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Burkhardt + Weber in Reutlingen »sehr gut ausgelastet«

Nach der Krise: Der Reutlinger Werkzeug-Maschinenbauer ist derzeit sehr gut ausgelastet. Geschäftsführer Wolfgang Bergmann erwartet für 2025 nach schwierigen Jahren Rückkehr in die Gewinnzone.

Geschäftsführer Wolfgang Bergmann (links) und Vertriebs- und Marketingleiter Michael Wiedmaier vor einem Bearbeitungszentrum von
Geschäftsführer Wolfgang Bergmann (links) und Vertriebs- und Marketingleiter Michael Wiedmaier vor einem Bearbeitungszentrum von Burkhardt + Weber. Foto: Pieth
Geschäftsführer Wolfgang Bergmann (links) und Vertriebs- und Marketingleiter Michael Wiedmaier vor einem Bearbeitungszentrum von Burkhardt + Weber.
Foto: Pieth

REUTLINGEN. Der traditionsreiche Reutlinger Werkzeug-Maschinenbauer Burkhardt + Weber ist entgegen der gesamtwirtschaftlich schwierigen Lage derzeit sehr gut ausgelastet. »Für 2025 und 2026 sind wir ausverkauft«, berichtet Geschäftsführer Wolfgang Bergmann im Gespräch mit dem GEA. Das Unternehmen mit 220 Beschäftigten habe aktuell acht offene Stellen, fügt er hinzu. Vertriebs- und Marketingleiter Michael Wiedmaier freut sich über die gute Auftragslage, stellt jedoch auch fest: »18 Monate Lieferzeit sind für den Eingang weiterer Bestellungen zu lang.«

Bergmann zufolge wird die Burkhardt + Weber Fertigungssysteme GmbH im laufenden Jahr voraussichtlich einen Umsatz von über 45 Millionen Euro erreichen – nach 40 Millionen Euro im Jahr 2024. Damit dürfte auch die Rückkehr in die Gewinnzone gelingen, stellt er fest.

Kundenindividuelle Bearbeitungszentren

Nach den veröffentlichten Jahresabschlüssen hat das Reutlinger Unternehmen letztmals für das Jahr 2020 bei einem Umsatz von 42,3 Millionen Euro schwarze Zahlen (0,5 Millionen Euro) ausgewiesen. Danach hat sich die Ertragslage infolge schrumpfender Umsätze verschlechtert. Der Tiefpunkt war das Jahr 2022 mit einem Umsatz von 35 Millionen Euro und einem Verlust von über 2 Millionen Euro.

Diplom-Kaufmann Bergmann, 58, seit April 2023 alleiniger Geschäftsführer von Burkhardt + Weber, betont die klare Strategie des seit 1888 bestehenden Unternehmens, als weltweit tätiger Nischenanbieter für kundenindividuelle große Bearbeitungszentren mit bis zu 800 Werkzeugen aufzutreten. »Wir sind nie groß in der Öffentlichkeit, aber an der Entstehung von Produkten, die jeder aus dem täglichen Leben kennt, in vielen Branchen beteiligt«, erklärt er.

So fertigten Kunden mit Burkhardt + Weber-Maschinen beispielsweise Teile von Triebwerken der Ariane-Rakete oder von Notstromaggregaten in großen Rechenzentren. Auch für die Produktion von Motorblöcken und Traktorachsen, Bergbohrmaschinen, Asphaltfräsen, Mobilkränen und vieles mehr würden die Anlagen aus Reutlingen benötigt. Auf der Referenzliste stehen renommierte Firmen wie Rolls-Royce, Volvo, Liebherr, Caterpillar und ABB. Fast alle Branchenkollegen des deutschen Werkzeugmaschinenbaus setzten die hoch genauen Bearbeitungszentren von Burkhardt + Weber ein, ergänzt der Vertriebschef nicht ganz ohne Stolz

Dauergenauigkeit und Langlebigkeit

»Das Werkstück des Kunden steht im Mittelpunkt. Wir sind Lösungsanbieter für konkrete Probleme«, erläutert Wiedmaier. Der 48 Jahre alte Industriekaufmann und Maschinenbautechniker arbeitet seit 32 Jahren für Burkhardt + Weber. Es gehe immer um Genauigkeit, ja Dauergenauigkeit, und Langlebigkeit der Maschinen bei der Bearbeitung von Stahl, Titan und Aluminium. »Bis wir gemeinsam mit dem Kunden die für ihn optimale Prozesstechnologie und das entsprechende Maschinenkonzept definiert haben, können Monate oder sogar Jahre vergehen. Techniker reden mit Technikern vor Ort. Da geht es um Investitionen für 20 bis 30 Jahre«, schildert Bergmann eine Alltagsherausforderung in dem Betrieb.

Im Projektgeschäft, das gewöhnlich 70 bis 80 Prozent des Umsatzes von Burkhardt + Weber ausmache, so der Geschäftsführer, verwirkliche das Unternehmen jährlich zwischen 20 und 25 Aufträge. Sie bewegten sich – über Anzahlungen, Fortschritts- und Schlusszahlungen – letztlich alle im siebenstelligen Umsatzbereich. Wichtig für die Firma sei als zweites Standbein das Servicegeschäft mit Lieferung von Ersatzteilen für sowie Wartungen und Generalüberholungen von vor Jahren ausgelieferten Maschinen.

40 Prozent des Umsatzes mache das Unternehmen in Deutschland, 20 Prozent in anderen Ländern der Europäischen Union, 25 Prozent in Asien und in den USA sowie 15 Prozent im Rest der Welt. Wiedmaier sagt dazu: »Unsere Mitarbeiter müssen in der ganzen Welt unterwegs sein. Wir müssen nah an unseren Kunden sein. Wir brauchen Mitarbeiter, die hier verwurzelt sind, aber auch mal drei bis sechs Wochen bei Kunden in den USA, Finnland oder China sein können.«

Hohe Wertschöpfung

Von den 220 Beschäftigten arbeiten laut Bergmann und Wiedmaier 205 in Reutlingen, darunter 15 Auszubildende. Zwölf Personen sind in China und drei in den USA für Burkhardt + Weber tätig, jeweils in Vertrieb und Service. Aufgeteilt nach Funktionen seien 100 Menschen der Produktion zugeordnet und jeweils 60 der Entwicklung beziehungsweise Vertrieb/Kundendienst/Verwaltung. Die beiden GEA-Gesprächspartner weisen auf den Eigenfertigungsanteil von 65 Prozent hin: Die Wertschöpfung am Standort Reutlingen sei also recht hoch.

Burkhardt + Weber gehört seit dem Jahr 2012 zum größten brasilianischen Werkzeugmaschinenhersteller, der seit 1930 bestehenden und seit 1972 börsennotierten Romi SA. Romi ist Bergmann zufolge zu 50 Prozent in Streubesitz. Etwa 40 Prozent der Aktien seien in den Händen von 40 Personen der Gründerfamilien Romi und Chiti. Zehn Prozent gehörten einer Stiftung der Familie Romi, die unter anderem eine Schule unterhalte und sich kulturell und sozial engagiere.

Die Familienmitglieder seien nicht mehr im Management tätig, dominierten aber den Aufsichtsrat von Romi. Die Muttergesellschaft befasse sich mit dem Volumengeschäft von Standard-Drehfräsmaschinen und betreibe auch Gießereien. Bergmann zieht einen Vergleich von Automobilindustrie und Maschinenbau: »Romi baut den VW Golf, wir den Ferrari.« Romi beschäftige weltweit 1.500 Personen und habe 2024 einen Umsatz von rund 200 Millionen Euro erzielt. (GEA)