METZINGEN. Seit der Schweizer Daniel Grieder im Juni 2021 den Chefposten von Hugo Boss übernommen und zwei Monate später seine Wachstumsstrategie namens »Claim 5« vorgestellt hat, geht es beim Modekonzern in Metzingen bei wichtigen Kennzahlen aufwärts. Pünktlich zum 100-jährigen Bestehen wurde 2023 beispielsweise erstmals ein Umsatz von über 4 Milliarden Euro geschafft.
Für das Vor-Corona-Jahr 2019 hatte Hugo Boss mit seinerzeit über 14.600 Beschäftigten bei einem Umsatz von 2,884 Milliarden Euro noch einen Gewinn von 205 Millionen Euro ausgewiesen. Dann folgte aber in 2020 ein erheblicher Einbruch – auch durch coronabedingt geschlossene Geschäfte: Der Umsatz sank unter 2 Milliarden Euro, die Zahl der Beschäftigten unter 13.800. Der Konzern machte einen Verlust von 219 Millionen Euro. Die Aktionäre erhielten eine Dividende von lediglich vier Cent je Aktie.
Grieder, mehr als 20 Jahre erfolgreich für Tommy Hilfiger tätig, musste eine einjährige Wettbewerbssperre abwarten, ehe er in Metzingen loslegen durfte. In dieser Zeit tüftelte der Mann, der den Ruf hat, sich und andere begeistern zu können, an seiner Wachstumsstrategie. Dann rief er im August 2021 ambitionierte Ziele aus: Der Umsatz solle bis 2025 auf 4 Milliarden Euro verdoppelt werden. 25 bis 30 Prozent der Umsätze sollten im digitalen Vertrieb zustande kommen. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) solle bei 12 Prozent des Umsatzes liegen.
Interne Wende eingeleitet
Hugo Boss soll Grieder zufolge die weltweit führende technologiegesteuerte Modeplattform und eine der 100 weltweit führenden Marken werden. Der Vorstandsvorsitzende kündigte neue Markenauftritte für Boss und Hugo an, setzte auf Lässigkeit und Komfort. Er bezeichnete die Digitalisierung »als Schlüssel für personalisierte und kanalübergreifende Kundenansprache«. Folgerichtig investierte Hugo Boss viele Millionen Euro in Marketing und Digitalisierung.
»Hugo Boss hatte ein bisschen an Strahlkraft und bei Konsumenten an Relevanz verloren«, sagte Grieder später über seinen Ansatz. Auch intern leitete er eine Wende ein. »Und übrigens, ich bin Daniel für euch«, bot er den Beschäftigten das Du an, wie er in einem Interview mit dem GEA erzählte.
Bereits im Jahr 2021 verbesserten sich die Unternehmensdaten deutlich – als Folge der neuen Strategie, aber auch begünstigt dadurch, dass wieder mehr Geschäfte geöffnet werden konnten, weil die Pandemie abflachte. Bei einem Umsatz von 2,786 Milliarden Euro (plus 43 Prozent gegenüber Vorjahr) und wieder über 14.000 Beschäftigten stand ein Konzernergebnis von 144 Millionen Euro zu Buche. Die Dividende erhöhte sich auf 70 Cent je Aktie. Im Jahr 2022 stieg der Umsatz um 31 Prozent auf 3,651 Milliarden Euro, der Gewinn von 144 Millionen auf 222 Millionen Euro, die Zahl der Beschäftigten auf über 16.900. Die Aktionäre freuten sich über eine Dividende von einem Euro je Aktie.
Verträge vorzeitig verlängert
Mitte Juni vergangenen Jahres hob der Vorstand aufgrund anhaltend gut laufender Geschäfte seine mittelfristigen Finanzziele an. Da absehbar war, dass die für 2025 angepeilten 4 Milliarden Euro Umsatz schon 2023 erreicht werden würden, steht nun das Ziel von 5 Milliarden Euro Umsatz in 2025. Zudem soll das Ebit dann bei mindestens 600 Millionen Euro liegen (zuvor 480 Millionen Euro). Tatsächlich lag das Ebit 2021 bei 228 Millionen Euro, 2022 bei 335 Millionen Euro und im vergangenen Jahr bei 410 Millionen Euro.
Für 2023 meldete Hugo Boss einen Umsatz von 4,197 Milliarden Euro, ein Plus von 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das Konzernergebnis stieg von 22 Millionen auf 270 Millionen Euro, die Zahl der weltweit Beschäftigten von 16.930 auf 18.738. Die Dividende kletterte von 1,00 auf 1,35 Euro je Aktie.
Als Folge des Wachstums gab das Unternehmen Ende 2023 den Ausbau seines Distributionszentrums in Filderstadt-Bonlanden für über 100 Millionen Euro und den Neubau eines Verwaltungsgebäudes in Metzingen für 50 Millionen Euro bekannt. Im März dieses Jahres wurde der Vertrag von Grieder, 62, vorzeitig bis Ende 2008 verlängert. Auch die Verträge von Finanzvorstand Yves Müller, 54, und Vertriebsvorstand Oliver Timm, 53, wurden vorzeitig bis Ende 2027 beziehungsweise Ende 2026 verlängert.
Da sich das wirtschaftliche Umfeld etwas eingetrübt hat, war der Vorstand mit den Umsatz- und Ergebnisprognosen für dieses Jahr vorsichtig und senkte, wie berichtet, diese Woche nach dem Verlauf des zweiten Quartals die ursprünglichen Werte. Der Umsatz soll im Gesamtjahr 2024 um ein bis vier Prozent auf 4,2 Milliarden bis 4,35 Milliarden Euro steigen. Das Ebit soll sich nun gegenüber Vorjahr um minus 15 bis plus 5 Prozent auf 350 Millionen bis 430 Millionen Euro entwickeln.
Verhaltene Prognosen oder sogar Umsatz- und Gewinnwarnungen wirken sich gewöhnlich negativ auf den Aktienkurs aus. Daher steht die Aktie von Hugo Boss derzeit in der Nähe des 52-Wochen-Tiefs von 36,08 Euro. Das 52-Wochen-Hoch lag über 74 Euro. (GEA)