TROCHTELFINGEN. Schon vor 25 Jahren hat Ewald Heinzelmann begonnen, das Obst aus dem eigenen Garten anzusetzen und ein leckeres Tröpfchen daraus zu bereiten. Wenn Marmeladenregale, Weckgläser und Tiefkühltruhe gefüllt sind, muss man eben etwas anderes aus den Früchten herstellen. Und 25 Gläser eingemachte Zwetschgen standen rum »und wurden nicht gegessen«, sagt der Manufakturchef aus Steinhilben. Eventuell nahmen die heimischen Fußballer noch ein wenig des haltbaren Obstes entgegen. »Die haben alles weggehauen«, aber die nächste Ernte stand ja schon wieder bevor. So kam Ewald Heinzelmann auf hochprozentigere Ideen für die Verwertung.
Johannisbeere, Himbeere, Holunderblüte, Zwetschge - das waren die ersten Früchte, die in den Korn und der Auszug daraus in Fläschchen kamen. Einige Exemplare der ersten Likör-Abfüllung hat Ewald Heinzelmann noch, genießbar immer noch, in der Farbe aber verändert und am Boden der Phiolen haben sich Schwebreste abgesetzt. »Das war erst ein Hobby«, sagt Ewald Heinzelmann. Eines mit Lerneffekten und -fortschritten. Früchte, in denen viel Saft enthalten sind, verwässern den Alkohol, und auch unerwünschte Geschmäcker des alkoholischen Rohstoffs sollten nicht im Endprodukt spürbar sein. Mittlerweile verwendet Ewald Heinzelmann reinen Alkohol mit 96 Volumenprozent. Das fertige Produkt, dem noch etwas Zucker beigefügt wird, wird hinterher auf 15 Prozent verdünnt, so will es die Vorschrift.
Einige Jahre war das Likör-Geschäft für Ewald Heinzelmann ein kleines Hobby, mit dem er Bekannte beglückte. Bis er seine Manufaktur in den umgebauten Räumen von Stall und Garage 2016 mit kleinem Shop und Probierstüble eingeweiht hat. »Alb-Gold ist ja auch aus einem Hühnerhof entstanden«, sagt Ewald Heinzelmann schmunzelnd, der 30 Jahre bei dem Trochtelfinger Nudelhersteller gearbeitet hat. Ob Seine Manufaktur auch eine solche Entwicklung nimmt, wie der Pasta-Produzent? Wohl kaum. Aber abschauen kann man sich ja ein wenig von einem Erfolgsrezept. Auf jeden Fall musste ein Name her. »Direkt, nah, regional sind Stichworte, die in aller Munde sind«, sagt Heinzelmann. Regionales steckt nicht nur im Produkt, regional muss auch das Label sein: So kam es zum Steinhilber Alblikör. So weiß jeder, wo das Schlückchen herkommt, das seine Kehle herunterrinnt.
Das große Geld verdienen - das ist nicht Ewald Heinzelmann, dafür müssten die Produkte palettenweise seine Manufaktur verlassen. So bleibt's bei einer »großen Liebhaberei«. Die allerdings bedarf einigen Aufwands, Ewald Heinzelmann ist mit seinen Produkten auf Märkten unterwegs, »das braucht viel Vorbereitung«. Und auch der Umbau der Räume und der Einbau einer Produktionsküche war nicht eben mal so im Handumdrehen erledigt, Auflagen sind zu erfüllen, ein Logo muss her, Etiketten gedruckt werden. Ganz zu schweigen von der Produktion und Abfüllung, die Ewald Heinzelmann im Ein-Mann-Betrieb stemmt. Dazu kommt noch das Sammeln der Grundzutaten. Während der Reifezeit der meisten Ingredienzen ist er draußen unterwegs, klappert Hecken und Büsche ab, weiß, wo er wann sein muss, um Obst zu ernten.
Gerade hat Ewald Heinzelmann Sellerie in Stücke geraspelt und in die hochprozentige Lösung gelegt. Sellerie als Likör? Ja, das geht und schmeckt sogar. So wie Heinzelmann viele andere Sorten im Sortiment hat. Nur die Versuche mit Möhre und Kürbis haben ihn persönlich nicht so überzeugt. Ansonsten findet der Likörliebhaber ziemlich viel Auswahl im Sortiment. Haselnuss und Kaffee, Schlehe und Zwetschge, Aroniabeere und Holunderblüte, Himbeere und deutsche Zirbe, Hagebutte und Johannisbeere, Kräuter und Wacholder, Tannenspitzen und Weinbergpfirsich.
Und die Produktpalette - etwa 150 einzelne Rezepturen sind vorhanden - wird größer. Fruchtaufstriche, Sirupe, Zwetschgenglühwein mit Stücken, Glühmost oder Tannengold, einen honigartiger Brotaufstrich, gibt's und Shrubs (Sirup mit einem Anteil Essig) zum Beispiel aus Quitte, Rhabarber, Holunderblüte, Granatapfel - der gedeiht allerdings nicht auf der Alb - oder Löwenzahn. Das schmeckt herrlich zu Salat, Käse, im Cocktail oder auch auf ein Eis getröpfelt. 75.000 Blüten hat Ewald Heinzelmann im vergangenen Jahr gesammelt, und wenn sie im Korb und in der Manufaktur gelandet sind, dann müssen sie direkt verarbeitet werden. Auch Flieder und Lavendel benutzt Ewald Heinzelmann. Und ein Experiment mit Chili gab's auch schon - für den Narrenverein, der's Tröpfchen beitrittswilligen Neunarren einflößte. Mutprobe für den einen, wer auf Scharfes steht, der liebt's, wenn's in der Kehle britzelt.
Wenn der Alkohol die Geschmacksstoffe aus den Früchten extrahiert hat, werden sie von der Flüssigkeit getrennt. Manchmal bleibt das Gemisch Monate bis ein Jahr oder sogar mehrere Jahre stehen. Etwa bei Haselnüssen. Zehn Kilo hatte Ewald Heinzelmann im Herbst gesammelt, von Hand geknackt und geraspelt. »Jetzt habe ich mir eine Nussknackmaschine gekauft«, sagt er. Sind alle festen Bestandteile entfernt, dauert es noch einmal, bis sich Trübstoffe abgesetzt haben, gefiltert wird der Alblikör nicht. Ewald Heinzelmann legt Wert darauf, dass er nur Naturzutaten verwendet, Konzentrate, künstliche Aromen oder Ähnliches kommt ihm nicht ins Fläschchen. Allein die Früchtchen der Alb sorgen für den Geschmack. »Ich kann gar nichts Schlechtes machen, weil ich dafür gar keine Zeit habe«, sagt er, rückt seinen Hut zurecht, der irgendwie sein Markenzeichen ist. »Es ist toll, wenn man etwas aus der Natur machen kann, die uns umgibt.« (GEA)