GAMMERTINGEN. Weihnachten ändert sich nie, zumindest empfinden die Feiernden das oft so. Der Baum, der Kirchgang, das mehr oder weniger freudige Absingen von Weihnachtsliedern - same procedure as every year. Aber stimmt das? Sicher nicht, wie die Ausstellung »Weihnachten anno dazumal« im Alten Oberamt in Gammertingen zeigt. Denn mit Plusminus einem Jahrhundert Abstand wird klar, dass die vielen kleinen Veränderungen über die Jahrzehnte doch zu deutlichen Veränderungen geführt haben. Wie die Ausstellung, die ihren Schwerpunkt auf die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts legt, zeigt.
Frank Geist und seine Mitstreiter vom Arbeitskreis Museum im Alten Oberamt, allen voran Sandra Buck, haben einiges an spannenden Exponaten zusammengestellt. Natürlich Spielzeug und Christbaumschmuck, Krippen in echt und im Bild, aber auch Weihnachtspostkarten und Texte.
Dass heute gefühlt die Weihnachtszeit in den Supermärkten schon nach den Sommerferien losgeht, ist so neu nicht, erklärt Frank Geist. Denn den schnellen Einkauf am Morgen des Heiligabend gab es noch nicht. Auf Weihnachten hat man sich lange vorbereitet, viele Geschenke wurden selbst gebastelt, geschnitzt oder gemalt. Da war es ratsam, schon frühzeitig anzufangen. Auch viele Leckereien von Stollen oder Schnitzbrot, ganz zu schweigen vom Rumtopf, der schon angesetzt wurde, wenn Träuble und Stachelbeeren geerntet wurden, brauchten Zeit zum ordentlich Durchziehen.
Vorbereitungen liefen ab dem Sommer
Auch der Christbaumschmuck wurde gerne selbst hergestellt. Lametta wurde aus Pappe oder Papier ausgeschnitten und bemalt. Der Loriot-Weihnachtssketch mit dem unsterblichen Zitat »Früher war mehr Lametta« wird gespielt. Früher war aber nicht mehr, sondern anderes Lametta, sagt Geist, Metall war besonders in Kriegszeiten halt knapper als Zeitungs- oder Kartonreste.
Nicht alles stammte aus der eigenen Werkstatt. Weihnachtsschmuck aus dem Erzgebirge hat auch damals schon den Weg bis in den tiefen deutschen Süden gefunden. Auch Spielzeug aus Metall oder Stofftiere von Steiff aus Giengen oder der Konkurrenz kamen unter den Baum. Und dann oft wieder in Kisten und auf den Dachboden, wo sie dann ein Jahr später wieder unbeschädigt Kinderherzen erfreuten - viel Nachhaltigkeit, aber auch viel Wertschätzung für das Besondere.
Archivpfleger Manfred Tremmel hat sich im Stadtarchiv und in den Kirchen auf die Suche gemacht, Darstellungen rund um die christliche Weihnachtsgeschichte aufgetan, und ins Oberamt gebracht. Der Nikolaus - »Do schnaufet schwer und groß, d'Stiega nauf der Santiglos«, lautet das Motto der Ausstellung - und sein Knecht Ruprecht sind zu sehen. Klaus Heinrich vom Briefmarkensammlerverein Gammertingen-Trochtelfingen steuert andere Zeitzeugnisse bei. Weihnachtspostkarten aus den zwei Kriegen zeigen, dass abseits des familiären Glücks auch über die Feiertage schreckliche Dinge vor sich gingen. So zeigt Herinrich einen Brief, den die Eltern zu Weihnachten an ihren Sohn geschrieben haben. Der Soldat hatte diesen jedoch nie gelesen. Er war bereits im Krieg gefallen. (GEA)
Ausstellung
Die Ausstellung im Museum im Alten Oberamt in der Hohenzollernstraße kann vom Sonntag, 1. Dezember, bis zum 2. Februar immer sonntags von 14 bis 17 Uhr besucht werden, oder nach telefonischer Vereinbarung (07574 406 136). Los geht es mit der Vernissage am Freitag, 29. November, um 19 Uhr. (GEA)