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Aktuell Proteste

Legen Bauern und Lokführer das Land lahm?

Nächste Woche droht bei gleichzeitigen Protesten von Landwirten, GDL und Spediteuren der Stillstand

Landwirte
Traktoren von Bauern aus der Umgebung von Wittenberg blockieren die Zufahrt zur A9 bei Coswig. Foto: Heiko Rebsch/DPA
Traktoren von Bauern aus der Umgebung von Wittenberg blockieren die Zufahrt zur A9 bei Coswig.
Foto: Heiko Rebsch/DPA

BERLIN. Deutschlands Landwirte wehren sich vehement gegen den Sparkurs der Bundesregierung. Ab Montag setzen die Bauern ihre Proteste mit einer ganzen Serie von Großdemonstrationen fort. Sie wollen sich nicht damit abfinden, dass staatliche Zuschüsse zum Agrardiesel und die Befreiung von der KfW-Steuer für Nutzfahrzeuge gestrichen werden. Der Bauernaufstand könnte mit neuen Bahnstreiks zusammentreffen und hätte damit das Potenzial, das Leben in Teilen der Republik lahmzulegen.

Die Lokführer, die seit Monaten um höhere Löhne kämpfen, hatten sich selbst eine Art Weihnachtsfrieden verordnet, der am Sonntag endet. In einer Urabstimmung sprachen sie sich mit gigantischer Mehrheit für dauerhafte Streiks aus, sollte sich die Deutsche Bahn im Tarifstreit nicht bewegen. Die mächtige Gewerkschaft GDL wollte sich auf Nachfrage unserer Redaktion nicht festlegen, ob und wann die Lokführer die Arbeit einstellen. Ein Sprecher betonte allerdings, dies sei völlig unbeeinflusst von den Planungen der Bauern.

Auch die Landwirte werden nach eigener Aussage keine aktiven Absprachen mit den Lokführern oder Spediteuren treffen, die wiederum Proteste gegen die Erhöhung der Lkw-Maut angekündigt hatten. Für sich selbst haben die Landwirte aber einen klaren Fahrplan. Der Demo in München am Montag folgen weitere Großdemos in Augsburg am Mittwoch und Nürnberg am Freitag. Am 15. Januar sollen die Traktoren dann wieder Richtung Berlin rollen, zwischendurch sind hunderte regionale Aktionen geplant.

Bayerns Bauernpräsident Günther Felßner zeigte sich im Gespräch mit unserer Redaktion entschlossen: »Ohne unsere Proteste bewegt sich ja nichts. Inzwischen gibt es zwar politische Diskussionen, aber wir fordern die hundertprozentige Rücknahme der Sparvorschläge zulasten der Landwirtschaft«. Der Bauernverband betont immer wieder den großen Rückhalt in der Bevölkerung. Umso wichtiger ist es Felßner, diese Sympathien nicht zu gefährden, wenn Demonstrationen aus dem Ruder laufen würden: »Wir sind keine Chaoten und keine Sachbeschädiger, wir stimmen all unsere Aktionen mit der Polizei ab und machen kein Harakiri. Mit irgendwelchen Idioten, die unsere Veranstaltungen als Trittbrettfahrer missbrauchen, um ihre Umsturzfantasien auszuleben, wollen wir nichts zu tun haben.« Den immer wieder kursierenden Begriff »Generalstreik« lehnt Felßner ab.

Ampel auf falschem Fuß erwischt

Die Kürzungen in der Landwirtschaft sind ein Ergebnis der Haushaltskrise der Ampelkoalition. Der erbitterte Widerstand hatte SPD, Grüne und FDP auf dem falschen Fuß erwischt. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hatte auf der Großdemo vor dem Brandenburger Tor im Dezember versprochen, sich für Bauern einzusetzen. Auch die FDP entdeckte ihr Herz für die Höfe. Im Gespräch ist, zumindest kleinere Betreibe weiterhin finanziell zu unterstützen. Doch einen konkreten Plan scheint es nicht zu geben. FDP-Bundestagsfraktionschef Christian Dürr sagte unserer Redaktion: »Ich halte die einseitige Belastung landwirtschaftlicher Betriebe für falsch. Meinem Eindruck nach ist sich die Koalition in dieser Frage auch einig, daher werden wir darüber erneut beraten. Mein Ziel ist, dass wir für die Landwirtinnen und Landwirte eine faire Lösung finden.«

Bauernpräsident Felßner hat jedenfalls einen klaren Anspruch an die Politik: »Es ist ja erfreulich, dass jetzt plötzlich alle Bauernpartei sein wollen, aber wir werden genau darauf achten, wer nur redet und wer auch handelt.« Zu den Großveranstaltungen seien Vertreter aller drei Ampel-Parteien eingeladen worden. »Wir erwarten auch, dass sie mit uns auf dem Podium diskutieren, selbst wenn der Ton mal etwas schärfer wird, werden wir sie auch fair behandeln«, versicherte der Bauernvertreter – und fügte hinzu: »In Berlin hatte sich ja nur Landwirtschaftsminister Cem Özdemir gestellt, während sich Finanzminister Christian Lindner gedrückt hat.« (GEA)