ENGSTINGEN. Das Forstwirtschaftsjahr 2024 ist in Engstingen weitgehend unspektakulär verlaufen. Weder Dürre noch Borkenkäfer setzten dem Kommunalwald über Gebühr zu. In Engstingen sei die (Forst-)Welt noch in Ordnung, sagte Franz-Josef Risse, Leiter des Kreisforstamts, im Gemeinderat bei der Vorstellung des Forstwirtschaftsplans.
400 Festmeter Käfer- und Sturmholz fielen im vergangenen Jahr an, was normalen Jahren entspricht. Im Jahr 2023 belief sich die zufällige, ungeplante Nutzung – als Folge des Gewittersturms im August – dagegen auf 8.000 Festmeter, mit der Aufarbeitung waren die Forstwirte noch bis ins Frühjahr 2024 beschäftigt.
Keine CO2-Schleuder
Risse nahm die Vorstellung der Engstinger Planung zum Anlass, einen Blick aufs große Ganze, konkret die Bundeswaldinventur, zu werfen: "Die Aussage, der Wald sei eine CO2-Schleuder ist Unfug", sagte der Kreisforstamtsleiter, und zielte auf Baden-Württemberg. 50 Prozent des Kohlenstoffs in den Wäldern seien im Boden gebunden, Tendenz sogar steigend, so Risse. Die Holzvorräte seien unverändert, der Totholzvorrat sogar gestiegen. Bauholz sei nach wie vor der CO2-neutralste Baustoff, das CO2, das der Baum im Laufe seines langen Lebens aufnimmt, bliebe im Balken jahrzehntelang gebunden. Mit Blick auf den Bund relativierte er ein wenig: Wo extrem große Mengen an Schadholz anfallen, wie etwa im Harz, wandere Holz in die Verbrennung oder bleibe auch im Wald liegen. Dann werde tatsächlich viel CO2 frei.
Was bundesweit beobachtet wird: Die Zuwachsleistungen nehmen seit über 30 Jahren ab, der Wald wächst langsamer. Zum einen liege das am Waldumbau weg von der schnell wachsenden Fichte. Aber auch bei den einzelnen Baumarten nimmt das Wachstum ab. Zwei mögliche Ursachen führte Risse auf Nachfrage an: Der Starkholzanteil, also der Anteil älterer Bäume, nimmt zu – und die wachsen halt langsamer. Außerdem könnte Wasser fehlen: Nach einer Dürre sei der Boden knochentrocken, Starkregen läuft dann ab. Auch wenn in der Statistik der Niederschlag gut aussieht.
Mit der Fichte sei man in Engstingen noch gut bedient, aber das werde nicht so bleiben, sagte Risse. Immerhin: »Es gibt uns Zeit, eine Klimaanpassung zu erreichen.« Engstingen hat im Vergleich zu Land und Kreis einen immer noch recht hohen Fichtenanteil von 31 Prozent, im Kreis sind es 19 Prozent. Der Holzvorrat liegt bei 401 Vorratsfestmetern (VFm) pro Hektar, im Kreis sind es 332 VFm.
Einschlag und Verkauf bewegen sich daher im Plan: 6.800 Festmeter wurden 2024 geschlagen, für 2025 wird mit 6.700 Festmetern gerechnet, darin enthalten sind die üblichen 450 Festmeter aus zufälliger Nutzung.
Der betriebswirtschaftliche Abschluss 2024 liegt noch nicht vor, wird aber voraussichtlich bei plus 180.000 Euro liegen. 2025 will Revierförster Andreas Hipp mit 166.200 Euro auf ein ähnliches Niveau kommen. 250.158 Euro kommen aus dem Verkauf von Holz, 80.240 Euro aus dem Programm »Klimaangepasstes Waldmanagement«. Um das Fördergeld zu bekommen, hat Förster Hipp 3.974 Habitatbäume ausgewiesen, die weder geschlagen, noch – wenn sie von alleine umfallen – aus dem Wald gebracht werden dürfen. 50 Hektar Stilllegungsflächen müssen ebenfalls sich selbst überlassen bleiben. Ein paar Eschen musste Hipp aus Sicherheitsgründen auf solchen Flächen fällen lassen. Da bleiben sie jetzt liegen, auch wenn der eine oder andere Kachelofenheizer bei ihm wegen des schönen Holzes anruft. Hipp bittet um Verständnis, ausreichend Brennholz ist in seiner Planung vorgesehen.
Flächen für Windkraft
Für die drei von Windkraft Schonach projektierten Windräder laufen die Vor-bereitungen. Die Flächenauswahl am Schönbergle, im Hau und im Neubuch hat stattgefunden, die ökologischen und geologischen Voruntersuchungen sind im Gange. 3,5 Hektar Fläche für Ausgleichsmaßnahmen auf eigener Fläche müssen noch gefunden werden. Beim Anschluss an das Biosphärengebiet Schwäbische Alb sieht es ähnlich aus. Die Kernzonenabgrenzung steht, sagte Hipp. 30 Hektar Gemeindewald grenzen an die 50 Hektar an, die der Bundesforst beisteuert und bilden eine gemeinsame Kernzone.
Probleme bereitet Hipp die Personalsuche. Zurzeit hat die Gemeinde keine eigenen Forstwirte. Hipp behilft sich mit einem Forstwirt aus Hohenstein und zwei Kräften eines Lohnunternehmens: Von einem zertifizierten Betrieb, die Männer erfüllten alle Voraussetzungen: »Auf ei-nem Niveau, wie es sich gehört.«
Auf den Verbiss durch hungrige Rehe haben Hipp und Risse ein waches Auge. Der nimmt nämlich zu: Drei Prozent der Buchen und zwei Prozent der Fichten wurden bei der Betriebsinventur 2011 als verbissen eingestuft. Mittlerweile sind es 15 beziehungsweise 10 Prozent. Mit den Jägern sei man als wichtigen Partnern ständig im Gespräch, sagte Bürgermeister Mario Storz. Dass durch konsequente Jagd die Verbisssituation »gedreht« werden könne, konnte Risse in seinem eigenen Revier beweisen. (GEA)