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Holzindustrie-Präsident im GEA-Interview: »langfristig denken«

Johannes Schwörer aus Oberstetten ist seit 2008 Präsident des deutschen Branchenverbands.

Johannes Schwörer, Präsident des Hauptverbands der Deutschen Holzindustrie. FOTO: PIETH
Johannes Schwörer, Präsident des Hauptverbands der Deutschen Holzindustrie. FOTO: PIETH
Johannes Schwörer, Präsident des Hauptverbands der Deutschen Holzindustrie. FOTO: PIETH

HOHENSTEIN-OBERSTETTEN. Der Hauptverband der Deutschen Holzindustrie (HDH) erhofft sich von der neuen Bundesregierung die Sicherung der Rohstoffversorgung für seine Betriebe sowie Maßnahmen, die den Wohnungsbau ankurbeln. Dies sagte HDH-Präsident Johannes Schwörer, 57, aus Hohenstein-Oberstetten im Gespräch mit dem GEA.

Es habe mit der bisherigen Regierung einen Konflikt gegeben zwischen Naturwald belassen und Holznutzung, erklärte er und führte aus: »Nur ein bewirtschafteter Wald kann das Holz ausliefern, das wir brauchen – und nur der bewirtschaftete Wald hat beim Klimawandel eine realistische Chance.« Man könne nicht 100 Jahre abwarten, wie sich der Wald entwickle.

Bei einer Holzzunahme in deutschen Wäldern um knapp 100 Millionen Kubikmeter pro Jahr liege die Einschlagmenge bei rund 70 Millionen Kubikmeter. »Es besteht auch ein Kampf zwischen energetischer Verwertung (25 Prozent) und stofflicher Verwertung (75 Prozent) des Holzes.« Der HDH spreche sich dafür aus, Holz prinzipiell zunächst stofflich einzusetzen und erst später zu verbrennen. »Es gibt jedoch wirtschaftliche Gründe, beispielsweise Resthölzer energetisch zu nutzen. Eine Mitverbrennung in Kohlekraftwerken oder ein flächendeckender Umbau der kommunalen Wärmeversorgung wirkt sich unter Umständen bei der Verfügbarkeit und beim Preis von Nutzholz aus. Auch deshalb fordern wir effizientere und emissionsarme Heizungsanlagen, die weniger Holz verbrauchen«, sagte der Verbandspräsident.

In der deutschen Holzindustrie seien die Umsätze der Betriebe mit 50 und mehr Beschäftigten im vergangenen Jahr erneut deutlich zurückgegangen, und zwar gegenüber 2023 um 7,9 Prozent auf 37 Milliarden Euro. 44 Prozent davon entfielen auf die Möbelindustrie, die um 7,4 Prozent auf 16,4 Milliarden Euro geschrumpft sei. Die Sägeindustrie, der Fertigbau, die Herstellung von Fenstern und Türen sowie Parkett, die Holzwerkstoffindustrie sowie die Holzverpackungsindustrie seien weitere im HDH organisierte wichtige Teilbranchen. Insgesamt leidet die Holzindustrie Schwörer zufolge unter der Baukrise: »Wohnungen, die nicht gebaut werden, werden auch nicht eingerichtet.«

Paletten als Konjunkturindikator

Daher erwarte der Wirtschaftszweig, »dass die neue Bundesregierung die Förderbedingungen fürs Bauen vereinfacht und vor allem verstetigt«. Investitionen erforderten Stabilität: »Wir brauchen Konzepte, die über Jahre gelten. Im Bau muss man über längere Zeiten denken.« Im Sinne des gesellschaftlichen Friedens sollten zuständige Politiker dafür sorgen, dass die Wohnungsknappheit verringert werde, »damit Mieten in einem vernünftigen Maße gehalten werden können«.

Dafür benötigten Menschen, die regional in Mietwohnungsraum investierten, Anreize – »am besten durch steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten«. Da auch der Kampf um Baugrundstücke zugenommen habe, müsse man über Regional- und Flächennutzungspläne dafür sorgen, mehr Bauland auszuweisen. »Das sollte schneller gehen als eine Dekade«, forderte der HDH-Präsident. Entsprechend müsse man sich entscheiden, wie man mit Naturschutzbemühungen, etwa durch Nabu und BUND, umgehe.

Was die viel beklagte Bürokratie anbelangt, gibt Schwörer zu bedenken, dass Bürokratie auch Rechtssicherheit gebe. »Es ist nicht der richtige Weg, Energie- oder Schallschutz-Standards abzusenken. Man könnte indes manches Verfahren vereinfachen, sodass es ausreicht, einen Bogen statt fünf auszufüllen.«

Auf die Frage nach der Betroffenheit der Holzindustrie von den Zollplänen des US-Präsidenten Donald Trump, stellte Schwörer fest: »Für die Möbelhersteller wären Zölle nicht sehr angenehm, weil dadurch der Export in die USA fast unmöglich würde.« Indirekt träfe es auch die Hersteller von Paletten und Holzverpackungen, wenn die Ausfuhren nachließen: »Die Zahlen der Palettenindustrie sind ein guter Konjunkturindikator und ein Gradmesser für den Welthandel.« Bei Bauholz wüssten die USA, dass sie im Moment auf Lieferungen aus Europa angewiesen seien. »Es wird auch nicht funktionieren, ein Sägewerk in den USA aufzumachen, das europäisches Holz verarbeitet.«

Verband und Firmengruppe

Der Jurist Schwörer ist seit 2008 in der nunmehr sechsten (Ehren-)Amtszeit HDH-Präsident. Der Dachverband mit Sitz in Berlin und Niederlassung in Bad Honnef beschäftigt 15 Personen und vereinigt über 25 regionale Arbeitgeber- und Fachverbände, deren Mitgliedsbetriebe zusammen etwa 200.000 Beschäftigte haben. Wenngleich die Lage der Branche konjunkturell derzeit »durchwachsen« sei, seien etliche Teilbereiche innovativ und gut aufgestellt, so Schwörer. Die Sägewerke etwa hätten in den vergangenen Jahren viel investiert und ihre Wertschöpfungsketten beträchtlich erweitert – vom Holzeinschnitt beispielsweise hin zu Paletten, Pellets oder Dämmmaterialien.

Schwörer steht im Hauptberuf als geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensgruppe Schwörer mit 1.745 Beschäftigten, davon 1.467 am Hauptstandort Hohenstein-Oberstetten, vor. Ein Sägewerk, ein Holzveredelungsbetrieb und ein Biomassekraftwerk bilden in Oberstetten den Unternehmensbereich Holzindustrie mit 190 Beschäftigten, der mit 40 Millionen Euro zum Gesamtumsatz von 350 Millionen Euro in 2024 (wie 2023) beitrug. Der Unternehmensbereich fertigt Schnittholz, Brettschichtholz, Konstruktionsvollholz und Drei-Schicht-Platten, die zu etwa 40 Prozent Bestandteile von Schwörer-Fertighäuser werden und zu 60 Prozent an die Bau- und an die Möbelindustrie verkauft werden.

»Wir waren 2024 überwiegend damit beschäftigt, Altaufträge zu erledigen«, sagte der Firmenchef zum Geschäft mit dem Hauptprodukt der Gruppe, dem Fertighaus. Die Lieferzeit, die in Boomzeiten bei zwei Jahren und mehr gelegen habe, sei nun auf sieben Monate nach Vorliegen der Baugenehmigung verringert worden. Der aktuelle Auftragsbestand liege bei rund 800 Häusern, im jüngsten Boom lag er bei 2.000. Von 2018 bis 2021 hatte Schwörer jeweils mehr als 1.000 Ein- und Zweifamilienhäuser verkauft. Dann folgten schwächere Absatzjahre mit 530 und 278 Einheiten. Im vergangenen Jahr sei es mit 349 verkauften Häusern aufwärtsgegangen, so Schwörer. »Das ist aber noch zu wenig. In diesem Jahr könnten wir bei um die 500 oder drüber landen.« (GEA)