KREIS REUTLINGEN. Einige ehemalige und amtierende Bundespräsidenten waren in den vergangenen Jahrzehnten im Landkreis Reutlingen zu Gast. Ende März wird Joachim Gauck, der von 2012 bis 2017 Staatsoberhaupt in Deutschland war, nach Münsingen kommen (der GEA berichtete).
Der Vorgänger von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besuchte bereits Ende 2021 Reutlingen, wo er beim Talk-Format »Schoog im Dialog« teilnahm. Der aktuelle Bundespräsident war noch nicht in der Region, dafür kamen aber schon Theodor Heuss, Heinrich Lübke, Karl Carstens, Richard von Weizsäcker, Horst Köhler und Roman Herzog.
Die meisten Besuche im Landkreis absolvierte das erste Staatsoberhaupt Theodor Heuss. Zum ersten Mal kam er im August 1954 anlässlich der Einweihung des Jugenddorfes und des Gemeinschaftshauses zur Gustav-Werner-Stiftung nach Reutlingen.
Heinrich Lübke kommt zwei Mal
Ein Jahr später nahm Heuss an einer Versammlung der Friedrich-List-Gesellschaft in der Achalmstadt teil. 1959 gab es die nächste Einladung für den Bundespräsidenten. Er kam noch einmal als Ehrengast zur Gustav-Werner-Stiftung, die den 150. Geburtstag von Gründervater Gustav Werner und die Einweihung des Mutter-Werner-Heims feierte. Auch als Theodor Heuss Bundespräsident a. D. war, ließ er es sich nicht nehmen, am 7. Juni 1961 zur Einweihung der Wirtschaftsoberschule nach Reutlingen zu kommen, die auf seinen Namen getauft wurde.
Sein Nachfolger Heinrich Lübke brachte es auf zwei Stippvisiten in der Region. Er zog es vor, auf die Alb zu gehen. Genauer gesagt auf den Münsinger Truppenübungsplatz. Am 17. September 1964 inspizierte er im Beisein des französischen Außenministers Maurice Couve de Merville die Einheiten der »1. Französischen Armee«.
Am 20. September 1968 kam der Bundespräsident noch einmal auf den Schießplatz. Grund dafür war das Manöver »Schwarzer Löwe«, an dem rund 40.000 Soldaten teilnahmen. Bei dieser Gelegenheit schaute sich Lübke zusammen mit anderen Politikern, wie zum Beispiel Altbundeskanzler Ludwig Erhard, auch die Herzog-Albrecht-Kaserne in Münsingen an, wo er sich ins Goldene Buch der Stadt eintrug.
Den Schriftzug von Karl Carstens sucht man dort vergebens. Der fünfte Bundespräsident war im Frühjahr 1983 ebenfalls in Münsingen, aber nur auf dem Truppenübungsplatz. Anlässlich dieser Stippvisite wurde am Gebäude des Sportplatzes eine Gedenktafel mit folgender Aufschrift enthüllt: »Der Club ist renoviert worden aus Anlass des Besuchs von Herrn Karl Carstens, Präsident der Bundesrepublik Deutschland, 30. Mai 1983.«
Zehn Jahre vergingen, bis der nächste Bundespräsident in den Landkreis Reutlingen kam. Richard von Weizsäcker schaute sich am 23. April 1993 die Gustav-Werner-Stiftung an. Nach einem 40-minütigen Gespräch mit drei von der Ärzteschaft ausgewählten Patienten des Landerer-Krankenhauses würdigte das Staatsoberhaupt die Stiftung als »große und einzigartige Einrichtung« ihrer Art.
Köhler fährt Kutsche in Marbach
»Jetzt weiß ich, warum ich Bundespräsident werden wollte. Sonst hätte ich nie in dieser Kutsche mitfahren dürfen«, schmunzelte Mitte April 2009 der kürzlich verstorbene Horst Köhler, als er das Haupt- und Landgestüt Marbach besuchte. Zusammen mit seiner Frau Eva Luise taufte er ein Araberfohlen auf den Namen Merhaba. Danach ging es nach Trochtelfingen zum Nudelhersteller Alb-Gold.
Morgens weilte das Staatsoberhaupt bereits in Reutlingen im Spendhaus und in der Fachhochschule. Im Jahr darauf war Köhler noch einmal in der Achalmstadt zu Gast, wo er im März 2010 bei der Firma Bosch eine neue 200-Millimeter-Halbleiterfabrik eröffnete.
Kuchen für Roman Herzog
Sein Vorvorgänger Roman Herzog ließ sich ebenfalls das Haupt- und Landgestüt Marbach zeigen, allerdings war er da schon länger nicht mehr Bundespräsident. »Ich verstehe nicht viel von Pferden, aber ich habe das Gefühl, dass diese Tiere hier eine optimale Heimat gefunden haben«, sagte der Alt-Bundespräsident, der zusammen mit seiner Gattin Alexan-dra Freifrau von Berlichingen Ende Mai 2009 nach Gomadingen kam. Danach ging es weiter nach Offenhausen, wo die Gestütsleitung an der Lauterquelle frische Früchte, Kaffee sowie Erdbeer- und Rhabarberkuchen auffahren ließ.
Das ist für Joachim Gauck am Mittwoch, 26. März, nicht vorgesehen. Von 18.30 Uhr an stellt der Altbundespräsident in der Alenberghalle in Münsingen sein aktuelles Buch vor. In einem moderierten Gespräch mit Bürgermeister Mike Münzing geht er der Frage nach, weshalb das Vertrauen vieler Deutscher in die liberale Demokratie erschüttert sei. (GEA)
VERANSTALTUNG IN DER ALENBERGHALLE MÜNSINGEN
Altbundespräsident Joachim Gauck im Gespräch mit Bürgermeister Mike Münzing
Altbundespräsident Joachim Gauck stellt am Mittwoch, 26. März, um 18.30 Uhr in der Alenberghalle sein aktuellstes Buch »Erschütterungen: Was unsere Demokratien von außen und innen bedroht« vor. Sehr eindrücklich zeigt er darin, wie in den vergangenen Jahren so manche Gewissheit über die Stabilität unserer Demokratie verloren ging – und wie es gelingen kann, auch in Zukunft liberale Freiheiten zu verteidigen. Im Gespräch mit Münsingens Bürgermeister Mike Münzing spricht Joachim Gauck über den Zustand der Demokratie und geht der Frage nach, weshalb das Vertrauen vieler Bürgerinnen und Bürger in die liberale Demokratie erschüttert ist. Welche Rolle spielen autoritäre und libertäre Dispositionen in Krisenzeiten? Warum stehen wir heute vor den Scherben einer Ostpolitik, die im Verhältnis zu Russland allzu lange nur auf die Prinzipien »Frieden vor Freiheit« und »Wandel durch Handel« gesetzt hat? Joachim Gauck wurde 1940 in Rostock geboren. Im Anschluss an die Schule studierte er Theologie und arbeitete bis 1989 als Pastor in Rostock. Er war Mitinitiator des kirchlichen und öffentlichen Widerstands gegen die SED-Diktatur, politisch aktiv als Sprecher des Neuen Forums in seiner Heimatstadt und sodann als Abgeordneter der ersten freien Volkskammer. Von 1990 bis 2000 war er Bundesbeauftragter für die Stasiunterlagen und von 2012 bis 2017 elfter Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. Er erhielt zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen. Karten für diese Veranstaltung gibt es im Vorverkauf für 20 Euro bei der Touristik Information Münsingen, in der Stadtbücherei und bei der VHS am Marktplatz. An der Abendkasse kosten sie 25 Euro. (eg)