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Windpark in Engstingen: Ja oder nein?

In Engstingen bekamen Befürworter und Gegner eines Windparks Gelegenheit zur Debatte.

Windräder von Vestas
Windräder mit einer Höhe von bis zu 200 Metern drehen sich in einem Windpark. Foto: Jens Büttner
Windräder mit einer Höhe von bis zu 200 Metern drehen sich in einem Windpark.
Foto: Jens Büttner

ENGSTINGEN. Jetzt wird es schnell ernst, schon am 18. Januar wird der Engstinger Gemeinderat über die Verpachtung von Flächen für einen Windpark im Gemeindewald beraten. Es verspricht eine spannende Sitzung zu werden, falls die Meinungen im Rat die Stimmung bei der Bürgerinformation in der Freibühlhalle widerspiegeln werden.

Bei der Bürgerversammlung bekamen die betroffenen Parteien Gelegenheit, ihre Sicht der Dinge vorzustellen: der Projektierer Windkraft Schonach, gemeinsam die Naturschutzverbände Nabu und BUND, das Landratsamt Reutlingen und die windkraftkritische Initiative »Rettet die Alb«, Jakob Lenz vom Forum Energiedialog des Landes moderierte.

Der dann auch an Bürgermeister Mario Storz die Frage richtete, wo er das Ziel der Veranstaltung sehe: Die verschiedenen Meinungen anzuhören und gelten zu lassen und in einen breiten Austausch zu gehen, um dem Gemeinderat eine Entscheidungsgrundlage zu geben. Zuvor war bereits bei der interkommunalen Infoveranstaltung »Windenergie«, bei einer Exkursion zu einer Anlage von Windkraft Schonach und durch Flyer über das Projekt informiert worden.

Worum geht es? Windkraft Schonach will auf Engstinger Gemarkung angrenzend zum Gomadinger Windpark vier Windkraftanlagen errichten. Windkraft Schonach würde das Projekt bis zur Errichtung begleiten, erläuterte Ulrich Fischer, Neuprojektierer bei Windkraft Schonach. Wie letztlich die Eigentumsverhältnisse sein werden, ist noch offen. Fischer versprach aber: »Wir verpflichten uns zu einer Bürgerbeteiligung.« Gute Erfahrungen habe man mit Genossenschaften gemacht, an denen sich die Bürger mit einem geringem Kapitaleinsatz beteiligen können.

Mögliche Standorte zwischen Engstingen und Gomadingen.  QUELLE: ENERGIE-DIALOG
Mögliche Standorte zwischen Engstingen und Gomadingen. QUELLE: ENERGIE-DIALOG Foto: nicht angegeben
Mögliche Standorte zwischen Engstingen und Gomadingen. QUELLE: ENERGIE-DIALOG
Foto: nicht angegeben

Die Anlagen würden, so sie denn das Genehmigungsverfahren bestehen, auf Flächen der Gemeinde errichtet. Was jährliche Einnahmen im »hohen fünfstelligen Bereich« für die Gemeindekasse bedeuten würde. Aus der Pacht, aus Gewerbesteuern und aus den 0,2 Cent pro Kilowattstunde, die das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) den Kommunen als Abgabe zugesteht. Allein diese 0,2 Cent würde sich bei einer Windernte von 15 Millionen Kilowattstunden auf 30.000 Euro pro Anlage summieren. Wovon ein Teil davon den Nachbargemeinden im Zweikilometerradius um die Anlagen zugute kommt – andererseits würde Engstingen von den Gomadinger Windrädern profitieren.

»Wir verpflichten uns zu einer Bürgerbeteiligung«

So weit, so einträglich. Aber die in gelbe Westen gewandeten Aktivisten von »Rettet die Alb« wird das Finanzielle wohl nicht überzeugen. Wo denn die rote Linie für die Initiative liege, fragte Moderator Lenz Sabine Wälder, die als Engstingerin »Rettet die Alb« auf dem Podium vertrat. Sie wolle hier keine Windräder, lautete die klare Antwort. Die Initiative fürchtet die »Verspargelung« der Alb durch die zahlreichen geplanten Anlagen, nicht nur in Engstingen. Das Unterland würde sich freikaufen – warum kein Windrad auf der Achalm, fragte Wälder –, die Last der Politik trage der ländliche Raum.

Mit dem gesetzlich verankerten Ziel, 1,8 Prozent der Landesfläche für erneuerbare Energien zur Verfügung zu stellen, müsse man sich auseinandersetzen, machte Bürgermeister Storz klar. Das Land mache Druck, der Regionalverband Neckar-Alb greife ein und ziehe Kompetenzen an sich, ergänzte Planer Clemens Künster, dessen Büro Kommunen nicht nur bei der Planung von Energieanlagen berät. Das erzeuge bei den Kommunen einen gewissen Zeitdruck, wenn sie selbstbestimmt über Standorte entscheiden wollen.

Die angedachten Standorte hätten einige Vorteile. Die Abstände zu den Ortschaften betragen mindestens 1 250 Meter. Die Grenzwerte bei Schall und Schattenwurf könnten mit wenigen Abschaltungen eingehalten werden, meinte Fischer. Luca Bonifer, die Nabu und BUND vertrat, sah ebenfalls keine grundsätzlichen Probleme: »Rein vom Papier her ist es nicht so kritisch.« Näheres wird ein Artenschutzgutachten ergeben.

Moderiert von Jakob Lenz beantworteten die Vertreter der betroffenen Parteien Fragen aus dem Publikum.  FOTO: WURSTER
Moderiert von Jakob Lenz beantworteten die Vertreter der betroffenen Parteien Fragen aus dem Publikum. FOTO: WURSTER
Moderiert von Jakob Lenz beantworteten die Vertreter der betroffenen Parteien Fragen aus dem Publikum. FOTO: WURSTER

Die Naturschutzverbände prüfen die von den Projektierern beauftragten Gutachten. Deren Glaubwürdigkeit wurde von »Rettet die Alb« angezweifelt: »Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.« Bonifer machte deutlich, dass hier nichts einfach abgenickt werde: »Es gibt schlechte Gutachten, deshalb prüfen wir.«

Pro Windrad werden 0,7 Hektar Fläche benötigt, beim Bau kann zu einem großen Teil auf bestehenden Forstwegen gearbeitet werden, wo nötig, werden sie auf 4,5 Meter verbreitert. Die Eingriffe müssen an anderer Stelle ausgeglichen werden, Bonifer berichtete von guten Erfahrungen, etwa bei dem Ersatz eines artenarmen Nadelwalds durch abwechslungsreichere Strukturen. Auch Schall und Schatten würden durch Gutachten geprüft, in der Planung und durch Messungen, betonte Albrecht Gekeler vom Landratsamt. Beschwerden etwa wegen Lärm im laufenden Betrieb würden seine Kollegen nachgehen, wie bei Klagen über Gewerbegebiete oder Straßen auch. Ein Fragesteller hatte das vorher angezweifelt.

»Es gibt auch schlechte Gutachten, deshalb prüfen wir«

Ebenfalls ein Thema war die Wirtschaftlichkeit der Anlagen. Kann sich ein Windrad im windarmen Süden rechnen? Oder sollte man nicht besser warten, bis die Trassen aus dem Norden den Süden erreicht haben? Windkraft Schonach ist von der Rentabilität auf jeden Fall überzeugt, sonst würden die Schwarzwälder es ja nicht machen, sagte Projektierer Fischer, dazu müsse die Anlage auch nicht ständig Volllast laufen. Abschaltungen und Flauten seien einkalkuliert. Investoren und Banken bekämen das Gutachten über die Windhöffigkeit zu sehen – sonst allerdings niemand, was im Saal auf Kritik stieß. Eine Verschwörung? So ein Gutachten koste bis zu 150 000 Euro, antwortete Fischer, das gebe niemand einfach so aus der Hand. Über eine teilweise Veröffentlichung, vielleicht gegenüber dem Gemeinderat, könne man reden.

An dem liegt es jetzt, im Januar könnte die Entscheidung über die Verpachtung fallen, mit möglichst großer Mehrheit über den Rat hinaus in Engstingen. Aber: »Irgendwann muss man entscheiden«, sagte Gutachs Bürgermeister Siegfried Eckert den Engstinger Besuchern, dessen Gemeinde den Windpark der Windkraft Schonach auf der Prechtaler Schanze beherbergt. (GEA)