erbe ist in 110 internationalen Märkten aktiv.
Der Firmenverbund beschäftigt 2.000 Personen, davon 700 in Tübingen und 300 in Rangendingen (nahe Hechingen/Zollernalbkreis). Nach früheren Angaben steigerte Erbe im vergangenen Jahr den Umsatz gegenüber 2022 um 14 Prozent auf 428 Millionen Euro; 86 Prozent des Umsatzes wurden mit ausländischen Kunden erzielt. Als Umsatzrendite vor Steuern habe sich für 2023 ein zweistelliger Prozentwert errechnet, hatte der Firmenchef dem GEA im Mai mitgeteilt. Acht Familiengesellschafter halten die Anteile an der Holding C. Erbe GmbH (Tübingen), der unter anderem die Anteile an der maßgeblich am Markt auftretenden Erbe Elektromedizin GmbH gehören.
Wachstum auch 2024
»Wir wachsen auch 2024 deutlich, werden aber wohl unseren Plan von 470 Millionen Euro Umsatz nicht erreichen«, sagte Prokurist Marcus Felstead, 54, im Gespräch mit dieser Zeitung. Es gebe eine Delle in einigen europäischen Ländern. Die Kunden seien derzeit zurückhaltend bei Investitionen in Geräte von Erbe, die für etwa 35 Prozent des Geschäfts stünden. Gut laufe indes auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie diesen die Nachfrage nach Verbrauchsgütern.
Christian Otto Erbe, ehrenamtlich Präsident der Industrie- und Handelskammer Reutlingen und des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags, wies angesichts der Probleme der Automobilwirtschaft auf die hohe volkswirtschaftliche Bedeutung der Gesundheitswirtschaft hin. Er sagte: »Wir fühlen uns in Baden-Württemberg gut verortet. Unsere Landesregierung hat die Medizintechnik sehr stark im Fokus.« (GEA)

