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Was die ReparierBar in Münsingen so erfolgreich macht

Zwei Jahre nach ihrem Start hat sich die ReparierBar in der Begegnungsstätte »Karla 5« in Münsingen etabliert. Die ehrenamtliche Initiative ist gefragt, weitere Helfer werden gesucht.

Die ReparierBar im Karla 5 in Münsingen ist gefragt.
Die ReparierBar im Karla 5 in Münsingen ist gefragt. Foto: Maria Bloching
Die ReparierBar im Karla 5 in Münsingen ist gefragt.
Foto: Maria Bloching

MÜNSINGEN. Die ReparierBar hat sich zu einem tollen, nachhaltigen Reparaturprojekt entwickelt, das den Nerv der Zeit trifft. Denn nicht alle kaputten Dinge gehören sofort in den Müll, viele sind es wert, repariert zu werden. Und oft – so haben die ehrenamtlich Engagierten in den vergangenen zwei Jahren erfahren - fehlt es nur an einer Kleinigkeit, um die Funktionsfähigkeit über viele weitere Jahre wieder herzustellen. Jeden ersten Freitag im Monat kommt das Team mit rund zehn handwerklich und beruflich erfahrenen Menschen von 16 bis 19 Uhr zusammen, um seine Dienste anzubieten. Diese sind insbesondere im elektrotechnischen Bereich überaus gefragt. Die Idee ist simpel: kaputte Sachen sollen wieder funktionsfähig gemacht werden, gleichzeitig will man ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung schaffen. Besucher bringen ihre kaputten Dinge und können dabei zusehen, wie die Reparaturen durchgeführt werden. Anstatt defekte Geräte oder Möbel also einfach wegzuwerfen, werden sie einer weiteren Nutzung zugeführt. Reparaturen sind häufig günstiger als der Neukauf, insbesondere bei teureren Gegenständen kann die Instandsetzung eine durchaus wirtschaftliche Alternative sein.

»Die Gesellschaft ist auf Konsum getrimmt und soll kaputte Dinge durch neue ersetzen«

So wie etwa bei jenem Fernseher, den Elektroingenieur Thomas Tietjen wieder in Gang gesetzt hat. »Ich habe im Netz recherchiert und erfahren, dass die kaputte Platine bei dieser Marke ein Serienfehler ist. Also haben wir einen neuen Speicher gekauft und unter dem Mikroskop eingelötet, danach ein Software-Update gemacht. Den Kunden hat das Material 30 Euro gekostet, 20 Euro hat er an uns gespendet. Für 50 Euro hat er wieder einen hervorragenden Fernseher«, erzählt er. Tietjen ist der angesagte Profi im Team, wie auch Hans Wörner aus Buttenhausen mit seiner 50 Jahre alten, kaputten Flex erfahren durfte. »Ich war bei zwei Fachgeschäften, die mir sagten, dass das Gerät nicht mehr repariert werden kann. Jetzt habe ich es hier versucht und sie geht wieder«, freut er sich.

Früher, so Tietjen, hätten Radio- und Fernsehtechniker noch über das besondere technische Wissen verfügt und solche Dinge reparieren können. Das jedoch sei zwischenzeitlich fast vollständig verloren gegangen. »Die Gesellschaft ist auf Konsum getrimmt und soll kaputte Dinge durch neue ersetzen«. Er selbst hat große Freude an seinem Engagement: »Ich entwickle beruflich Elektrotechnik und kann mich hier handwerklichen Herausforderungen stellen. Dadurch lerne auch ich hinzu«. Tietjen ist überzeugt: »Die Flex von Herrn Wörner wird wieder 50 Jahre ihren Dienst tun«.

Thomas Tietjen (rechts) lötet, Norbert Hock schaut zu.
Thomas Tietjen (rechts) lötet, Norbert Hock schaut zu. Foto: Maria Bloching
Thomas Tietjen (rechts) lötet, Norbert Hock schaut zu.
Foto: Maria Bloching

Er hofft, dass sich noch ein paar weitere Mitstreiter finden, hauptsächlich Elektriker und Elektrotechniker sind gefragt, aber eigentlich können alle beschäftigt werden, die über handwerkliches Geschick verfügen. So wie Udo Besenreuther und Bernd Goebel. Gemeinsam haben sich der IT-Fachmann und der Elektrotechniker dem 40 Jahre alten Einmachkessel von Gerda Mindner angenommen. »Der Schalter ist defekt«, lautet die Diagnose. Schon vor vier Wochen war Gerda Mindner mit ihrem gut erhaltenen Haushaltsgerät da, mit dem sie auch Säfte herstellen kann. Zwischenzeitlich hat sie für 30 Euro einen neuen Schalter besorgt, der jetzt innerhalb von zwei Stunden eingebaut wird. Die Probe zeigt: Er tut wieder. »Diese Männer geben nicht auf. Sie machen so lange, bis er wieder geht«, sagt Gerda Mindner und freut sich schon auf die Ernte ihres Holunders, aus dem jetzt Saft gemacht werden kann.

Auch exotische Geräte schrecken die Handwerker nicht. Sei es ein sehr altes Tonbandgerät oder eine mechanische Rechenmaschine: Ihrem geschulten Blick und ihren geschickten Händen entgeht nichts. Hilfreich ist dabei das reichliche Sortiment an guten Werkzeugen, die mittlerweile aus Spenden von Kunden angeschafft werden konnten. Diese werden auch von Schreinermeister Norbert Hock genutzt, der zwar überwiegend Holzsachen repariert, aber auch Nähmaschinen schmieren kann. Spezialistin dafür ist Doris Anhorn. Sie tauscht Reißverschlüsse aus oder nimmt kleinere Reparaturen an Textilien vor, stellt aber auch mitgebrachte Nähmaschinen ein. »Oft fehlt nur ein Tröpfchen Öl oder die Nadel muss gewechselt werden«, erklärt sie. Das ganze Team spricht von einem großen Erfolg, zu dem sich die ReparierBar in den zwei Jahren ihres Bestehens entwickelt hat.

Allerdings sei der Andrang insbesondere gleich zu Beginn um 16 Uhr stets sehr groß. Besser wäre es, die Kunden würden verteilt kommen, um längere Wartezeiten zu vermeiden. Bisher wurden sie am Empfang willkommen geheißen und mit Getränken versorgt, leider ist die dafür zuständige Kraft ausgefallen. »Wir suchen deshalb ganz dringend mehrere Freiwillige, die sich am Empfang, bei der Bewirtung an der Bar oder direkt beim Reparieren einbringen«, sagt Sabine Kapeller. (GEA)