ENGSTINGEN. Es handele sich um eine Pflicht, keine Kür, machte Bürgermeister Mario Storz seinen Gemeinderäten klar. Knapp zehn Millionen Euro wird es kosten, die Grundschule in Kleinengstingen so umzubauen, dass die Schüler den ganzen Tag über betreut werden können, hat Margit Supper vom Architekturbüro Supper Heinemann in Gammertingen errechnet. Auf eine ganztätige Betreuung haben Kinder im Grundschulalter vom Schuljahr 2026/27 an Anspruch, stufenweise beginnend mit der ersten Klasse, das sagt der Gesetzgeber klar. Über die Finanzierung hat er sich aber weniger Gedanken gemacht. Nach einem 70:30-Modell sollen die Kommunen knapp ein Drittel der Kosten übernehmen, Engstingen also etwa drei Millionen Euro, der Rest soll von Bund und Land kommen.
Allerdings: Die Förderprogramm des Bundes sind mittlerweile um ein Vielfaches überzeichnet, musste Bürgermeister Mario Storz dem Gemeinderat mitteilen. Das Land will mit einer Co-Finanzierung helfen, die Details wabern aber noch im Ungefähren.
Schule wird aufgestockt
Dass die Eltern sich nach einigen Kindergartenjahren daran gewöhnt haben, dass ihr Nachwuchs während der Kernbetreuungszeiten versorgt wird, ist verständlich. Der Wunsch, dass die Betreuung in der Schule fortgesetzt wird, ebenso. Auch die Gesellschaft hat ein Interesse daran, dass die Eltern dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Da gibt es in den Kommunen, die ja gerade für junge Familien attraktiv sein wollen, keinen Widerspruch. Das Problem ist, dass es mit ein paar günstigen Hilfskräften bei der Ganztagsbetreuung aber nicht getan ist.
Architektin Margit Supper hat dem Gemeinderat vorgestellt, wofür die zehn Millionen benötigt werden. In Engstingen wird die Grundschule in Kleinengstingen fit gemacht. Wenn die Schüler dort den vollen Tag verbringen sollen, fehlt noch einiges. Die Kinder brauchen künftig mehr als Klassenzimmer und Fachräume. Zum Konzept der Architektin gehört unter anderem ein Neubau der Mensa sowie »multifunktionale Räume für die Ganztagsbetreuung«. Auch die Lehrkräfte brauchen mehr Raum, sie werden ja selbst die ganze Woche vor Ort sein müssen. Schon im jetzigen Lehrerzimmer hätten nicht alle Pädagogen gleichzeitig Platz, sagte Supper. Rätin Daniela Halder wies ebenfalls darauf hin, dass die Beschäftigten – neben Lehrern zum Beispiel auch Schulsozialarbeiter – einen ruhigen Arbeitsplatz benötigten.
Um Raum zu schaffen, soll die Schule teilweise aufgestockt werden. Die bisherige Höhe werde sich aber nur um 30 bis 40 Zentimeter über das bestehende Dach hinauf verändern, sagte Supper, am Gesamtbild für die Nachbarn soll sich nur wenig ändern. Überhaupt wollen Supper und das Fachbüro IBP Knaus Zentner (Heizung, Sanitär, Belüftung) möglichst viel vom Bestand erhalten und in die neue Zeit mitnehmen. Trotzdem muss einiges auf den neuesten Stand der Technik und der Bauvorschriften gebracht werden.
Wenig Zeit, wenig Sicherheit
Roland Knaus ging auf die Neuerungen ein. Einige Eckdaten: Die Ölheizung soll einer Pelletheizung weichen, in den Räumen wird es entweder Fußboden- oder Deckenheizung geben. Die Lüftung wird erneuert – den Winter habe die Branche mittlerweile im Griff, zunehmend heiße Sommer könnten schwierger sein, sagte der Fachmann. Auch das Brandschutzkonzept wird angepasst, allzu große Probleme sieht Margit Supper hier nicht: Die Räume könnten mit wenig Aufwand zwei Fluchtwege bekommen, dazu feuerbeständige Türen und Notfalltreppen ins Obergeschoss.
Das Dach trägt eine Photovoltaikanlage, ob zum Eigenverbrauch oder zur Einspeisung. Damit PV-Platten und zusätzliche Räume im Obergeschoss die Schule nicht zum Kollaps bringen, müssen die Fundamente ab Keller verstärkt werden.
Alles in allem keine unlösbaren Aufgaben, die Baumaßnahmen könnten in gut anderthalb Jahren durchgezogen werden, schätzt Supper. Hinterher brauche es erfahrungsgemäß noch rund sechs Monate, bis alle Rechnungen geprüft und bezahlt sind.
Enges Zeitfenster
Wenn das Projekt bis zum 31. August 2027 fertig sein soll, wird es also sportlich. Und der Termin muss – zumindest nach bisherigen Stand – eingehalten werden, um Fördermittel zu erhalten. Und ohne die geht es nicht, wie Bürgermeister Storz nicht zum ersten Mal klarmachte. Ohne Gegenfinanzierung dürfte man das Millionenprojekt nicht mal in den Haushalt einbringen, sagte er.
Die Fördersituation ist für die Kommunen aber vollkommen unklar, es war sogar ein Losverfahren beim Zuschlag angedacht. Die bisherige Fördersystematik sei auf den Kopf gestellt worden, sagte Bürgermeister Storz. So werden zum Beispiel Kommunen, die bereits in den Bau eingestiegen sind, bevorzugt. Bisher galt: Erst Antrag, dann Baubeginn – wer schon die Schaufel in die Hand genommen hatte, ging leer aus. Davon können sogar Vereinskassierer ein Lied singen.
Die Lotterie ist vom Tisch, viel klarer ist die Lage für die Kämmerer aber nicht, letztlich warten sie, die Unterlagen bei Fuß, auf die Neufassungen der Förderrichtlinien. Eines ist sicher, das Geld ist knapp – alle Grundschulen in Land und Bund müssen gleichzeitig fit gemacht werden.
Wenig Zeit, keine finanzielle Sicherheit – so beschrieb Storz die Zwangslage nicht nur in Engstingen. Die Architektin riet den Räten, auf alle Eventualitäten, alle Förderbedingungen, vorbereitet zu sein, ohne sich finanziell zu verausgaben. Das Gremium folgte dem Rat. Das Büro Supper Heinemann wird nun den Bauantrag vorbereiten und über die Verwaltung einreichen. Außerdem werden die Prozessbeteiligten beauftragt, in die Auftragsplanung einzusteigen. Damit man, sobald ein Deckel von einem Fördertopf gehoben wird, schnell mit einem Förderantrag reagieren kann und nicht erst alle Planer wieder von anderen Baustellen holen muss.
Die gute Nachricht am Rande: Für die Unterbringung der Schüler habe man schon Lösungen in Sicht, sagte Storz. Auch wenn noch nicht klar ist, wann die kleinen umziehen müssen. (GEA)