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Aktuell Metallverarbeitung

Baumann tritt aus Tarifverband aus

IG Metall wirft Unternehmen vor, Gewinn auf dem Rücken der Beschäftigten steigern zu wollen

IG Metall
Das Logo der IG Metall. Foto: Daniel Karmann
Das Logo der IG Metall.
Foto: Daniel Karmann

LICHTENSTEIN. Die Baumann GmbH mit 200 Beschäftigten in Lichtenstein-Unterhausen tritt aus dem Tarifverband Südwestmetall aus und in den nicht-tarifgebundenen Unternehmensverband Südwest ein. Dies teilte die IG Metall Reutlingen-Tübingen mit. Gewerkschafter Kai Lamparter wirft dem Unternehmen Tarifflucht vor: »Die Gewinne sollen auf dem Rücken der Beschäftigten gesteigert werden.« Jan Vetter, Geschäftsführer der Bezirksgruppe Reutlingen des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, bestätigte dem GEA auf Nachfrage »den fristgemäßen Austritt« von Baumann. Er sagte: »Es gibt nachvollziehbare Gründe für diesen Schritt des Unternehmens.« Über entsprechende betriebliche Besonderheiten wolle er aber öffentlich nicht sprechen.

Baumann habe von der IG Metall und dem Betriebsrat eine Abweichung vom laufenden Tarifvertrag gefordert, um ein Ebit-Ziel von fünf Prozent zu erreichen, teilte Lamparter, neuer Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Reutlingen-Tübingen mit. Ebit steht für Ergebnis vor Zinsen und Steuern. Das Ebit-Ziel meint das Verhältnis von Ebit zum Umsatz. Lamparter zufolge sollen nach Auffassung des Managements einige tarifliche Einmalzahlungen nur noch bei Erreichen des Ebit-Ziels zur Auszahlung kommen. Einem Facharbeiter mit Eckentgelt (3.521,50 Euro) könnten so rund 2.300 Euro im Jahr gegenüber bisher fehlen. Von der IG Metall geforderte Gegenleistungen des Unternehmens, wie die Erweiterung des Produktionsportfolios oder eine Standort- und Beschäftigungsgarantie, habe das Unternehmen abgelehnt.

Nach Sichtung der vom Unternehmen der IG Metall vorgelegten Bilanzen der vergangenen fünf Jahre befinde sich Baumann nicht in einer wirtschaftlichen Schieflage, die eine Abweichung vom Tarifvertrag rechtfertigen könnte, so Lamparter. Auch Ergänzungen des Tarifvertrags schieden ohne Gegenleistung des Unternehmens für die Gewerkschaft aus.

Der Verbandswechsel des Unternehmens – in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu einer Flächentarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie – treffe die besorgten Beschäftigten des Unternehmens besonders, da fortan neu verhandelte Tarifverträge keine Wirkung entfalten würden, schreibt Lamparter. Bis zum Wirksamwerden des Austritts, »dessen Datum uns bislang nicht mitgeteilt wurde«, gelte die Nachbindung der Tarifverträge. Danach wirkten die Tarifverträge auf dem Status quo nach, sofern sie keinen Ablauf hätten oder durch andere Abmachungen ersetzt würden. So entfalle künftig zum Beispiel der Anspruch auf Altersteilzeit.

Simon Croener, bislang Geschäftsführer der Baumann GmbH, hat das Unternehmen kürzlich auf eigenen Wunsch verlassen. Er sei abgeworben worden und arbeite nun in der Schweiz, sagte er dem GEA und verwies auf Marcus Häbe und Helmut Locher als Ansprechpartner, die bis zum Amtsantritt seines Nachfolgers mit der Geschäftsleitung in Lichtenstein betraut seien.

Beide Seiten verhandlungsbereit

Nach kurzem Telefonat mit Häbe und Locher erhielt der GEA vom kaufmännischen Leiter Häbe eine schriftliche Stellungnahme. »Wir können bestätigen, dass sich Baumann und die IG Metall derzeit in laufenden Vertragsverhandlungen befinden, deren Ausgang offen ist«, heißt es darin. Die Geschäftsleitung sei verhandlungsbereit. Für 12. Juli sei mit der IG Metall, dem Betriebsrat und Südwestmetall ein nächster Termin zur Verhandlung vereinbart. Mit Überraschung nehme man zur Kenntnis, dass sich die IG Metall dazu entschieden habe, »vertrauliche Verhandlungsinhalte in tendenziöser Art und Weise« den Medien zuzuspielen. Da die Verhandlungen andauerten, wolle das Unternehmen zu den Details der Vertragsverhandlungen und -inhalten keine Stellung beziehen.

Der Austritt aus Südwestmetall sei formell eingeleitet. Das Unternehmen sei aber nach wie vor verhandlungs- und dialogbereit. Das oberste Ziel sei der Erfolg des Unternehmens – »hiervon profitieren alle Anspruchsgruppen in gleicher Weise«. Es sei ein zentrales Anliegen der Geschäftsführung, eine verträgliche und nachhaltige Lösung in finanzieller Hinsicht für die Mitarbeiter am Standort Lichtenstein zu finden.

Ähnlich schrieb im Übrigen auch Lamperter, dass die IG Metall weiterhin bereit sei, für eine stabile Zukunft des Standortes Lichtenstein zu verhandeln. Er fügte indes hinzu: »Wir lassen uns aber nicht zum Nachteil unserer Kolleginnen und Kollegen erpressen.«

Baumann in Lichtenstein ist eine 100-prozentige Tochterfirma der Baumann Federn AG in Ermanswil (Schweiz). Der Betrieb stellt Stanz-, Stanzbiege- und Drahtbiegeteile sowie Sicherungsringe und Federn her. Das Gros der Produkte findet Abnehmer in der Fahrzeugherstellung. (rog)