REUTLINGEN. In einem Monat, am 20. November, einem Mittwoch, entscheidet sich auf der Achalm, wer für die nächsten fünf Jahre als Präsidentin oder Präsident an der Spitze der Handwerkskammer Reutlingen stehen wird. Bei der konstituierenden Sitzung der neuen Vollversammlung – bestehend aus 26 Arbeitgeber- und 13 Arbeitnehmervertretern – wird die Nachfolge des Reutlinger Fliesenlegermeisters Harald Herrmann geregelt. Herrmann hat im März sein 65. Lebensjahr vollendet und kann daher gemäß Kammersatzung altersbedingt nicht für eine dritte Amtszeit gewählt werden. Nach GEA-Recherchen gibt es bislang eine Kandidatin und zwei Kandidaten, die um die Stimmen im Parlament des Handwerks werben: Kristin Maier-Müller, 58, aus Reutlingen, Thomas Reusch, 50, aus Metzingen-Neuhausen und Alexander Wälde, 53, aus Freudenstadt-Grüntal. Weitere Vorschläge aus dem Kreis der Vollversammlung sind indes selbst am Wahltag noch möglich.
Kristin Maier-Müller ist geschäftsführende Gesellschafterin der G. Maier Elektrotechnik GmbH in Reutlingen. Die Diplom-Ingenieurin und Diplom-Kauffrau arbeitet seit 1998 für das seit 1934 bestehende Unternehmen (30 Beschäftigte) mit den Geschäftsbereichen Antriebstechnik und Elektrowärme und führt es seit 2003 in dritter Generation. Sie ist verheiratet und hat eine Tochter. Einer politischen Partei gehört sie nicht an.
Maier-Müller ist derzeit als einzige Person Mitglied der Vollversammlungen der Industrie- und Handelskammer (IHK) Reutlingen (seit 2015) und der Handwerkskammer Reutlingen (seit diesem Jahr). Seit 2020 ist sie stellvertretende Vorsitzende des IHK-Gremiums Reutlingen und Vorsitzende des IHK-Berufsbildungsausschusses. Bereits seit 2016 wirkt sie – als erste Frau überhaupt – als Vorstandsmitglied der Elektroinnung Reutlingen. Zudem engagiert sie sich auch ehrenamtlich als Mitglied im Kirchengemeinderat der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Reutlingen (Dienstbereich Ressourcen, seit 2021). Auf die Frage des GEA, warum sie Präsidentin der Handwerkskammer werden wolle, sagte sie: »Kleine Unternehmen sind das wirtschaftliche Rückgrat in unserer Gesellschaft. Es braucht eine Strategie, dass unsere Interessen von der Politik berücksichtigt werden – gerade in Umbruchsituationen wie derzeit. In dem Amt kann man vieles gestalten.«
Thomas Reusch steht seit dem Jahr 2003 in vierter Generation der Einzelfirma Reusch Raumausstattung in Metzingen-Neuhausen vor. Sein Urgroßvater hat den Betrieb mit aktuell fünf Beschäftigten und mit Privat- und Mittelstandskunden überwiegend im Ermstal Ende des 19. Jahrhunderts gegründet. Raumausstattermeister Reusch, parteilos, ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder.
Seit über zehn Jahren führt er als Obermeister die Raumausstatterinnung: zunächst die des Kreises Reutlingen, seit vergangenem Jahr die (fusionierte) Raumausstatterinnung Reutlingen-Tübingen. Seit 2022 ist er zudem stellvertretender Reutlinger Kreishandwerksmeister. In der Südbund Einkaufsverband für Heimtextilien eG (Backnang/Rems-Murr-Kreis), die für 590 Raumausstatter und andere Handwerksbetriebe unterwegs ist, wirkt er als Aufsichtsrat. Er sehe sich als »Mann der Basis im Handwerk«, sagte er dieser Zeitung. Seine Entscheidung zur Kandidatur sei »im Zuge der Diskussionen in der Kreishandwerkerschaft« gereift. Es gehe ihm darum, »im Sinne des Handwerks etwas zu bewegen und zu verbessern«. Gerne setze er sich dafür ein, »dass die Handwerkskammer auch in Zukunft ihren Beitrag dazu leistet, dass durch optimale betriebliche Ausbildung leistungsbereite Mitarbeiter ihre Freude an einem Handwerksberuf für sich entdecken und bewahren«.
Alexander Wälde ist im Hauptberuf selbstständiger Friseurmeister in Freudenstadt. Im Jahr 2001 hat er den Friseursalon übernommen, den seine Eltern 1959 in Freudenstadt-Kniebis gegründet hatten. Hair & Beauty Luell by Friseur Wälde hat vier Beschäftigte. Wälde ist verheiratet und Vater dreier Kinder. Er ist Mitglied der CDU.
Seit 1996 gehört Wälde der Prüfungskommission bei Friseurprüfungen an – erst als Gesellen-Beisitzer, später als Meister-Beisitzer. In der Friseurinnung Freudenstadt war er von 2000 bis 2006 im Vorstand, von 2006 bis 2021 stand er ihr als Obermeister vor. Seit 2008 macht er im Vorstand der Kreishandwerkerschaft Freudenstadt mit, seit 2011 ist er deren Kreishandwerksmeister. In der Handwerkskammer Reutlingen kann Wälde auf zehn Jahre Erfahrung in der Vollversammlung und im Vorstand verweisen. Seit 2019 ist er Vizepräsident der Kammer. Seine Bewerbung um das Präsidentenamt sehe er als logische Folge dieser Ehrenamtsstationen an, sagte er dem GEA: »Ich fühle mich in meiner Kandidatur bestärkt durch Rückmeldungen vieler Handwerkskollegen.« Gerne wolle er das Handwerk repräsentieren und dabei mitarbeiten, es in der Außenwirkung zu modernisieren.
Wahl am 20. November
Die Handwerkskammer Reutlingen hat 13.800 Mitgliedsbetriebe, die zusammen 80.000 Menschen beschäftigen. Mit ihren 100 Mitarbeitenden ist sie für die Landkreise Freudenstadt, Reutlingen, Sigmaringen, Tübingen und Zollernalb zuständig. Die Kreishandwerkerschaften in Sigmaringen, Tübingen und Albstadt teilten dem GEA auf Nachfragen mit, sie wüssten von keiner Bewerbung eines ihrer Vollversammlungsmitglieder für den Präsidentenposten in Reutlingen. Wie außerdem zu erfahren war, werden sich die Bewerberin und die beiden Bewerber bei nicht öffentlichen Treffen den Vollversammlungsmitgliedern vorstellen.
Bei der geheimen Präsidentenwahl in der öffentlichen Sitzung am 20. November in Reutlingen ist im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit der anwesenden Vollversammlungsmitglieder notwendig. Gegebenenfalls gibt es eine zweite, engere Wahl zwischen den beiden Kandidaten, die im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhielten. Es werden auch zwei Vizepräsidenten sowie sechs weitere Vorstandsmitglieder gewählt. (GEA)