SONNENBÜHL. Sonnenbühl hat viele Vorzüge und kann damit das Biosphärengebiet Schwäbische Alb bereichern. Sonnenbühl hat auch viele Vorteile, um die Kriterien zu erfüllen: Einer davon ist, dass die Gemeinde am Albtrauf liegt und dort deswegen über schwer zu bewirtschaftende Waldgebiete verfügt. Es ist also leichter verschmerzbar, diese als Kernzonen, die »Urwälder von morgen«, auszuweisen. Bedeutet: Dort wird unter anderem kein Holz mehr geschlagen werden, die Natur bleibt sich selbst überlassen. Privatflächen sind davon nicht betroffen. Im Übrigen befinden sich auch nur kommunale Flächen in Pflegezonen.
Drei Kernzonen mit 117 Hektar Fläche wird Sonnenbühl ins Biosphärengebiet einbringen. Das sind 3,1 Prozent der 4.025 Hektar, die Sonnenbühl zum Reservat beisteuern will. Insgesamt aber ist die Gemeinde größer, 6.125 Hektar, aber einige Gebiete sind ausgenommen, etwa südöstlich von Erpfingen und der Hohfleck. So sind etwaige Kollisionen zwischen Biosphärengebietsauflagen und künftigem Windpark ausgeschlossen.
Die Kernzonen verlaufen entlang des Albtraufs von Willmandingen und Genkingen. Bevor die Wälder aber zur Kernzone werden, weist die Gemeinde sie als Bannwald aus. Das hat den Vorteil, dass nicht nur die Natur, sondern auch die Gemeinde davon profitiert. Denn dieses Vorgehen bringt ihr Ökopunkte im vorsichtig gerechneten Wert von 3,04 Millionen Euro ein. Diese könnten verwendet werden, wenn Ausgleichsmaßnahmen für Bauprojekte anstehen. Oder verkauft werden. Letzteres sei zwar nicht der ausschlaggebende Punkt, es gehe nicht darum, dass die Gemeinde Dollarzeichen in den Augen habe, sagt Bürgermeister Uwe Morgenstern. Aber zum Beispiel in Willmandingen wird ein neues Baugebiet geplant, und da sind Ökopunkte Gold wert.
Sonnenbühl hatte schon bei der Gründung des Biosphärengebiets großes Interesse daran, Mitgliedsgemeinde des Schutzgebiets zu werden. Allerdings fehlten damals Biosphärengebiets-Nachbarn, an die Sonnenbühl hätte andocken können. Darauf machte Manuel Hailfinger aufmerksam. Einzelne Inseln soll es nicht geben, das Biosphärengebiet soll eine geschlossene Fläche bilden. Eine Chance tat sich auf, als die Nachbargemeinden Pfullingen und Lichtenstein doch Teil des Reservats wurden, da war es aber schon zu spät für Sonnenbühl, sich noch zu bewerben. Nun wird die Bewerbung auf den Weg gebracht, der Lenkungskreis wird in diesem Oktober darüber entscheiden. Erst 2026 soll das Erweiterungsverfahren abgeschlossen sein, für 2027 wird dann mit der Anerkennung der Unesco gerechnet.
Kritik kommt von Heinz Hammermeister: Es sei nicht jeder begeistert davon, dass Sonnenbühl Teil des Biosphärengebiets werde. Vor allem nicht die, die Brennholz kaufen. Aber Förster Andreas Rein gibt Entwarnung: Einschränkungen würden spürbar sein, aber es stünde nicht zu befürchten, dass das Brennholz knapp werde. Weitere Bedenken, die Gemeinderäte sehen: In den Kernzonen werden Wege, die bisher nur der Holznutzung dienten, geschlossen werden. Es ist verboten, diese zu begehen, und auch querfeldein durch den Bannwald zu spazieren, wird nicht erlaubt sein. Schilder sollen darauf hinweisen. Ranger - derzeit sind es fünf, es werden aber mehr werden - streifen durchs Biosphärengebiet, verhängen aber weniger Sanktionen, als dass sie aufklären. Offizielle Wanderwege bleiben aber bestehen. Und so können sich Besucher des Biosphärengebiets in Sonnenbühl selbst ein Bild davon machen, wie sich die Natur ohne Zutun des Menschen entwickelt. Bestehende und dann geschlossene Wirtschaftswege müssen nicht aktiv zurückgebaut werden, der Gemeinde entstehen also keine Kosten für die Stilllegung.
Auch für Jäger wird sich einiges ändern. Es sind nur noch Drückjagden im Bannwald möglich, Hochsitze sind nur noch an der Grenze des Bannwalds erlaubt, Fütterung, Einzeljagd und so weiter verboten. Die Jäger wünschen sich, dass mit ihnen weiter gesprochen wird, etwa über eine Anpassung der Jagdpacht. In den Kernzonen gilt die Allgemeinverfügung Jagd des Regierungspräsidiums, eine neue Bannwaldverordnung wird noch ausgearbeitet, die aber die Vorgaben aus der Allgemeinverfügung enthalten wird. Und natürlich - auch Gartenbesitzer müssen sich auf Einschränkungen einstellen beziehungsweise ihre Grünflächenpflege überdenken: weg von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln hin zu biologischer Schädlingsbekämpfung.
Natürlich ist der Beitritt neben der Ausweisung der drei geforderten Zonen nicht umsonst zu haben. Sonnenbühls »Clubbeitrag«, wie es Wolfgang Schmid süffisant nennt, wird 7.374 Euro pro Jahr betragen - vielleicht ein bisschen mehr. Aber die fließen in die 30 Prozent der Mittel, mit denen die Gemeinden das Biosphärengebiets-Personal mitfinanzieren. Ansonsten sind die Kommunen finanziell nicht belastet.

Ja, es gebe Bedenken, sagt Tobias Brammer von der Biosphärengebiets-Geschäftsstelle. Aber er zählt auch die vielen Vorteile auf, die Sonnenbühl durch den Beitritt haben wird. Im Übrigen sind es auch die Vorteile und positiven Erfahrungen, die die bisherigen Mitgliedsgemeinden schon verbuchen können. Etwa dass es viel mehr Fördermöglichkeiten gibt - für Projekte, aber auch für Unternehmen. Außerdem ist der Bereich Tourismus nicht zu unterschätzen. Im November werde ein ICE auf den Namen »Biosphärengebiet Schwäbische Alb« getauft, der den Namen des Reservats dann werbewirksam durch die ganze Republik fährt. Besucher des Biosphärengebiets lassen pro Jahr 16 Millionen Euro in der Region - davon profitieren Gemeinden, Gastronomen, Einzelhandel, Gewerbetreibende. Laut Umfragen würden 40 Prozent der Urlauber ihr Reiseziel innerhalb Deutschlands wählen, indem sie im Internet nach Biosphärenreservaten, Naturparken, Großschutzgebieten suchen. 15 Prozent kämen explizit während des Biosphärengebiets auf die Schwäbische Alb.
Es wird die letzte Chance für Sonnenbühl sein, Teil des Biosphärengebiets zu werden, sagt Uwe Morgenstern. Eine zweite Erweiterungsrunde wird es nicht mehr geben, die maximale Größe eines solchen Schutzgebiets ist begrenzt. Im März hatte der Gemeinderat bei einer Enthaltung dem Beitritt zum Biosphärengebiet zugestimmt. Nun hatte er über die Festlegung der Kern-, Pflege- und Kernzonen zu entscheiden und tat das wieder bei einer Enthaltung - von Wolfgang Schmid. (GEA)