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Aktuell Vereinsjubiläum

Vom Sport zur Kultur: SVE Bleichstetten füllt Sportheim mit Leben

Die Pokale überm Tresen erinnern an frühere Siege, hinterm Tresen steht schon seit einigen Jahren kein professioneller Gastronom
Die Pokale überm Tresen erinnern an frühere Siege, hinterm Tresen steht schon seit einigen Jahren kein professioneller Gastronom mehr. Alexander Müller (links) sucht als Vorsitzender mit seinen Vereinskameraden nach neuen Ideen für die Zukunft. Helmut Dollinger hat vor über 50 Jahren das ehrenamtliche Team, das das Sportheim gebaut hat, angeleitet und koordiniert. Foto: Marion Schrade
Die Pokale überm Tresen erinnern an frühere Siege, hinterm Tresen steht schon seit einigen Jahren kein professioneller Gastronom mehr. Alexander Müller (links) sucht als Vorsitzender mit seinen Vereinskameraden nach neuen Ideen für die Zukunft. Helmut Dollinger hat vor über 50 Jahren das ehrenamtliche Team, das das Sportheim gebaut hat, angeleitet und koordiniert.
Foto: Marion Schrade

ST. JOHANN-BLEICHSTETTEN. »Bleichstettens 50 Jahre alter SV bescherte sich zum Jubiläum nobles Sportheim - Drei Tage lang Fest.« Diese Schlagzeile war am 24. Juni 1976 im GEA zu lesen. Übertrieben hat der Kollege damals nicht. In viel Eigenleistung hat der Verein ein großzügiges Sportheim am Waldrand gebaut. Nach zwei Jahren Bauzeit konnte der Schlüssel zum Jubiläum feierlich übergeben werden - eine Punktlandung, auf die viele Ehrenamtliche unter Regie des damaligen Vorstands Hermann Holder hingearbeitet hatten. Insgesamt 12.900 Stunden haben die Männer auf der Baustelle verbracht. Einer von ihnen - und als Bauleiter allen voran - war Helmut Dollinger. Der heute 85-Jährige war ein begeisterter Kicker, an die goldenen Zeiten des SVE Bleichstetten auf dem Platz erinnert er sich noch genauso wie an die vielen Samstage auf der Baustelle. »Es gab Zeiten, da hätte man das Bett hier raufstellen können«, sagt Dollinger.

»Das wäre heute gar nicht mehr möglich«, würdigt Alexander Müller das unermüdliche Engagement seiner Vorgänger. Das Sportheim steht heute, im Jahr des 100. Vereinsgeburtstags, noch top da - auch, weil es von Leuten wie Müller, der nicht nur Vorsitzender des Vereins, sondern auch Handwerker ist, tadellos gepflegt wird. Sogar barrierefrei umgebaut wurde es in jüngerer Zeit, es gibt einen Treppenlift und ein behindertengerechtes WC.

Keine erste Mannschaft mehr

Und trotzdem ist es still geworden, die Zeiten sind andere. »Früher war es hier sonntags genagelt voll, da sind ganze Busse gekommen«, sagt Müller. Anfangs, erinnert sich Helmut Dollinger, wurde die Wirtschaft noch in Eigenregie geführt, »eine Gruppe von Frauen hat gekocht«. Später standen Profis in der Küche, mit den langjährigen Pächtern der ersten Jahrzehnte lief's gut, sehr gut sogar. Danach hatte der Verein ein paar Mal Pech. Einen Pächter gibt es nun nicht mehr und damit auch keine klassische Wirtschaft. Auch das sportliche Vereinsleben hat sich völlig verändert. Der Fußballplatz liegt meist verlassen da. Dem Bike Park, vor einigen Jahren von Jugendlichen sehnlich herbei gewünscht und von Ehrenamtlichen mit viel Mühe und Engagement realisiert, sieht man an, dass hier nicht viele unterwegs sein können: Er wächst zu.

Die Bleichstetter Mannschaft in den 1950er-Jahren.
Die Bleichstetter Mannschaft in den 1950er-Jahren. Foto: Privat
Die Bleichstetter Mannschaft in den 1950er-Jahren.
Foto: Privat

In der Vitrine überm Tresen sind die Pokale aufgereiht, die der Verein errungen hat. Erinnerungen an Mannschaften, die es schon lange nicht mehr gibt. Die Abteilung Fußball ist vor Jahren in einer Fusion mit Gächingen und Lonsingen erst im FC St. Johann und dann im FC Bleichstetten-Lonsingen aufgegangen. Im Jugendbereich geht noch was, »aber eine erste Mannschaft gibt es nicht mehr«. Und damit auch kein Sportangebot für Männer mehr, bedauert Alexander Müller, denn Ski- und Tischtennisabteilung sind ebenfalls Geschichte. In den 1990er-Jahren kam der Volleyballtrend, die Bleichstetter bauten ein Beachvolleyball-Feld, das heute zumindest noch von kleinen Grüppchen genutzt wird, die sich ab und zu zum Spielen treffen. Geblieben sind die Gymnastikstunden für Frauen, Jazztanz und Ballett kommt bei den jungen Mädchen gut an. Treue Mitglieder und damit auch Förderer hat der Verein trotzdem, rund 280 Namen hat Alexander Müller derzeit in der Kartei.

Kultur am Wald etabliert sich

Der SVE ist kein Sonderfall, er macht nichts falsch. Er teilt sein Schicksal ganz einfach nur mit etlichen anderen Sportvereinen, die immer kleiner werden. Man könnte hinschmeißen. Könnte. Die Bleichstetter gehen einen anderen Weg. »Es ist wichtig, dass Leben im Sportheim ist«, findet Alexander Müller, der zum Jubiläum nicht nur in die Vergangenheit, sondern vor allem auch in die Zukunft blicken will. Deshalb hat sich der Verein auch einem Bereich zugewandt, der mit Sport überhaupt nichts zu tun hat: SVE-Schriftführerin Elke Ross organisiert seit 2022 eine Konzertreihe unter dem Motto »Kultur am Wald«. Wenn die Bands spielen, wird auch bewirtet - eine Leidenschaft von Elke Ross, die's jammerschade fand, dass man sich seit dem letzten Pächter-Intermezzo kurz vor Corona im traurig leeren Sportheim nicht mehr zum Einkehren treffen konnte.

Das Bleichstetter Sportheim, schrieb der GEA-Reporter damals vor 50 Jahren, sei eines der schönsten im Umkreis". Auch wenn braune Fliesen und dunkles Holz heute wohl nicht mehr jedem gefallen, steht jenseits aller Geschmacksfragen eines außer Frage: Der große Raum ist wie gemacht für Veranstaltungen. Früher fanden hier 150 Gäste zum Essen Platz. Heute kann man immer noch auf rustikalen Bänken an rustikalen Tischen sitzen. Elke Ross und ihre Mitstreiter haben ein paar Polstermöbel dazugestellt - alternativer Chic, der zum Konzert-Ambiente gut passt. Auch zur Jubiläumsparty am Wochenende 19./20. Juli wird es Live-Musik geben: Gutes Wetter vorausgesetzt, wird Alexander Müller mit seinen Helfern eine Open-Air-Bühne auf einem Anhänger neben dem Sportheim aufbauen - auch so eine Idee, die für die Zukunft des SVE Schule machen könnte ... (GEA)

Jubiläumswochenende

Das Jubiläumsfest 100 Jahre SVE Bleichstetten beginnt am Samstag, 19. Juli, mit einem Jugendfußballturnier, organisiert vom FC Bleichstetten-Lonsingen. Die Spiele werden zwischen 9 und 15.30 Uhr ausgetragen, bevor um 16 Uhr ein Elfmeterturnier angepfiffen wird. Die Idee: Die Bleichstetter gründen jeweils mit ihren Nachbarn Teams und treten gegeneinander an. Ab 21 Uhr spielt die Band Dirty Boots, danach übernimmt ein DJ, Barbetrieb ist bis in die Nacht hinein. Der Sonntag, 20. Juli, beginnt um 10 Uhr mit einem Frühschoppen, dann ist auch Zeit, durch die Ausstellung zu schlendern und in Erinnerungen zu schwelgen: Die Vereinsmitglieder haben Fotos aus der Vereinsgeschichte zusammengetragen. Um 10.30 Uhr begegnen sich die FC Alb Kickers und die SGM Engstingen-Hohenstein zum A-Jugend-Freundschaftsspiel auf dem Platz. Um 13.30 Uhr ist eine Showeinlage der Tanzgruppen geplant, bevor um 14 Uhr Festreden gehalten werden. Es gibt eine Spielstraße, und natürlich ist an beiden Tagen fürs leibliche Wohl gesorgt. (ma)