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Gründerinnen aus Pliezhausen wollen Windel-Revolution

Zwei junge Frauen aus Pliezhausen forschen drei Jahre lang, gründen ein eigenes Unternehmen und wollen den Windelmarkt mit Stoffwindeln ökologisch aufmischen.

Manuela Miller-Feigl (links) und Franziska Nowak stehen hinter dem Unternehmen Memi Textiles und sie wollen den Windelmarkt aufm
Manuela Miller-Feigl (links) und Franziska Nowak stehen hinter dem Unternehmen Memi Textiles und sie wollen den Windelmarkt aufmischen. Foto: Norbert Leister
Manuela Miller-Feigl (links) und Franziska Nowak stehen hinter dem Unternehmen Memi Textiles und sie wollen den Windelmarkt aufmischen.
Foto: Norbert Leister

PLIEZHAUSEN-RÜBGARTEN. Bislang packen sie die Pakete für ihre Kundschaft im Keller und auf dem Dachboden in Rübgarten. Wie lange das noch ausreicht? Vermutlich nicht mehr allzu lang, denn: Franziska Nowak und Manuela Miller-Feigl wollen nichts weniger als den Windelmarkt aufmischen, ihn revolutionieren. »Wir wollen die erste Wahl bei Windeln werden«, sagt Miller-Feigl selbstbewusst.

Auf ihrem Weg zu diesem Ziel sind sie schon ganz schön weit gekommen – die Stoffwindel namens »Kniti«, die sie gemeinsam in einem aufwendigen, drei Jahre währenden Prozess entwickelt haben, vertreiben sie seit März dieses Jahres über einen Online-Shop und bald auch bei Princess in Metzingen. Ihr Slogan lautet »Weniger Müll, mehr Zukunft«. Von Anfang an hatten sie sich überlegt, dass sie die Vorteile einer Wegwerfwindel übernehmen, die Nachteile von Unmengen an Müll jedoch vermeiden wollten. Während ihrer Recherche trafen sie auf zahlreiche Stoffwindeln – doch keine entsprach ihren Ansprüchen.

»Zehn Prozent des gesamten Restmülls bestehen nur aus Windeln« - Franziska Nowak

Also haben sich Miller-Feigl und Nowak mit ihrer Firma Memi Textiles GmbH auf den Weg gemacht, selbst eine Stoffwindel zu entwickeln. Auf die Idee kam Nowak, als sie ihr erstes Kind bekommen hatte. »Zehn Prozent des gesamten Restmülls bestehen nur aus Windeln«, sagt sie beim Pressegespräch. Außerdem sei viel Chemie in den Wegwerfwindeln.

Nowak und Miller-Feigl hatten sich bei einer Schneiderlehre kennengelernt, Nowak studierte danach Management und Unternehmensberatung, Miller-Feigl an der Reutlinger Hochschule Textiltechnologie. Anschließend ging sie zu einem Automobilzulieferer und hat dort in der Entwicklung und im Vertrieb gearbeitet.

Nun also Windeln. Zusammen mit ihrer Freundin entwickelte sie einen ganz neuen Zugang zu einer Stoffwindel. Sie haben Garne und Fasern gesucht, mit denen sie den saugfähigen Effekt von Wegwerfwindeln erzielen konnten. Unzählige Versuche haben sie hinter sich gebracht, bis sie die passende Materialmischung für die Einlagen ihrer Kniti-Windel fanden. Und sie haben eine neue Art des Nähens gefunden, die es bisher nur in der Autoindustrie gab.

Viele Firmen haben sie mit Materialien unterstützt, aber auch die Reutlinger Hochschule und das Deutsche Institut für Textile Faserforschung in Denkendorf. Entstanden ist nun eine Einlage aus Viskose, Baumwolle und Polyester, die bis zu 200 Milliliter aufsaugen kann. Mit einem zusätzlichen Inlett kann der Stuhlgang gesondert entfernt werden. Die Außenhülle ist atmungsaktiv – anders als bei Wegwerfwindeln. Und Kniti sei deutlich hautfreundlicher.

»Im Vergleich zu ökologischen Stoffwindeln sind wir sogar bis zu 70 Prozent günstiger« - Franziska Nowak

Alles sei waschbar, die Einlagen genauso wie die Außenhülle. Bei einer Windelphase von drei Jahren werde mit Kniti rund eine Tonne Müll eingespart. Aber auch im Geldbeutel mache sich das bemerkbar: Mit Knitis würden während der gesamten Windelphase rund 40 Prozent Kosten eingespart. »Im Vergleich zu ökologischen Stoffwindeln sind wir sogar bis zu 70 Prozent günstiger«, so Nowak.

Zwei Patente hatten die jungen Frauen für ihre Windel angemeldet. Vier Mitarbeiterinnen haben sie mittlerweile eingestellt. Der Weg sei allerdings holprig gewesen, »es war eine Achterbahnfahrt«. Doch die habe sich gelohnt. Allerdings sei eines klar: Ohne die Unterstützung des Gründungsstipendiums vom Bund (rund 30.000 Euro) und vor allem die Förderung über BW Pre-Seed vom Land mit insgesamt 240.000 Euro wäre dieser Weg nicht möglich gewesen.

»Außerdem haben wir Investoren gesucht«, sagte Miller-Feigl. Acht haben sie gefunden, die auch Mitgesellschafter wurden. Der Internet-Shop sei gut angelaufen und die jungen Unternehmerinnen bemühen sich sehr um den Kontakt zu Hebammen und auch zu Stoffwindelberaterinnen. Das sei allerdings mühsam. »Das heißt vor allem anrufen, vorbeischauen, erklären.«

»Wir wollen die erste Wahl für Windeln werden« - Manuela Miller-Feigl

Bei ihrer ersten Babymesse im April in Stuttgart seien sie auf phänomenales Interesse gestoßen. Produziert wird zum Teil in Gniebel, quasi nebenan bei der Strickerei Nonnenmacher. Die Garne kommen von Otto Garne, der Außenstoff werde in Portugal gefertigt, die Membrane in Frankreich, die Außenhülle in der Slowakei. Verpackt und verschickt wird von Rübgarten aus. Nicht immer einfach sei der Aufwand, den die beiden Frauen betreiben, weil sie ja nicht »nur« Unternehmerinnen, sondern auch noch Mütter sind.

Dabei hat das Team von Memi Textiles große Ziele: »Wir wollen die erste Wahl für Windeln werden.« Sehr bedauerlich finden sie im Übrigen, dass es im Kreis Reutlingen keine Stoffwindelgutscheine gibt, wie in den Kreisen Esslingen oder Ludwigsburg. Dort erhalten Eltern beim Kauf von Stoffwindeln bis zu 100 Euro Unterstützung von den Kommunen. »Weil es darum geht, Müll zu vermeiden«, betonen Manuela Miller-Feigl und Franziska Nowak. (GEA)