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Aktuell Wirtschaftspolitik

IHK-Gremium Tübingen: »Die besten Ideen auf die Straße bringen«

Mitglieder des IHK-Gremiums Tübingen sprachen am Dienstag über nötige Reformen, um die Wirtschaft ankurbeln zu können.

Vertreter des IHK-Gremium Tübingen zu Reformen, welche die Wirtschaft braucht. Von links: Arnd-Gerrit Rösch, Alexander Stagl, Ma
Vertreter des IHK-Gremium Tübingen zu Reformen, welche die Wirtschaft braucht. Von links: Arnd-Gerrit Rösch, Alexander Stagl, Max-Richard Freiherr Raßler von Gamerschwang, Daniela Eberspächer-Roth und Achim Mey. Foto: Foto: Sturm
Vertreter des IHK-Gremium Tübingen zu Reformen, welche die Wirtschaft braucht. Von links: Arnd-Gerrit Rösch, Alexander Stagl, Max-Richard Freiherr Raßler von Gamerschwang, Daniela Eberspächer-Roth und Achim Mey.
Foto: Foto: Sturm

TÜBINGEN. Unternehmer würden derzeit oft gefragt, wie es ihnen gehe, begann Daniela Eberspächer-Roth. Ebenso oft, so die Vorsitzende des Gremiums Tübingen der Industrie- und Handelskammer (IHK) Reutlingen, würden sie um Antworten auf die aktuelle, oft als Krise wahrgenommene Situation gebeten. Dazu nannte sie vier Punkte: Unternehmer böten eine Perspektive für gute Arbeit, die sich lohne und wertgeschätzt werde. Die Unternehmen müssten Modernisierung und Innovation als Chance verstehen: »Wir müssen die besten Ideen auf die Straße bringen.«

Unternehmen sollten sich für die Umwelt und die Region, in der sie sich befänden, sowie für einen guten Umgang zwischen den Menschen einsetzen. Schließlich: Service, Kundennähe und Marketing seien zu pflegen – »Gutes tun und gut darüber reden«, empfahl Daniela Eberspächer-Roth, im Hauptjob Chefin der Profilmetall GmbH (Hirrlingen).

In der Region engagieren

Um über die Wirtschaft im allgemeinen und über eigene Ideen zu reden, veranstaltete das IHK-Gremium erstmals eine Gesprächsrunde. Die fand im Hauptsitz des Bauunternehmens von Achim Mey statt, einem Unternehmen, das in den vergangenen Jahren mit Preisen für Unternehmensführung überhäuft wurde. Bekannt wurde Mey auch durch seine großzügige Sportförderung, vor allem in Tübingen, vor allem im Bereich von Lauf- und Triathlonveranstaltungen.

Dass die Situation in der Baubranche aktuell recht angespannt sei, merke man vor allem im Kernbaubereich: »Für viele ist es unmöglich, jetzt zu bauen«, sagte Mey. Die Zinswende Anfang 2022 habe zu einer Vervielfältigung der Kapitalkosten gesorgt. »Die müssen runter«, forderte Mey. Aufgrund einhergehender Preissteigerungen sei es zu vielen Engpässen gekommen.

Kapitalkosten müssen runter

Dass die Zinsen wieder runter gehen, sei nicht zu erwarten. Belastend für die Branche sei weiterhin das vor einer Dekade entstandene Hoch der Gehälter, vor allem aber die Bürokratie. Für seinen Bereich nannte Mey etwa den jährlich zu erbringenden Nachweis, mit einer »Hubameise« umgehen zu können, die jeder Supermarkt-Mitarbeiter beherrschen könne. Vor allem kritisierte Mey, dass sinnvolle Förderprogramme überraschend gestrichen wurden.

Hotelier Max-Richard Raßler Freiherr von Gamerschwang (Starzach) wandte sich kurz und bündig gegen die Bettensteuer: »Die Matratzen-Maut ist keine Entlastung! Die Gelder versickern im Haushalt eines Orts.« Als Beispiel nannte er Meßstetten auf der Alb, wo eine Tourismus-Abgabe den Übernachtungspreis anhebe. Der Baron ärgerte sich: »Die Hotellerie ist ein geeignetes Opfer für Abgaben!«

Energiepreise senken

Arnd-Gerrit Rösch, Geschäftsführer der Gerhard Rösch GmbH (Tübingen), plädierte dafür, die Regierung möge eine Senkung der Energiepreise bewirken. In Deutschland seien sie wesentlich höher als in den konkurrierenden Ländern, etwa in den USA, in China, Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten. »Ohne günstige Energie hat die deutsche Industrie keine Chance«, so Rösch. Er plädierte dafür, den Markt zu liberalisieren.

Neben den neuen Energieformen schlug Rösch die Rückkehr zu bewährtem vor: Moderne Kernkraftwerke. Weil die deutsche Industrie vor allem Erdgas benötige, befürwortete er eine »Rückkehr zu stabilen Pipelineimporten« statt teuer aus den USA eingekauftem Fracking-Gas. Rösch fragte sich, ob man das hierzulande verbotene Fracking (die Gewinnung von Öl und Gas mit Hilfe von unter Hochdruck ins Gestein gepresstes Wasser), auch hierzulande anwenden sollte.

Rückkehr zur Arbeitswochenzeit

Alexander Stagl vom Hotel Krone Tübingen stellt einen Fachkräftemangel in seiner Branche fest. Er befürwortet eine flexible Arbeitszeitgestaltung, die zu effektiverer Arbeit führen würde. Daher: »Wir brauchen die Rückkehr zu Arbeitswochenzeit.« Diesbezüglich müsse die Politik »größere Pfosten einschlagen.« Etwa einen Feiertag streichen oder, nach schwedischem Vorbild, einen Karenztag einführen: Wenn dort ein Mitarbeiter krank ist, muss der Arbeitgeber am ersten Tag nichts zahlen, an Folgetagen dann ansteigend.

Eberspächer-Roth fasste zusammen: »Vom Herbst der Reformen erwarten wir eine mittelstandsorientierte Politik«, denn der Mittelstand stelle den Großteil der Arbeitsplätze hierzulande. Dazu gelte es, die knappen Ressourcen gut zu nutzen. Eine Steuerfreiheit auf Energie, was die Kassen des Bunds weniger füllen werde, würde durch effizienteres Arbeiten ausgeglichen. »Noch höhere Energiekosten würde viele Unternehmen in die Verlustzone bringen.« (GEA)