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Aktuell Transfergesellschaft geplatzt

Kündigungen für 11000 Schlecker-Beschäftigte

EHINGEN. Alles Bangen war umsonst: Mehr als 10000 Schlecker-Beschäftigte werden in diesen Tagen ihre Kündigung im Briefkasten finden. Die Bemühungen, sie in einer Transfergesellschaft vor dem abrupten Fall in die Arbeitslosigkeit zu bewahren, sind endgültig gescheitert. Die Bundesländer konnten sich nach einem nervenaufreibenden Tauziehen am Donnerstag nicht auf die dafür nötige Bürgschaft einigen. Den Ausschlag hatte letztlich Bayern gegeben, das sich auf Drängen der FDP nicht an der nötigen Bürgschaft für die Transfergesellschaften beteiligen wollte.

Symbolbild. Foto: Friso Gentsch
Symbolbild. Foto: Friso Gentsch
Symbolbild. Foto: Friso Gentsch
Die rund 11000 Beschäftigten, die wegen der Pleite der Drogeriekette insgesamt ihren Job verlieren, hätten in den Transfergesellschaften weitergebildet und bei der Suche nach einem neuen Job unterstützt werden sollen. Außerdem hätten sie für sechs Monate einen Großteil ihres Gehaltes sicher gehabt. Doch dafür wäre ein Kredit von 70 Millionen Euro nötig gewesen, den die Länder durch Bürgschaften hätten absichern müssen. Dazu kommt es nun nicht.

Das federführende Land Baden-Württemberg hatte zuletzt Zusagen von 12 Ländern. Nur Niedersachsen und Sachsen verweigerten eine Übernahme eines Bürgschaftsanteils - auch hier war das Votum der FDP entscheidend. Für deren Anteil wollte die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg einstehen - hier hat Schlecker seinen Hauptsitz. Zwischen den Landesregierungen von Stuttgart und München liefen am Donnerstag die Telefone heiß.

Baden-Württembergs Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) hatte in einer letzten Nachtsitzung versucht, noch die 45 Millionen Euro an Bürgschaftsgeldern aus anderen Ländern zusammenzutrommeln. Doch dafür hätte sich Bayern beteiligen müssen.

Schließlich zerstritt sich die CSU/FDP-Regierung in Bayern. Der Freistaat sei nicht dabei, sagte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) am Donnerstag auf der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin. Die mitregierende FDP habe sich gegen die Übernahme eines Bürgschaftsanteils gesperrt. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) musste das Scheitern eingestehen: »Die Transfergesellschaft wird nicht zustande kommen«, sagte er in Berlin.

Die baden-württembergische Landesregierung hätte nach den Worten des FDP-Vorsitzenden, Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler, zusammen mit der Bundesagentur für Arbeit eine Lösung für die Schlecker-Beschäftigen finden sollen. Stattdessen habe die Regierung in Stuttgart mit dem Plan für eine Auffanggesellschaft zwei Wochen Zeit verloren, kritisierte Rösler. Auf die Frage, ob er den Kurs der FDP-Länderminister in dieser Sache vorgegeben habe, sagte Rösler, in den Reihen der FDP-Wirtschaftsminister herrsche die »klare Überzeugung« vor, dass im Fall Schlecker die Bundesagentur in Nürnberg gefragt sei.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) sprach nach dem Scheitern der Gespräche von einem Skandal und wies vor allem der FDP die Schuld zu. Auch Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) übte scharfe Kritik an seinem Koalitionspartner. »Das sind wohl mehr politische statt fachlich nachprüfbare Motive«, sagte er mit Blick auf die Haltung der FDP.

Schmid (SPD) warf den Liberalen vor, dass für sie nicht die Menschen, sondern das parteipolitische Kalkül im Mittelpunkt gestanden habe. Die Vorsitzende der FDP Bayern, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, unterstrich hingegen: »Eine Auffanggesellschaft eröffnet keine Perspektive.«

Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz hatte die Kündigungsschreiben schon vorbereitet und unterschrieben bereitliegen. Als das endgültige Nein zu den Transfergesellschaften aus Stuttgart kam, gingen die Briefe unmittelbar in die Post. Mehrere Schlecker-Beschäftigte hätten das Unternehmen in den vergangenen Tagen bereits freiwillig verlassen, so dass jetzt nur noch rund 10 000 Menschen gekündigt werden müsse. Insgesamt verlieren rund 11 000 ihren Job.

Experten erwarten, dass zahlreiche Betroffene nun Kündigungsschutzklagen gegen Schlecker einreichen werden. Das könnte mögliche Investoren abschrecken. Geiwitz appellierte deshalb an die Entlassenen, nicht vor Gericht zu ziehen. »Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden solche Klagen nichts bringen, im Fall einer hohen Gesamtzahl jedoch massiv den verbleibenden Schleckerfrauen schaden«, sagte er. (dpa)