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Damit das Traumhaus kein Alptraum wird: Tipps von Finanzexperten

Bauen wird teurer. Doch das Risiko bleibt kalkulierbar. Solange Bauherren einige Finanztipps beherzigen. Einer davon: besser klein einsteigen.

In den eigenen vier Wänden ist es am schönsten. Vorausgesetzt, man will sich langfristig festlegen.
In den eigenen vier Wänden ist es am schönsten. Vorausgesetzt, man will sich langfristig festlegen. Foto: DEUTSCHE VERMÖGENSBERATUNG
In den eigenen vier Wänden ist es am schönsten. Vorausgesetzt, man will sich langfristig festlegen.
Foto: DEUTSCHE VERMÖGENSBERATUNG

REUTLINGEN. Material wird teurer, Zinsen steigen und das Risiko wächst: Gerade ist nicht die beste Zeit zum Bauen. Wer sich trotzdem auf das Abenteuer einlässt, sollte einige Tipps beherzigen, damit das Traumhaus nicht zum Alptraum wird. Ist ein Eigenheim das Richtige für mich? Wie viel Kredit kann ich mir leisten? Und welche Förderung gibt es vom Staat? Finanzexperten erklären im GEA, wie sich eine solide Immobilienfinanzierung auf die Beine stellen lässt.

Ist ein Eigenheim das Richtige für mich?

Für den Hausbau spricht aus Sicht von Dennis Goldbach von der Kreissparkasse Reutlingen die Schaffung von Eigentum. Der Wohnbesitz sichere Unabhängigkeit, betont der Leiter der Regionaldirektion Reutlingen: »Kein Vermieter kann die Miete erhöhen oder Eigenbedarf anmelden.« Außerdem würden Einfamilienhäuser seltener vermietet. »Wer eins will, muss eins kaufen.«

Kritischer bewertet Hansjörg Hagenlocher den Erwerb von Wohneigentum. Der Finanzexperte von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gibt zu bedenken, dass Hausbesitzer sich meist für Jahrzehnte räumlich und finanziell festlegen. Die langfristige Abbezahlung hoher Schulden sei nicht jedermanns Sache. »Das ist eine Frage der Psyche«, erklärt Hagenlocher.

Und wenn etwas dazwischenkommt – Scheidung, Arbeitslosigkeit oder Krankheit – gerät die Planung ins Schwanken. Beim Verkauf einer nicht abbezahlten Immobilie sind teils deutliche Geldeinbußen hinzunehmen: »Wenn Sie einen Kredit vor Ende der Zinsbindung zurückzahlen, kann eine hohe Vorfälligkeitsentschädigung seitens der Bank anstehen«, warnt die Verbraucherzentrale.

Ist eine Immobilie eine gute Geldanlage?

»Eine Immobilie ist keine sichere Geldanlage«, schreibt die Verbraucherzentrale. »In Einzelfällen gab es hohe Wertsteigerungen, im Durchschnitt allerdings liegen die Wertänderungen nicht nennenswert über der allgemeinen Preissteigerungsrate.« Darum warnt Finanzexperte Hagenlocher: »Ein rascher Hausverkauf nach wenigen Jahren lohnt sich nicht.«

Auch Steffen Muhsal, Leiter der Wohnbauberatung bei der Volksbank Ermstal-Alb rät zurzeit ab von der Immobilie als reiner Kapitalanlage. »Der Kaufpreis von Immobilien ist derzeit überhöht«, stellt er fest. Seine Kalkulation: Wenn in einigen Jahren die ersten niedrigen Festzinssätze auslaufen und die Anschlusszinsen höher ausfallen, können womöglich einige Bauherren die Kreditrate nicht mehr bedienen und sind zum Verkauf gezwungen. Dann überschwemmen billige Häuser den Markt und drücken die Preise. Wer dann verkauft, macht Verluste.

Anders verhält es sich laut KSK-Experte Goldbach mit der Vermietung von Wohnungen. »Auf dem Sparkonto bekomme ich keine oder negative Zinsen«, vergleicht er. »Für die Wohnung erhalte ich einen positiven Mietzins.« In den letzten Jahren seien die Mieten konstant gestiegen. »Rückwirkend betrachtet war das ein Topgeschäft«, bilanziert Goldbach und rät: Die Miete sollte hoch genug sein, um den Baukredit sowie Rücklagen für Instandhaltung und Modernisierung zu finanzieren. Sein Fazit: »Anfangs muss man Eigenkapital zuschießen, aber dann läuft es von selbst.«

Wie viel kostet ein Haus insgesamt?

Mit dem Hauskauf allein ist es nicht getan. Stattdessen kommen Erwerbsnebenkosten hinzu. Dazu gehören die Grunderwerbssteuer sowie Gebühren für Notar (Kaufvertrag und Grundbucheintrag) und gegebenenfalls Makler. Die Zusatzkosten schätzen Experten auf 10 bis 12 Prozent des Kaufpreises.

Bei Neubauten können Zusatzaufwendungen anfallen, wenn etwa der Untergrund Überraschungen bereithält oder wenn statt der Standardleistungen in der Baubeschreibung Sonderwünsche gegen Aufpreis erfüllt werden sollen. Hier rät die Verbraucherzentrale, einen Puffer einzuplanen.

Wie zuverlässig ist die Kostenplanung?

Bei Fertighäusern ist der Preis klar. Bei klassischer Bauweise dagegen weiß im Moment keiner genau, was auf ihn zukommt. Denn infolge von Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg werden Baumaterialien teurer und Kreditzinsen steigen. Darum empfiehlt Muhsal Mehrkosten in Höhe von 10 bis 20 Prozent einzuplanen. Ebenso wie bei potenziellen Zusatzaufwendungen sollte auch dieser Puffer bei der Kreditaufnahme einkalkuliert werden. »Denn die Nachfinanzierung ist meist teurer als die ursprüngliche Finanzierung«, erklärt Muhsal. Wer das Geld dann nicht braucht, kann es als Sondertilgung zurückführen. Und Kollege Goldbach ergänzt: »Lieber erstmal die Basis bauen und schmückendes Beiwerk eventuell später ergänzen.«

Wie viel Eigenkapital muss ich mitbringen?

Weder die Kreissparkasse Reutlingen noch die Volksbank Ermstal-Alb setzen Eigenkapital zwingend voraus. Erstere wünscht sich jedoch, dass zumindest die Kaufnebenkosten aus Eigenmitteln bestritten werden. Auch die Verbraucherzentrale warnt: Wer kein oder wenig Eigenkapital einsetzt, bezahlt höhere Zinsen, braucht länger zur Entschuldung und trägt das Risiko, dass bei vorzeitigem Verkauf Schulden bleiben.

Darum empfehlen die meisten Banken ihren Kunden, mindestens 20 Prozent der Gesamtkosten aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Sonst stünden sie die langen Rückzahlungsfristen womöglich nicht durch, warnt Muhsal. Sein Credo: »Die Bezahlbarkeit der Finanzierung über die gesamte Laufzeit hat höchste Priorität.«

SO GEHT ES WEITER

Am Freitag kommt die nächste Folge der Familienserie. Darin geht es um Segen und Fluch der Nachbarschaft.

Wie hoch darf die monatliche Belastung sein?

»Der Kunde muss die Kreditrate dauerhaft zahlen können«, sagt auch Hagenlocher. Darum raten viele Banken, dass die Kreditrate 40 Prozent des Nettoeinkommens nicht übersteigen sollte. Die übrigen 60 Prozent werden für die Lebenshaltung gebraucht.

Die Volksbank Ermstal-Alb lässt eine höhere Kreditrate zu. Ihre Kunden müssen nur ein Drittel ihres Nettolohns für Lebenshaltungskosten reservieren, monatlich aber mindestens 1 200 Euro pro Person und 1 600 Euro pro Paar.

Bis wann soll das Haus abbezahlt sein?

Die meisten Bauherren wollen bis zur Rente schuldenfrei sein. »Die Lücke zwischen Rente und Arbeitseinkommen fängt man in der Regel auf, wenn die Kreditrate wegfällt«, sagt Goldbach. Das ist aber nicht Pflicht. »Ein Objekt muss nicht schuldenfrei übergeben werden«, merkt Muhsal an. Wird ein belastetes Haus vererbt, tilgen die Nachkommen die Schulden. Wird es verkauft, begleicht der Verkäufer die Schulden mit dem Erlös.

Sowohl die Kreissparkasse Reutlingen als auch die Volksbank Ermstal-Alb schließen Kreditverträge für eine Laufzeit von maximal 35 Jahren ab. Ein Höchstalter der Kunden sieht keine der beiden Banken vor.

Welches Haus kann ich mir leisten?

Wenn jemand die Kreditrate kennt, die er dauerhaft tragen kann, und zugleich festgelegt hat, wann er schuldenfrei sein will, kann er bei einem gegebenen Zinsniveau die Darlehenssumme ausrechnen. Sie ergibt zusammen mit dem verfügbaren Eigenkapital den höchstmöglichen Preis für das Haus. Hilfreiche Rechner gibt es im Internet.

Welche Finanzierung ist am besten?

Die Verbraucherzentrale empfiehlt ein Annuitätendarlehen. Eine Annuität von 6 Prozent bietet die Volksbank Ermstal-Alb an. Darin stecken 2 Prozent Tilgung, 3 Prozent Zinsen und 1 Prozent Puffer. Der Zinssatz wird für mindestens zehn und höchstens 30 Jahre festgeschrieben. Die Kreissparkasse Reutlingen macht ein ähnliches Angebot: Anfangs beträgt die Tilgungsrate wenigstens 2,5 bis 3 Prozent. Der Festzinssatz für zehn Jahre beläuft sich auf über 3 Prozent, für zwanzig Jahre auf knapp 4 Prozent.

Generell gilt: Je länger die Zinsbindung, desto höher der Zinssatz. Eine langfristige Bindung ist sinnvoll, wenn man mit langer Tilgungsdauer, steigenden Zinsen und hohem eigenen Sicherheitsbedürfnis rechnet.

Darlehen lassen sich mit Bausparverträgen, Lebensversicherungen oder Investmentfonds kombinieren. Dabei wird das Darlehen nicht getilgt, stattdessen bezahlt der Kunde nur Zinsen. Damit bleibt die Restschuld in voller Höhe bestehen. In den Bausparvertrag etwa fließen eine größere Einmalzahlung und anschließend monatliche Sparraten. Wenn das erforderliche Guthaben (meist 40 Prozent der Bausparsumme) eingezahlt ist, darf das Bauspardarlehen beantragt werden. Es löst das tilgungsfreie Darlehen ab.

Neben klassischen Hausbankdarlehen empfehlen die Banken Guthaben-Ansparmodelle als Beimischung zur langfristigen Absicherung gegen steigende Zinsen. Die Verbraucherzentrale warnt dagegen vor Kombinationen. Oft seien sie teuer, unflexibel und teils sogar riskant.

Welche Förderung gibt es vom Staat?

Sowohl die Kreissparkasse Reutlingen als auch die Volksbank Ermstal-Alb prüfen jeden Hauswunsch auf staatliche Förderfähigkeit. Die Klassiker sind das Wohneigentumsprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau und das Programm »Wohnen mit Kind« der L-Bank. Außerdem seien energetische Sanierung, reduzierter CO2-Ausstoß und Nachhaltigkeit meist förderfähig. Voraussetzung: Der Hausbau wird nicht in Eigenleistung erbracht. Und die inhaltlichen Vorgaben des Förderprogramms werden befolgt.

Wie komme ich raus aus dem Kreditvertrag?

Vor Ablauf der Zinsbindung laut Verbraucherzentrale gar nicht. Mit zwei Ausnahmen. Erstens: Die Zinsbindung währt länger als zehn Jahre. Dann kann man nach zehn Jahren kündigen mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ab Vollauszahlung.

Zweitens: Der Zinssatz ist für weniger als zehn Jahre festgeschrieben, oder die zehn Jahre sind noch nicht verstrichen. Dann kann der Kunde seinen Kreditvertrag nur kündigen, wenn er das Haus verkauft. Mit dem Erlös muss er die Restschulden tilgen und der Bank ein Vorfälligkeitsentgeld zahlen. (GEA)