VON FRANZ PFLUGER
REUTLINGEN. Ob er schon an die Zukunft denkt? Harald Christ, Mitglied im Kompetenzteam des SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier, kann auch die Leistungen der Großen Koalition würdigen. »Die Regierung hat das gesamte Bankensystem stabilisiert. Das geht auch den Mittelstand etwas an«, fügt er hinzu, wird er doch von Sebastian Weigle, SPD-Kandidat für den Bundestag im Wahlkreis Reutlingen, auch als ausgewiesener Experte des Mittelstandes vorgestellt.
Merkel und Steinmeier haben doch auch bei der Auflegung der Konjunkturpakete I und II gut zusammengearbeitet, lobt er. In dem Kontext preist er im Gespräch mit dem GEA auch die Abwrackprämie. Und - die Lösung der Frage, wo geht Opel hin, findet er gut, auch wenn niemand eine Garantie auf Dauer geben könne. »Vor allem im Vergleich mit einer möglichen Insolvenz ist das gut.«
Warum nimmt die SPD nicht zur Kenntnis, dass die Konsumenten und Unternehmen Steuererleichterungen gut finden? »Wer glaubt denn an solche populistische Wahlversprechen«, kontert er. »Ich bin dafür, den Bürgern reinen Wein einzuschenken.«
Das tut er gewiss mit seiner Relativierung des »Versprechens«, die SPD werde bis 2020 vier Millionen Arbeitsplätze schaffen. SPD, Verbände, Unternehmer hätten nur gesagt, dass dies möglich sei, wenn die Maßnahmen im Deutschlandplan umgesetzt werden. Ein Beispiel: In den letzten Jahren wurden allein in der Ökologie und bei den erneuerbaren Energien 280 000 Jobs geschaffen. Aus diesem Grund setzt Christ auf mehr Forschung und Entwicklung.
Dem Mittelstand einen allgemeinen Mindestlohn als Heilsbringer zu verkaufen ist auch keine leichte Aufgabe. Aber - Christ plädiert, wie es Steinmeier im Deutschlandplan tut, für einen solchen. Da kommt ihm das Kaufkraftargument »Stärkung der Binnennachfrage« mitten in der Exportkrise gerade recht.
Zu dem geplanten Gesetz der Regierung, bestimmte Funktionen, die Unternehmen in das Ausland verlagern, zu besteuern, nimmt Christ nur allgemein Stellung. Dem Entwurf im Finanzministerium mit dem Namen »Verwaltungsgrundsätze-Funktionsverlagerung«, kann er eine gewisse Sympathie entgegenbringen. »Wir müssen auch morgen diesen Staat finanzieren. Aber, wir fordern keine Käseglocke über Deutschland. Wir wissen, was wir der Globalisierung schuldig sind«.
Bei seinem anschließenden Gespräch mit Bürgern im Achalmrestaurant machte er die Kreditklemme zu einem Thema. Die Banken sollen erstens Kredite vergeben, zweitens die günstigen Konditionen weiterreichen und drittens die Gelder aus den KfW-Programmen durchreichen.
Das Deutschlandpapier verspricht viel. Auch eine Besserstellung der Frau in der Wirtschaft. Die Lohnlücke zu den Männern soll geschlossen werden. Nicht nur das: Bis 2014 möchte die SPD dafür sorgen, dass in den Aufsichtsgremien der Wirtschaft 40 Prozent Frauen vertreten sein sollen. Ist das nicht der Fall, muss Christ der GEA-Wirtschaftsredaktion eine extrem gute Flasche Rotwein überreichen. Einige Hürden dazu muss er aber noch nehmen: zum Beispiel an die Regierung kommen. (GEA)
