ST.JOHANN. Der Bauhof der Gemeinde St. Johann in Würtingen steht schon länger auf der Agenda von Verwaltung und Gemeinderat. Die Gebäude sind alt, sanierungsbedürftig und entsprechen teilweise sowohl den funktionalen als auch arbeitsrechtlichen Anforderungen nicht mehr. Bereits im Mai 2023 führte Bauhofleiter Jochen Nau die Gemeinderäte über das Betriebsgelände und durch die Räume. Der Eindruck, den die Räte hatten, bestätigte nun Architekt Thomas Ott. Er sprach von einem »ordentlichen Sanierungsstau«, vor allem der Aufenthaltsbereich sei nicht mehr zeitgemäß. In der Sitzung am Mittwochabend legte er eine Bestandsaufnahme samt Machbarkeitsstudie zur räumlichen Weiterentwicklung vor.
Nicht nur die baulichen, sondern auch die topografischen Gegebenheiten werfen Fragen auf. Das Gelände ist relativ klein, außerdem weist es ein Gefälle auf. Schon jetzt tun sich Fahrer größerer Fuhrwerke - beispielsweise bei der Anlieferung von Streugut - schwer beim Rangieren. Ein 40-Tonner hätte da keine Chance. Wie zukunftsfähig ist eine Weiterentwicklung am aktuellen Standort vor diesem Hintergrund überhaupt? Gibt es Ausweichmöglichkeiten, kommt ein Neubau in Frage? Dieser Aspekt rückte im Zuge der Diskussion, die sich an die Präsentation des Architekten anschloss, zusehends in den Mittelpunkt.
Zwei alte Gebäude abreißen
Die aktuelle Lage: Der Bauhof besteht aus drei Gebäuden. Das älteste wurde 1960 erbaut, das Dach ist kaputt, »es regnet rein«, so Ott, der das Gebäude mit einer »alten Scheune« verglich. 1979 wurde angebaut, um Platz für einen Personalbereich zu schaffen. Die Fahrzeughalle stammt aus dem Jahr 1990. Sie ist das einzige Gebäude, das aus Sicht des Architekten überhaupt erhaltenswert ist. Von jedweder Investition in die beiden älteren Gebäude riet er dringend ab. Um überhaupt irgendwie klar zu kommen, steht zudem ein Container auf dem Gelände, dort hat der Bauhofleiter sein Büro.
Auf die Frage, wie man das Problem vor Ort, also auf dem zur Verfügung stehenden Platz, lösen könnte, hat Ott drei Antworten geliefert. Alle drei seien in enger Abstimmung mit dem Bauhof und mit Blick auf die Erfüllung der aktuellen Richtlinien für Arbeitsstätten entstanden, betonte er. Nach Geschlechtern getrennte Duschen und WCs sind beispielsweise heute ein Muss. Außerdem gilt: Büro und Personalbereich müssen mindestens auf 19 Grad beheizt werden können, alle anderen Gebäudeteile dürfen kühler sein, für Fahrzeughallen reicht eine Temperierung, die sicherstellt, dass nichts einfriert.
Alle drei Vorschlägen gemeinsam ist, dass die Gebäudeteile von 1960 und 1979 für die Zukunft keine Rolle mehr spielen. Ott schlug vor, sie durch einen Neubau zu ersetzen - als Anbau an die Fahrzeughalle von 1990, als Neubau an der Stelle, wo die beiden Altbauten abgerissen werden, oder - ebenfalls freistehend - rechts von der Einfahrt. Dieser Platz ist bisher frei. Je nach Anordnung der Gebäude wäre mehr oder weniger Platz für größere Fahrzeuge, die dort rangieren müssen. Die Waschplatte müsste je nach favorisierter Lösung verlegt werden. Ertüchtigt und auf den aktuellen Stand der Technik gebracht werden müsste sie ohnehin, so Ott. Ein paar Schüttboxen für Streugut und ähnliches könnten dann auch dort stehen. Im Neubau kämen dann Aufenthalts-, Sanitär- und Büroräume unter, außerdem würden Lagerkapazitäten für Material und Fahrzeuge geschaffen, die durch den Abbruch des alten Lagerschuppens aus dem Jahr 1960 verloren gingen.
Grobe Kostenschätzung: 1,87 Millionen Euro
Auch eine grobe Kostenschätzung konnte er schon vorlegen. Der Lager- und Garagenneubau würde rund 570.000 Euro kosten, der Trakt für Büro und Sozialräume 450.000 Euro. Ott rechnet mit einer Kubatur von 1.600 Kubikmetern, »das entspricht etwa zwei Einfamilienhäusern«. Weil Neubauten der PV-Anlagen-Pflicht unterliegen, entstehen hier weitere Kosten, auch eine überdachte Lagerfläche, Waschplatte und Entwässerung kosten Geld, sodass Ott auf eine Investitionssumme von etwa 1,3 Millionen Euro kommt. Obendrauf kommen noch Abbrucharbeiten (45.000 Euro) und verschiedene Ausstattungsgegenstände, sodass die Gemeinde unterm Strich mit Ausgaben in Höhe von 1,87 Millionen Euro zu rechnen hat.
Passieren muss was, darin sind sich Architekt, Verwaltung und Räte einig. Auch, weil ein attraktives Arbeitsumfeld bei der Personalsuche eine zentrale Rolle spielt. Derzeit arbeiten sieben Leute beim Bauhof, was die Zukunftspläne angeht, erläuterte Kämmerer Manuel Reiner, seien sie auf bis zu zehn Mitarbeiter ausgelegt.
Die Diskussion der Räte eröffnete Michael Heinz mit einem sehr weitrechenden Vorschlag: Der Bauhof könnte doch an einem anderen Ort - konkret nannte er das neue Gewerbegebiet Vordere Dienke in Lonsingen - komplett neu gebaut werden. Bürgermeister Florian Bauer war skeptisch, es gebe jetzt schon eine hohe Nachfrage nach den Gewerbegrundstücken, »wir sollten die als Kommune nicht unbedingt in Beschlag nehmen«. Ein kompletter Neubau, erklärte Thomas Ott auf Nachfrage von Albrecht Münch, sei in jedem Falle teurer als die drei vorgeschlagenen Varianten: »Das Gebäude aus den 1990er-Jahren gibt's ja, es kann noch gut genutzt werden.«
Revival für den Standort beim Feuerwehrhaus
Die zündende Idee, wie man das beste aus zwei Welten verbinden und das Problem der räumlichen Enge beheben könnte, hatte Enzian Schneider. Er schlug vor, zweigleisig zu fahren: Neubau für Personal und Büro auf neuem Gelände, Bestandsgebäude und Lager auf altem Gelände weiter nutzen, »und das alte Glump auf jeden Fall abreißen«. Die Frage, ob zwei Standorte überhaupt praktikabel sind, bejahte Bauhofleiter Jochen Nau. Schilder, Schranken oder Schotter an einem separaten Lagerplatz zu deponieren und abzuholen sei kein Problem - wenn die Entfernung nicht zu groß ist.
Und das wäre sie in der Variante, die sich in der Diskussion schnell als Favoritin herauskristallisierte, absolut nicht. Beim Feuerwehrhaus wäre noch Platz, schon 2008 war das Gelände Thema: Damals erwog man, ein »Haus der Rettungskräfte und Bauhof« an zentralem Standort zu errichten. Aus Kostengründen zog man damals die Notbremse und baute nur ein Feuerwehrhaus. Seit Mittwoch ist der Standort nun wieder im Rennen. Bei zwei Enthaltungen folgte das Gremium dem Vorschlag von Florian Bauer, auch eine Machbarkeitsstudie für diesen Bereich in Auftrag zu geben. Untersucht werden sollen beide Varianten: Neubau und kompletter Umzug des Bauhofs - oder die Zwei-Standorte-Lösung, Neubau kombiniert mit Weiternutzung des 90er-Jahre-Gebäudes. (GEA)