STUTTGART. Sinkender Absatz, düstere Prognosen und Stellenabbau: Die Krise hat nun auch Porsche erreicht. Hinzu kommen interne Querelen die zu diesem kritischen Zeitpunkt auch noch für Sand im Getriebe sorgen. Seit Wochen kommen aus der Zentrale in Stuttgart-Zuffenhausen vor allem schlechte Nachrichten. Dabei schien es lange so, als ob der Sportwagenhersteller sich den Nöten der Konkurrenz entziehen könnte. Die Rendite lag bei fast 20 Prozent und die Absatzzahlen stiegen und stiegen. Davon profitierte vor allem die angeschlagene Konzern-Mutter Volkswagen in Wolfsburg. Aber auch die rund 37.000 Mitarbeiter in Stuttgart, Weissach und Leipzig haben zuletzt eine Sonderzahlung von 9.690 Euro aufs Konto bekommen.
Jetzt steht man in Zuffenhausen auf der Bremse, wie schon lange nicht mehr. Die Stuttgarter spüren vor allem den Nachfrageinbruch in China. Auf dem wichtigsten Einzelmarkt ist der Absatz im vergangenen Jahr um 28 Prozent eingebrochen. In China hat Porsche jedes fünfte der insgesamt 310.000 Sportwagen verkauft. Vor vier Jahren waren es dort noch fast 96.000 Flitzer. Eine Erholung ist aktuell nicht in Sicht, zumal der Wettbewerb größer geworden ist. »In China sieht sich ein Verbrenner im Premiumbereich, der 70.000 bis 80.000 Euro kostet, in Konkurrenz zu Fahrzeugen im E-Segment, die für 30.000 Euro in den Markt gedrückt werden und auch viel zu bieten haben«, stellte Finanzchef Lutz Meschke bereits im vergangenen Herbst fest.
911er mit Verbrenner
Jetzt kommen zunehmend schlechte Nachrichten aus Nordamerika – der wichtigsten Region für Porsche. Mehr als ein Drittel aller Porsches wurden 2024 dort verkauft. Doch nun droht US-Präsident Donald Trump mit hohen Zöllen. Das trifft die Stuttgarter besonders, denn im Gegensatz zu Mercedes, BMW oder VW haben sie in den USA keine Produktion. So kann niemand sagen, ob die durchaus betuchte Kundschaft es hinnehmen wird, wenn die Stuttgarter die Zölle auf die Preise draufschlagen.
Einige Probleme sind aber auch interner Natur. So hat sich Porsche sehr früh auf Elektromobilität festgelegt. Nur noch der legendäre 911er sollte nach 2030 noch einen Verbrenner-Antrieb haben. Doch die Kunden kaufen nur zögerlich einen Taycan, der weit über 100.000 Euro kostet. Dabei hat sich schnell herumgesprochen, dass der Wertverlust, des E-Flitzers massiv ist. Inzwischen wird der Taycan nur noch während einer Schicht gebaut. Zuvor wurde rund um die Uhr gefertigt. Aber auch die anderen E-Modelle finden nur zäh Absatz. Derzeit ist gut jeder vierte neu ausgelieferte Porsche vollelektrisch.
Die Konzentration auf Stromer hat auch dazu geführt, dass die neue Generation des Volumenmodells Macan nur noch mit E-Antrieb entwickelt wurde. Jetzt muss schnell eine Benzin-Version nachgeschoben werden, denn es ist absehbar, dass die Kunden noch weit in die neue Dekade hinein lieber mit Sprit statt mit Strom fahren wollen. Porsche muss also heftig gegensteuern. Das Manöver wird allein in diesem Jahr rund 800 Millionen Euro kosten. Zudem muss Porsche auch bei der Batteriefertigung Geld nachschießen. So waren die Stuttgarter im vergangenen Jahr gezwungen den wichtigen Lieferanten Varta vor der Pleite zu retten.
Die strategische Ausrichtung und die mäßige wirtschaftliche Entwicklung bei Porsche hat in der Führungsetage zu massiven Verwerfungen geführt. Die sind so eklatant, dass vor wenigen Wochen ganz offiziell Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche die Aufgabe übernommen hat, mit Finanzchef Meschke und Vertriebsvorstand Detlev von Platen über deren Abgang zu verhandeln. Normalerweise werden Entlassungen still hinter verschlossenen Türen eingefädelt. Meschke – so munkelt man im Umfeld – habe wohl selbst Ambitionen auf den Chefsessel von Oliver Blume gehabt, der in Personalunion auch noch den schlingernden VW-Konzern führt. Offiziell schweigt das Unternehmen zu dem Rauswurf.
Blume hat den Machtkampf für sich entschieden – vorerst zumindest. Denn die Finanzmärkte sehen die Doppelrolle des 56-Jährigen durchaus kritisch. Die Analysten blicken dabei sorgenvoll auf die Entwicklung der Aktie, die derzeit unter 60 Euro herumkrebst. Vor einem Jahr lag der Kurs noch über 90 Euro. Porsche versucht die Investoren mit der Zusage zu beruhigen, dass die Dividende stabil bei 2,31 Euro je Aktie halten will. Die Story als widerstandsfähige, hochprofitable Luxusmarke bekomme Risse, meint Michael Punzet, Analyst von der DZ Bank. »Das Unternehmen sollte sich wieder auf seine Wurzeln besinnen und sich mehr an Ferrari als an Mercedes orientieren«, fordert das Analysehaus Jefferies.
Erfolgsprämie wird gekürzt
Bis der Umbau gelingt, muss man bei Porsche einen Gang zurückschalten. Der Umsatz soll in diesem Jahr 39 bis 40 Milliarden Euro zwar wieder erreichen. Die Umsatzrendite wird allerdings in einem Korridor zwischen zehn und zwölf Prozent erwartet. Für 2024 hat Porsche noch 14 Prozent in Aussicht gestellt. Das sind immer noch Dimensionen, von denen die meisten in der Autoindustrie nur träumen können. Beobachter rechnen damit, dass Porsche sich künftig an der Produktion von 250.000 Autos ausrichten wird. Entsprechend wird auch das Personal angepasst. So wurden bereits 1.500 befristete Verträge nicht mehr verlängert. Weitere 500 sollen in diesem Jahr folgen. Doch auch die Zahl der Stammbelegschaft wird um 1.900 Beschäftigte fallen.
Betroffen sind die 23.600 Mitarbeiter im Stammwerk in Stuttgart-Zuffenhausen und im etwa 30 Kilometer entfernten Entwicklungszentrum Weissach. Insgesamt sollen 15 Prozent der Stellen wegfallen. Am Standort Leipzig ist offenbar vorerst nichts geplant. Kündigungen sind nicht geplant, denn eine Beschäftigungsgarantie gilt bis 2030. Bei Porsche setzt man auf freiwillige Abgänge, etwa über Altersteilzeit. Personalvorstand Andreas Haffner schätzt, dass etwa 800 Mitarbeiter dieses Angebot nutzen werden. Zudem will man »attraktive Abfindungen« anbieten. Aber auch die anderen Beschäftigten bekommen den neuen Kurs zu spüren. Das tarifliche Wahlrecht zwischen mehr Freizeit oder ein Zusatzgeld entfällt. Jetzt müssen alle verpflichtend bis zu acht freie Tage im Jahr nehmen. Auch die Erfolgsprämie werde deutlich niedriger ausfallen, so Haffner. (GEA)