Logo
Aktuell Konjunktur

IHK-Umfrage: Wirtschaft in der Region Neckar-Alb in Lauerstellung

Industrie- und Handelskammer Reutlingen hat die Ergebnisse einer Umfrage unter 357 Unternehmen veröffentlicht. Die konjunkturelle Wende lässt weiter auf sich warten.

Hauptgeschäftsführer Wolfgang Epp und Konjunkturexpertin Antonia Hettinger von der Industrie- und Handelskammer Reutlingen stell
Hauptgeschäftsführer Wolfgang Epp und Konjunkturexpertin Antonia Hettinger von der Industrie- und Handelskammer Reutlingen stellten die Ergebnisse einer Umfrage unter Mitgliedsunternehmen vor. Foto: Schanz
Hauptgeschäftsführer Wolfgang Epp und Konjunkturexpertin Antonia Hettinger von der Industrie- und Handelskammer Reutlingen stellten die Ergebnisse einer Umfrage unter Mitgliedsunternehmen vor.
Foto: Schanz

REUTLINGEN. Die konjunkturelle Wende lässt auch in der Region Neckar-Alb weiter auf sich warten. Der Konjunkturklimaindex der Industrie- und Handelskammer (IHK) Reutlingen verharrt seit Frühsommer bei 96 Punkten. Pessimisten haben also gegenüber Optimisten leicht die Oberhand – denn erst bei 100 Punkten halten sich die positiven und negativen Tendenzen die Waage. Dies gaben IHK-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Epp und IHK-Konjunkturexpertin Antonia Hettinger bekannt. Sie stellten bei einem Pressegespräch am Freitag die Ergebnisse der neuesten IHK-Konjunkturumfrage vor. 357 Unternehmen in den Landkreisen Reutlingen, Tübingen und Zollernalb hatten sich daran beteiligt.

Epp erzählte dabei, es gelte die schwarzen Tage hinter sich zu lassen. Daher habe er für den Anlass mit Bedacht einen hellgrauen Anzug gewählt. Die Konjunktur bleibe in Lauerstellung. »Wir sehen derzeit keine Fundamentalkrise der regionalen Wirtschaft. Einige Unternehmen müssen sich neu aufstellen«, hob er hervor. Der Kern sei jedoch in Ordnung. Die IHK Reutlingen erwarte keine Insolvenzwelle. Er verwies er auf 87 (Vorjahreszeitraum: 79) Insolvenzen von Januar bis September. Sorgenkind sei die Industrie, in der die Stimmung nicht gut sei – auch mit Blick auf Arbeitsplätze.

Der Hauptgeschäftsführer klagte über zu hohe Energiepreise. Zudem stellte er fest, dass der von der Bundesregierung angekündigte »Herbst der Reformen« bislang noch wenig zu spüren sei. Laut den Umfrageergebnissen gehöre die Wirtschaftspolitik derzeit zum viertgrößten Risiko der regionalen Betriebe – hinter Inlandsnachfrage, Arbeitskosten und Energiepreisen, aber vor geopolitischen Spannungen, Fachkräftemangel und Auslandsnachfrage.

Appell zum Investieren

Auf die GEA-Nachfrage, was (selbstkritische) Unternehmer tun könnten, um die Lage zu verbessern, antwortete Epp mit einem Appell: »Unternehmer sollten optimistisch sein und die Chancen sehen, die die Märkte bieten. Sie sollten Risiken eingehen und investieren und damit auch Verantwortung für den Standort übernehmen.« Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Man kann Yachten kaufen – aber man kann auch in seinen Betrieb investieren.« Im Hinblick auf die am 8. März 2026 anstehende Landtagswahl könne die Konjunktur durchaus etwas für die Stimmung ausmachen, gab Epp zu. Dass AfD und Linke wahrgenommen würden, »zeigt eine Unzufriedenheit der Menschen«.

52 Prozent der von der IHK Reutlingen Befragten beurteilten ihre aktuelle Geschäftslage als befriedigend, 23 als gut und 25 Prozent als schlecht, berichtete Konjunkturexpertin Hettinger. Bezogen auf die kommenden zwölf Monate blickten 19 Prozent optimistisch in die Zukunft und 23 Prozent besorgt, während 58 Prozent keine Veränderung ihrer Geschäftslage erwarteten. Die Investitionsbereitschaft habe sich nun im Herbst gegenüber der vorherigen Umfrage im Frühsommer etwas stabilisiert.

Auf die Frage, wie sich die Beschäftigtenzahl vor Ort verändern werde, kreuzten Hettinger zufolge 56 Prozent »gleichbleibend«, 12 Prozent »zunehmend« und 32 Prozent »abnehmend« an. Damit habe sich der Beschäftigungssaldo gegenüber der vorherigen Umfrage etwas verschlechtert. Epp wies indes darauf hin, dass bei diesem Punkt in der Industrie 42 Prozent von weniger Beschäftigung und nur 7 Prozent von mehr Beschäftigung ausgingen, und sagte: »Wir sind Industrie-stark und wollen das auch im Strukturwandel bleiben.« Mit knapp 85.000 Beschäftigten sei das verarbeitende Gewerbe der wichtigste Wirtschaftszweig in der Region.

Export als Stütze

Zum ersten Mal seit über einem Jahr sei der Exportsaldo bei der Umfrage ins Plus geklettert, so Hettinger. 22 Prozent der Unternehmen gingen von einer Steigerung der Ausfuhren aus, 20 Prozent von einer Senkung. »Der Export ist und bleibt die verlässliche Stütze der regionalen Konjunktur«, erklärte dazu Epp. In den ersten sieben Monaten hätten die Ausfuhren aus der Region bei 7,82 (Vorjahr: 7,71 Milliarden) Euro gelegen, im gesamten Jahr 2024 bei 13,21 Milliarden Euro.

Was die Branchen anbelange, so habe sich die Stimmung im Einzelhandel und vor allem auf dem Bau verbessert, erläuterte Hettinger. In den anderen Sektoren – Industrie, Dienstleistungen, Gastgewerbe – sei sie schlechter geworden.

Die IHK-Konjunkturumfrage findet drei Mal im Jahr statt. Von 12. September bis 2. Oktober haben sich diesmal 165 Unternehmen aus Industrie und Bau, 89 aus Groß- und Einzelhandel sowie 103 aus dem Dienstleistungsbereich, darunter Hotel- und Gaststätten sowie aus dem Kredit- und Versicherungsgewerbe, beteiligt. (GEA)