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Wie das Städtle ein lebendiges Quartier wird: Trochtelfinger können mitgestalten

Der Ort atmet Geschichte. Die Fachwerkhäuser in der Innenstadt legen Zeugnis von der Vergangenheit ab. Aber was nützt das historische Flair, wenn die Kernstadt verwaist ist? Die Altstadt soll ein Ort sein, in der sich alle Menschen, alle Generationen wohl fühlen. Das will und kann das Rathaus nicht allein bewirken, alle Trochtelfinger sind aufgerufen, die Zukunft der Kernstadt in einer Beteiligungswerkstatt mitzugestalten.

Blaue Stunde in Trochtelfingen: So hübsch aber viel lebendiger soll es in Zukunft im Städtle aussehen.
Blaue Stunde in Trochtelfingen: So hübsch aber viel lebendiger soll es in Zukunft im Städtle aussehen. Foto: Cordula Fischer
Blaue Stunde in Trochtelfingen: So hübsch aber viel lebendiger soll es in Zukunft im Städtle aussehen.
Foto: Cordula Fischer

TROCHTELFINGEN. Historisches Erbe ist ein Gut, aber für manchen Hausbesitzer auch eine Bürde. Und eine geschichtsträchtige Altstadt muss auch den Ansprüchen der Menschen der Gegenwart und Zukunft an einen attraktiven Lebensraum genügen. Sie ist Heimat derer, die dort leben. Trochtelfingen steht dabei vor großen Herausforderungen. Das hat auch der Gemeinderat erkannt, indem er als ein wichtiges Ziel festgelegt hat, dass ein Konzept für die Gebäude, die im Besitz der Kommune sind, her muss. Dabei ist es wichtig, nicht nur eines davon isoliert zu betrachten, sondern alle Liegenschaften mit in den Blick zu nehmen. »Wir haben konkreten Handlungsbedarf«, sagt Bürgermeisterin Katja Fischer.

An Markttagen wie zum Beispiel beim Martinimarkt brummt das Städtle. Die Innenstadt soll aber auch darüber hinaus ein lebendiger
An Markttagen wie zum Beispiel beim Martinimarkt brummt das Städtle. Die Innenstadt soll aber auch darüber hinaus ein lebendiger und attraktiver Ort für alle sein. Foto: Cordula Fischer
An Markttagen wie zum Beispiel beim Martinimarkt brummt das Städtle. Die Innenstadt soll aber auch darüber hinaus ein lebendiger und attraktiver Ort für alle sein.
Foto: Cordula Fischer

Da ist zuallererst das nach dem Auszug der Grundschule seit 2023 leerstehende Schloss. Die Grafen von Werdenberg gibt's schon lang nicht mehr, Erst- bis Viertklässler besuchen den Unterricht seit zwei Jahren in dem Schulhausneubau in der Hohenbergstraße. Der Herrschaftssitz aus dem 15. Jahrhundert, der seit weit mehr als 150 Jahren als Schulhaus genutzt, 1869 von der Stadt gekauft wurde, in dem Schule und Rathaus, Apotheke und Lehrerwohnung Platz fanden, ist sowohl Wahrzeichen fürs Städtle als auch ein Problem, ihm kommt eine Schlüsselfunktion zu. Geld ist für ein weiteres Millionenprojekt in Trochtelfingen nicht vorhanden, ein Umbau oder eine Sanierung aber wohl notwendig. Und das ist kein einfaches Unterfangen, steht doch die Altstadt seit dem Jahr 1980 als Gesamtanlage unter Denkmalschutz. Wie also soll das Schloss genutzt werden? Oder findet man einen Investor für das Bauwerk? »Wir wollen das Schloss zu einem Ort machen, mit dem sich die Bürger identifizieren können, der sich aber auch wirtschaftlich trägt«, sagt die Bürgermeisterin.

Das Schloss in Trochtelfingen steht nach dem Auszug der Grundschule leer. Die weitere Nutzung des Gebäudes und weitere Liegensch
Das Schloss in Trochtelfingen steht nach dem Auszug der Grundschule leer. Die weitere Nutzung des Gebäudes und weitere Liegenschaften stehen auf der Prioritätenliste der Stadt. Foto: Cordula Fischer
Das Schloss in Trochtelfingen steht nach dem Auszug der Grundschule leer. Die weitere Nutzung des Gebäudes und weitere Liegenschaften stehen auf der Prioritätenliste der Stadt.
Foto: Cordula Fischer

Was wird außerdem aus dem Rathaus, dem Gebäude am Rathausplatz 1, das seit fünf Jahren eingerüstet ist, dem Schlosskindergarten, dem Pulverturm und dem Hohen Turm? Was aus dem wenig romantischen Schlossgarten und dem Schlossplatz? Wo kann man der Jugend Raum bieten? Trochtelfingen, einst landwirtschaftlich geprägter Handwerker-, heute auch moderner Industriestandort: Die Wandlung der Stadt ist den Gegebenheiten der Geschichte unterworfen, auch Veränderungen im - wohlgemerkt denkmalgeschützten - Zentrum sind Folge. Und das bedingt ein weiteres Handlungsfeld: »Wir haben leerstehende Ladenlokale, Wohnungen in der Innenstadt, die schwer zu vermitteln sind«, umreißt Katja Fischer die Situation. Das eine ist, den aus den 80er-Jahren stammenden Bebauungsplan für die Kernstadt in die Revision zu schicken.

Die Zukunft der Trochtelfinger Altstadt soll in einer Beteiligungswerkstatt gestaltet werden.
Die Zukunft der Trochtelfinger Altstadt soll in einer Beteiligungswerkstatt gestaltet werden. Foto: Cordula Fischer
Die Zukunft der Trochtelfinger Altstadt soll in einer Beteiligungswerkstatt gestaltet werden.
Foto: Cordula Fischer

Und bereits begonnene Projekte wie der IHK-Innenstadtberater haben außerdem weitere Aufgabenbereiche ergeben, die für ein attraktives Quartier mit Aufenthaltsqualität wichtig sind. Viele Baustellen also. Am Ende soll auch eine bauliche Konzeption nebst einem umsetzbaren Energiekonzept stehen. »Jeder hat eine Vorstellung von der Altstadt, wie sie sein soll«, sagt Katja Fischer. Nun geht es darum, Ideen für die Entwicklung zu sammeln und Lösungen zu suchen. Das soll aber nicht ausschließlich innerhalb der Stadtverwaltung oder aus den Reihen des Gemeinderats entschieden werden. Das Städtle hat Potenzial, und dazu zählen natürlich auch die Menschen, die hier leben, arbeiten, Unternehmen führen, Menschen mit ihren Ideen, ihrer Kompetenz. Und dieser Schatz will genutzt werden.

Fördergeld vom Land

Der Gemeinderat hat mehrheitlich zugestimmt, dass Trochtelfingen einen Antrag auf die Förderung aus dem Programm Quartier 2030 beantragt. Das Förderprogramm »Quartiersimpulse. Beratung und Umsetzung von Quartiersprojekten vor Ort« ist Teil der Landesstrategie »Quartier 2030 – Gemeinsam. Gestalten.« des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg. Zuschlag für die Stadt: 68.412 Euro erhält Trochtelfingen, die in die Altstadtentwicklung fließen, als begleitende Agentur ist die DenkMalRegenerativ GmbH mit im Boot. Das Projekt heißt »Zusammen fürs Städtle - Unsere Altstadt lässt keinen (k)alt«.

Jede Menge Betrieb herrschte 1951 zur Gewerbeschau in Trochtelfingen. So lebendig geht's nicht jeden Tag im Städtle zu.
Jede Menge Betrieb herrschte 1951 zur Gewerbeschau in Trochtelfingen. So lebendig geht's nicht jeden Tag im Städtle zu. Foto: privat
Jede Menge Betrieb herrschte 1951 zur Gewerbeschau in Trochtelfingen. So lebendig geht's nicht jeden Tag im Städtle zu.
Foto: privat

Hübsch von außen, aber sonst tote Hose? Diese Zeiten sollen vorbei sein. Ziel ist es, die Altstadt rund ums Schloss zu einem »lebendigen Aufenthalts- und Begegnungsort« werden zu lassen. Nun kann man viel aus Projektbeschreibungen und Förderbestimmungen zitieren über ein Leben in gegenseitiger Verantwortung, Unterstützung und Mitbestimmung, über Begegnung, Teilhabe und das nachbarschaftliche Miteinander. Aber genau das muss mit Inhalten gefüllt werden. »Wir müssen überlegen: Was tut der Gesamtstadt gut? Was wir tun, muss der Allgemeinheit etwas bringen«, sagt Bernhard Schoser vom Werbekreis. »Wie wird die Stadt ein Raum für alle?«, schiebt Katja Fischer nach. »Es geht nicht um Einzelinteressen.« Sondern, so sieht es Christine Vöhringer, auch darum, ein »verloren gegangenes Gemeinschaftsgefühl« wieder zu entfachen. Die Trochtelfinger sollen für ihr Städtle brennen, sie sollen sich stark dafür machen. Da geht es um Zwischennutzung von leerstehenden Ladenlokalen, da geht es um ein barrierefreies Ärztehaus, da geht es um fußgängerfreundliche Wege in der Marktstraße, da geht es um den Erhalt und die Existenz der »Frequenzbringer«, die potenzielle Kunden in die Innenstadt ziehen. Da geht es aber auch um Tourismus, um Gastronomie, da geht es um Arbeits- und Ausbildungsplätze, Fortbestand von Firmen, ein attraktives Portfolio an Dienstleistungen und Handel.

Ein Stadtbummel in Trochtelfingen lohnt sich. Auch wandern und radfahren lässt es sich gut rund ums Städtle. Aber es gibt auch v
Ein Stadtbummel in Trochtelfingen lohnt sich. Auch wandern und radfahren lässt es sich gut rund ums Städtle. Aber es gibt auch viel Handlungsbedarf. Foto: Cordula Fischer
Ein Stadtbummel in Trochtelfingen lohnt sich. Auch wandern und radfahren lässt es sich gut rund ums Städtle. Aber es gibt auch viel Handlungsbedarf.
Foto: Cordula Fischer

Am »Trofi der Zukunft«-Konzept sollen so die Trochtelfinger mitarbeiten. Alle Trochtelfinger: Unternehmer, Händler und Gewerbetreibende, Hausbesitzer, jeder Bürger, ob jung oder alt. »Wir wollen die Kreativität der Masse nutzen«, sagt Fischer. »Und wenn wir motivierte Menschen finden, dann finden wir auch kreative Wege für die Umsetzung, auch wenn wir nicht viele Mittel haben.« Ein Lenkungskreis, in dem unter anderem auch zwei Schülerinnen der Werdenbergschule mitarbeiten - ihr Ziel dabei ist, die Jugend stärker einzubinden und Verantwortung für ihr direktes Umfeld zu übernehmen - hat Vorbereitungen getroffen. Die münden am Freitag und Samstag in eine erste Beteiligungswerkstatt. Dabei geht es am 14. März nach Impulsvorträgen von 17.30 bis 21 Uhr um die Sammlung von Ideen. Diese werden am Samstag, 15. März, von 9 bis 14.30 Uhr konkretisiert. Es geht darum »realisierbare Konzepte« zu erarbeiten, nach Prioritäten abgestuft (siehe Box).

Beteiligungswerkstatt »Zusammen fürs Städtle«

Einfach hingehen und Visionen für Trochtelfingen erarbeiten

Die Bürger- oder Beteiligungswerkstatt ist am Freitag, 14., und Samstag, 15. März. Am Freitag geht es von 17.30 bis 21 Uhr in der Werdenberghalle um erste Visionen und Ideen, die in verschiedenen Themenrunden gesammelt werden sollen. Am Samstag geht es von 9 bis 14.30 Uhr weiter mit der Konkretisierung der Ideen: In Arbeitsgruppen werden Maßnahmen entwickelt und priorisiert. Ziel ist es, realisierbare Konzepte für die Altstadt zu erarbeiten. Der Prozess ist offen: Es gibt keine fertigen Lösungen, sondern es geht um eine gemeinsame Gestaltung mit der Stadtgesellschaft. Teilnehmen können alle Bürger, Vereine, Unternehmen und Interessierte. Sie können sich einbringen mit einer konkreten Idee, durch Diskussion oder einfach als Zuhörer. Eine Anmeldung per E-Mail an altstadtentwicklung@stadt-trochtelfingen.de erleichtert die Planung. Eine spontane Teilnahme ist jedoch ebenfalls möglich. Wiederkehrende Workshops, Arbeitsgruppen und Weiterentwicklung der Potenzialanalyse, weitere Beteiligungswerkstätten sind geplant. Weitere Informationen werden im Internet under www.trochtelfingen.de/de/Aktiv-Engagiert/Zusammen-fuers-Staedtle veröffentlicht. (cofi)

Was dabei entwickelt wird, soll nicht in Schubladen landen. »Wir versuchen, Dinge zu Ende zu bringen«, sagt Fischer. Wie zum Beispiel das Schulhofprojekt an der Werdenbergschule. »Wir müssen am Ball bleiben«, sagt Bernhard Schoser. Nichts ist demotivierender, als dass Menschen Zeit und Muße investiert haben für bloße Papierleichen. »Als DenkMalRegenerativ GmbH sehen wir die Altstadtentwicklung in Trochtelfingen als eine Chance, den Dialog zwischen Bürgern, Fachplanern und Stadtverwaltung aktiv zu gestalten. Stadtentwicklung ist ein gemeinschaftlicher Prozess - je mehr Menschen sich daran beteiligen, desto lebendiger und nachhaltiger werden die Ergebnisse. Unser Ansatz verbindet soziale, kulturelle und architektonische Perspektiven, um bestehende Bausubstanz nicht nur zu bewahren, sondern sie in lebenswerte, generationenübergreifende Räume zu transformieren«, teilt die DenkMalRegenerativ GmbH mit, die Kommunen von Analyse über Konzept, Ausführung bis hin zum Betrieb zur Seite steht.