ST. JOHANN. Es war der Abend der ratlosen Gesichter: Dass eine Bürgermeisterwahl bei drei Kandidaten, die alle einen starken Wahlkampf abgeliefert hatten, knapp ausgehen kann, war wohl jedem klar. Wie knapp es tatsächlich war, verkündete Veronika Kraiser als Vorsitzende des Wahlausschusses gegen 19 Uhr vorm Würtinger Rathaus, wo sich viele Bürger und Wegbegleiter der drei Bewerber versammelt hatten. Fakt ist: Keiner der drei Bewerber konnte im ersten Wahlgang die notwendige absolute Mehrheit – also über 50 Prozent der Wählerstimmen – für sich gewinnen. Das heißt: Am 26. Februar ist erneut Wahlsonntag in St. Johann.
Amtsinhaber Florian Bauer lag am Sonntag mit 38,2 Prozent vorne, gefolgt von Sonja Döhler mit 34,4 Prozent und Alexander Knabe mit 26,3 Prozent. Auf »Sonstige« entfielen 1,05 Prozent der Stimmen. Von 4 224 Wahlberechtigten machten 2 790 ihr Kreuz – das entspricht einer Wahlbeteiligung von 66,05 Prozent. Das Ergebnis machte alle sprachlos – allen voran die Kandidaten selbst. Eine Rede hielt keiner.
»Erstmal eine Nacht drüber schlafen« wollen alle drei, und zumindest Florian Bauer und Alexander Knabe hatten vor, sich noch ein gemeinsames Bier zu gönnen. »Aus dem Ergebnis muss man jetzt die richtigen Schlüsse ziehen, für ein Statement ist es noch zu früh«, so Knabe. Klartext: Ob und wer seine Bewerbung vorm zweiten Wahlgang zurückzieht, war am Abend noch offen. »Ich hätte mir eine eindeutige Richtung gewünscht«, bekannte Sonja Döhler. Florian Bauer war die Betroffenheit anzusehen. »Aber Wahlergebnisse muss man in einer Demokratie so akzeptieren, wie sie sind«.
Bemerkenswert sind die teilweise deutlichen Abweichungen in den Wahlbezirke: In Gächingen und Upfingen lag Sonja Döhler mit jeweils über 40 Prozent vorne, Florian Bauer holte seine stärksten Ergebnisse in Ohnastetten (48,6 Prozent) und in Würtingen. Auch Alexander Knabe punktete in Ohnastetten (37 Prozent) sowie in Bleichstetten, wo er sogar noch vor Bauer lag.
Ans Rathaus gekommen waren neben den St. Johanner Altbürgermeistern Raimund Speidel und Eberhard Wolf etliche Bürgermeister der Nachbargemeinden. Statt Glückwünschen gab’s den einen oder anderen tröstenden Schulterklopfer. »So nicht erwartet« hatten Bürgermeister Mike Münzing (Münsingen) und der Bundestagsabgeordnete Michael Donth (CDU) das Ergebnis. Rudi Fischer, für die FDP im Landtag, freute sich immerhin über die hohe Wahlbeteiligung. Bad Urachs Bürgermeister Elmar Rebmann fühlte mit Florian Bauer, den er als »unheimlich sympathischen Kollegen, mit dem ich gerne zusammenarbeite« beschrieb.
Nachdem vorab bei Glühwein und Würstchen Dorfhock-Stimmung rund ums Rathaus aufgekommen war, herrschte nach Verkündigung des Ergebnisses erst mal Schweigen. Applaus gab’s keinen, der Platz leerte sich schnell. Die Wartezeit verkürzt hatten den Bürgern die Mitglieder des Jugendhauses, die bewirteten. Die Trachtenkapelle Würtingen und der Musikverein Upfingen standen gemeinsam bereit – eigentlich, um dem oder der neuen Bürgermeister(in) ein Ständchen zu spielen. Dazu kam’s nicht, stattdessen unterhielten die Musiker die Gäste mit ein paar Stücken, bevor sie ihre Instrumente wieder einpackten.
Florian Bauer war im Februar 2015 erstmals zum Bürgermeister in St. Johann gewählt worden. Am Ende wurde es damals richtig eng: Im zweiten Wahlgang setzte er sich mit 51,1 Prozent der Stimmen knapp gegen Dietmar Bez (48,2 Prozent) durch. Bez war in der zweiten Runde der einzige verbliebene Konkurrent für Bauer. Die Wahlbeteiligung lag im zweiten Wahlgang am 8. Februar 2015 bei 69,9 Prozent und damit etwas höher als am Sonntag. (GEA)