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Wie geht es mit den Konzerten in der Wimsener Mühle weiter?

Mitstreiter gesucht: Dietmar »Didi« Schrade, möchte im Orga-Team der Konzerte in der Wimsener Mühle deutlich kürzer treten. Jetzt sucht der Kultur-Förderverein neue Helfer.

Didi Schrade (links) hat mit der Hamburger Blues-Legende Abi Wallenstein die Setlist für den Gig in Wimsen erstellt - und dafür
Didi Schrade (links) hat mit der Hamburger Blues-Legende Abi Wallenstein die Setlist für den Gig in Wimsen erstellt - und dafür gesorgt, dass ein paar mehr Stones-Titel drauf standen als sonst. Foto: Privat
Didi Schrade (links) hat mit der Hamburger Blues-Legende Abi Wallenstein die Setlist für den Gig in Wimsen erstellt - und dafür gesorgt, dass ein paar mehr Stones-Titel drauf standen als sonst.
Foto: Privat

HAYINGEN-WIMSEN. Eigentlich wollte Dietmar »Didi« Schrade nur ein Beinahe-Heimspiel mit seiner Band geben und dann wieder gehen. Doch es kam anders. Nach Hause gekommen ist er nicht nur als Sänger der Gomadinger Band Hocus Pocus, die vor allem für ihre Stones-Covers bekannt war. Sondern auch als Programmchef der Wimsener Kulturmühle. Nach dem Auftritt in selbiger wurde der »Mick Jagger von der Alb« von Hubertus-Jörg Riedlinger praktisch aus dem Stand fürs Ehrenamt verpflichtet.

Das ist fast 20 Jahre her. Riedlinger war damals nicht nur Bürgermeister von Zwiefalten und ein alter Bekannter von Didi Schrade, sondern auch Vorsitzender des noch jungen Vereins, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die alte Mühle zu restaurieren und mit Leben zu füllen. Das denkmalgeschützte Gebäude sollte zur Kultur-Bühne werden. Schwerpunkt: nicht etwa Klassik, wie man vielleicht vermuten könnte, sondern leichtere, aber nicht anspruchslose Muse. Riedlinger und seinen Mitstreitern schwebten Bands und Kabarettisten vor, die zwar vielversprechend und aufstrebend, aber nicht allzu teuer sein sollten - eben so, dass sie ins Budget des neuen Vereins passten. Davon kannte Didi Schrade, selbst Teil der Szene, so einige.

»Tatort«-Kommissar und Kabarett-Größen

Er ließ seine Kontakte spielen, 17 Jahre lang trug das Wimsener Kulturprogramm, das vor allem das Publikum »50 plus« erreichen sollte, seine Handschrift. Jetzt, mit 71, möchte er etwas kürzertreten und einen Teil seiner Aufgaben in andere Hände legen. Rund 200 Konzerte und 30.000 Besucher zählt er zurückblickend. »Wir hatten nationale und internationale Top-Stars zu Gast.« Chris Jagger, der Bruder von Mick Jagger, und »Tatort«-Kommissar Miro Nemec mit seiner Band waren mehrfach da - Publikumslieblinge genauso wieder britische Boogie-, Blues- und Jazz-Pianist Ben Waters und sein deutscher Kollege Axel Zwingenberger. Auch großartige Frauen hatte Didi Schrade auf der Rechnung. Er verpflichtete beispielsweise Lydie Auvray, die französische »Grande Dame des Akkordeons«. Oder Ela Steinmetz, die es mit ihrer Band Elaiza beim Eurovision Songcontest 2014 unter 26 Teilnehmern auf Platz 18 schaffte.

Im Kabarettbereich fallen Namen wie Alfons, Django Asül, Maxi Schafroth, Lisa Fitz und Wolfgang Krebs. »Ich glaube, mehr geht nicht bei einer Kulturbühne dieser Größe«, sagt Didi Schrade, der in den allermeisten Fällen schon Tage vorher »ausverkauftes Haus« melden konnte. »Es wäre so schade, wenn dieses Angebot in der Region nicht mehr existieren würde«, betont er und hofft, dass sich bald Mitstreiter finden, die den Kulturbetrieb in Wimsen aufrecht erhalten und in die Zukunft führen. Seinen Job als ehrenamtlicher Konzertmanager hat er geliebt und genossen - aber nun sei es an der Zeit, ein wenig kürzerzutreten. Vorstellen kann er sich, weiterhin Vorschläge zu machen und die Kontakte zu den Bands einzufädeln und Künstlerverträge zu schließen, alles andere aber will er abgeben.

Ein toller Ort für Konzerte, hier mit der Frauenband »Die Gabys«: die Wimsener Mühle.
Ein toller Ort für Konzerte, hier mit der Frauenband »Die Gabys«: die Wimsener Mühle. Foto: Privat
Ein toller Ort für Konzerte, hier mit der Frauenband »Die Gabys«: die Wimsener Mühle.
Foto: Privat

Alles andere - das ist eine ganze Menge. Da wäre zunächst mal das perfekte Timing. Die Wimsener Mühle ist nicht nur Konzert-, sondern auch Hochzeitslocation - die Termine müssen nicht nur in den Kalender der Bands, sondern auch der Gastronomen-Familie Tress passen. »Deshalb habe ich schon immer im September angefangen, die nächste Saison zu planen«, berichtet Schrade. Die Künstler brauchen ein Hotel und am Konzerttag selbst einen Ansprechpartner vor Ort. All das Didi Schrade übernommen. Nebenbei hat er Stühle fürs Publikum aufgestellt und nach dem Konzert wieder aufgeräumt. Ein wichtiges Thema ist auch die Pressearbeit - ohne Werbung wird das beste Konzert nicht voll.

Wer sich vorstellen könnte, mitzuhelfen, darf sich per E-Mail (Anfrage@wimsen-kulturmuehle.de) melden und kann darauf bauen: Eine One-Man-Show sind die Konzerte natürlich nicht. Neben Didi Schrade, der nicht ganz verschwinden wird, sind da noch ein paar weitere Männer der ersten Stunde, die genauso mit anpacken wie Mitglieder der Schloss Ehrenfels Saint-André Stiftung, in deren Eigentum die Mühle ist. Hubertus-Jörg Riedlinger kümmert sich ums Sponsoring, Robert Riehle, der frühere Hayinger Bürgermeister, fungiert als Vorsitzender des Fördervereins, und Hans Braunger macht die Kasse. Johannes und Marie Ritter von der Ehrenfels Saint-André Stiftung vertreten die jüngere Generation und sind entsprechend digital unterwegs - sie betreuen die Homepage und den Online-Ticket-Shop.

Warum Chris Jagger schlecht geworden ist

An die Vergangenheit denkt Schrade gerne zurück, Anekdoten hat er so einige auf Lager. Wer kann schon von sich behaupten, Chris Jagger über die Alb kutschiert zu haben? Didi Schrade hat's getan und sich damit sogar noch einen Spitznamen erarbeitet: »the fast Driver«. Warum? Weil Jagger den Fahrstil offenbar nicht so gut vertragen hat: »Er hat zu mir gesagt: Wenn Du so weiterfährst, kotze ich Dir ins Auto«, erzählt Schrade lachend.

Viel Nerven gekostet hat das Erlebnis mit Ben Waters. Mittags um 13 Uhr des Auftrittstags rief der Pianist an, um mitzuteilen, er sei gerade in Luxemburg. Die Anreise verzögere sich etwas, weil er seinen Bus aus Versehen mit Benzin statt Diesel vollgetankt habe und das Auto nun in der Werkstatt stehe. Ein Plan B musste her. Didi Schrade griff zum Telefon und rief Joe Vox an - einen Künstler, bei dem eher auszuschließen war, dass es mit der Anreise nicht klappt, weil er in der Region zuhause ist. Das Telefonat ging in etwa so: »Was machst Du heute?« - »Mit dem Hund laufen.« - »Und später?« - »Nichts.« - »Doch. Du spielst in der Mühle.« Und Joe Vox spielte. Ab 20 Uhr hielt er das Publikum bei Laune, das auf Ben Waters wartete., »Um 22 Uhr ist ein Van mit quietschenden Reifen eingelaufen, ausgestiegen sind Ben Waters und seine Band. Total verschwitzt und in kurzen Hosen sind sie dann direkt auf die Bühne.« Es war ein Abend, der Didi Schrade viele Nerven gekostet hat - aber es war ein guter Abend. »Zwei Konzerte zum Preis von einem - alle waren begeistert«, schmunzelt er. (GEA)