MÜNCHEN. BMW hat im dritten Quartal überraschend mehr Gewinn gemacht als vor einem Jahr. Vorstandschef Oliver Zipse sieht den Autokonzern auf Kurs zu seinen Jahreszielen, betonte aber die wachsende Unsicherheit angesichts steigender Coronazahlen: »Neue Lockdowns können unsere Geschäftsentwicklung im vierten Quartal sowie den Start 2021 stark beeinträchtigen«, warnte er.
BMW verkaufte im Quartal 8,6 Prozent mehr Autos (675 592) als vor einem Jahr. Dies sei das absatzstärkste Quartal der Unternehmensgeschichte gewesen, sagte Zipse. Die Marke BMW legte sogar um fast 10 Prozent auf 585 239 Fahrzeuge zu.
BMW steigerte seinen Nettogewinn um 17 Prozent auf 1,82 Milliarden Euro. Die Analysten hatten weniger erwartet. Die enorm hohe Nachfrage in China, die Nachholeffekte in Europa nach der Corona-Zwangspause bis zum Sommer sowie die Kaufprämien für Elektroautos seien die wesentlichen Treiber gewesen, sagte Finanzvorstand Nicolas Peter. Das machte den Einbruch in den USA mehr als wett. Nach neun Monaten verbuchte BMW im Automobilgeschäft einen operativen Gewinn (Ebit) von 152 Millionen Euro. Das entspricht einem Minus von 94 Prozent. Die Marge sank von 4,1 auf 0,3 Prozent. Am Jahresziel von 0 bis 3 Prozent Ebit-Marge im Automobilgeschäft hält der Vorstand fest.
Strenge Kostendisziplin
Der Konzern sparte und spart intensiv. In allen Bereichen gelte strikte Kostendisziplin, sagte Peter. Im Jahresverlauf wurden die Investitionen um 28 Prozent gekürzt und 1 800 Stellen abgebaut. Bis zum Jahresende soll die Mitarbeiterzahl »leicht unter dem Niveau des Vorjahres« (133 778) liegen.
Der Quartalsumsatz sank um 1,4 Prozent auf 26,3 Milliarden Euro – hier fehlen allerdings die Zahlen des Joint-Venture-Werks in China – diese fließen nur in den Absatz ein. In der Volksrepublik steigerte BMW seine Verkäufe um 31 Prozent. Das Werk in Shenyang habe 430 Millionen Euro zum Finanzergebnis beigetragen, sagte Peter.
Allerdings sei die Corona-Pandemie noch lange nicht überwunden und bleibe das größte Risiko für die Weltwirtschaft, sagte Zipse. Zwar bekräftigte er die Jahresprognose: Absatz und Vorsteuergewinn deutlich unter Vorjahr. Aber die Entwicklung sei »äußerst volatil«.
Peter warnte, beim Verkauf seien »die Nachholeffekte des dritten Quartals unter den gegebenen Umständen im weiteren Jahresverlauf nicht mehr zu erwarten. Die sich verschärfende Situation kann in den kommenden Monaten erhebliche Auswirkungen auf die Geschäftsentwicklung haben.« Probleme bei den Lieferketten erwartet der Vorstand nicht, da die Industrie in allen Ländern arbeite.
Zumindest bisher scheint BMW die Pandemie vergleichsweise gut bewältigt zu haben. Der weltweite Marktanteil seines Unternehmens sei in der Krise auf 3,2 Prozent gewachsen, sagte Zipse. In neun Monaten des Jahres ist der Konzernabsatz um 12,5 Prozent gesunken, der Gewinn um 40 Prozent auf 2,18 Milliarden Euro eingebrochen. Die Konkurrenten VW und Daimler mussten sogar Gewinnrückgänge von 85 Prozent hinnehmen – wozu allerdings auch deren Lkw-Sparten und andere Probleme beigetragen hatten.
Neue Fahrzeugarchitektur
Auch das profitable Kredit- und Leasinggeschäft leidet stark unter der Krise. Wegen steigender Risiken erhöhte BMW die Vorsorge um eine dreistellige Millionensumme. Der Vorsteuergewinn der Finanzdienstsparte fiel im laufenden Jahr um 42 Prozent auf 1,04 Milliarden Euro.
Die Zahlungsfähigkeit ist für BMW kein Problem: Die Liquidität lag laut Peter Ende September bei 21,8 Milliarden Euro. Bis Jahresende wolle er sie wieder auf Vorkrisenniveau senken – auf etwa 17 Milliarden Euro. Für den Free Cashflow peilt Peter 1,5 Milliarden Euro an. Das wäre gut eine Milliarde weniger als Ende 2019.
Für die kommenden Jahre zeigte sich Zipse sehr optimistisch. BMW stärke den Standort Deutschland und werde ab 2022 in allen vier Autowerken – München, Dingolfing, Regensburg und Leipzig – vollelektrische Autos bauen. Das sichere die Auslastung und Beschäftigung. Nach dem i4 und dem SUV iNext folgten ein vollelektrischer 5er, X1 und 7er. 2022 gehe das Pilotwerk zur seriennahen Batteriezellfertigung in Betrieb.
Im neuen Werk in Ungarn werde Mitte des Jahrzehnts die neue, vor allem auf digital hoch vernetzte Elektroautos ausgerichtete Fahrzeugarchitektur anlaufen. BMW verzichtet aber im Gegensatz zu VW auf die kostspielige Entwicklung einer eigenen rein elektrischen Technikplattform für seine Autos und baut bisher sowohl Batterieautos als auch Plug-in-Hybride auf denselben Montagelinien wie Verbrenner. Die Forschungs- und Entwicklungsausgaben hat BMW auch in der Krise kaum reduziert. (GEA/dpa)