GOMADINGEN. »Gomadingen hat nachgezählt.« So lautete die Überschrift eines GEA-Artikels vor knapp sechs Wochen. Bürgermeister Klemens Betz wetterte darin über die jüngste Volkszählung, die seiner Gemeinde knapp acht Prozent weniger Einwohner bescherte als tatsächlich laut Melderegister vorhanden waren.
Seine Empörung ist so groß, weil jeder Bürger bares Geld wert ist. Was die Kommunen als Zuweisungen vom Land erhalten, richtet sich nach der Einwohnerzahl. Das »Kopfgeld« beträgt immerhin rund 1.650 Euro pro Jahr, so der Schultes. Jetzt hat die Gemeinde Widerspruch eingelegt, auch wenn es, laut Betz, »ein Kampf gegen Windmühlen ist«.
»Wir haben die Einwohner nicht verloren, wir können jeden Namen nachweisen«
Grundlage dieses Widerspruchs ist das Melderegister mit dem Stichtag 15. Mai 2022 (siehe Infokasten). Sowohl der Bürgermeister als auch seine Mitarbeitenden haben »in vielen Überstunden« noch einmal nachgezählt. Das Ergebnis wurde am Dienstagabend dem Gemeinderat präsentiert.
174 Einwohner weniger
Laut Zensus 2022 gibt es in Gomadingen 174 Einwohner weniger, als das Melderegister vor zwei Jahren verzeichnete. Das entspricht einem Minus von 7,6 Prozent. Der Zensus 2022 rechnet mit 2.115 Bürgern, das Melderegister mit 2.289. Da für die Berechnung der Finanzausgleichszahlungen jeweils die Einwohnerzahl nach Zensus 2022 als Grundlage herangezogen wird, wirkt sich die »extrem sinkende Einwohnerzahl« (Betz) auf die künftigen Zuschüsse aus: von 2025 an zunächst zur Hälfte, von 2026 an dann komplett.
In Zahlen ausgedrückt: Die Gemeinde muss mit Mindereinnahmen von knapp 300.000 Euro pro Jahr rechnen. Das sei bei einem Haushaltsvolumen von rund fünf Millionen Euro viel Geld, das für Investitionen fehle. »Das ist ein Skandal, dass im 21. Jahrhundert auf so einer Basis Zuschüsse verteilt werden«, ärgerte sich Betz.
»Wir haben die Einwohner nicht verloren, wir können jeden Namen nachweisen.« Wenn es sein muss, sogar mit einer eidesstattlichen Versicherung, fügte der Bürgermeister hinzu. Doch dieser Aufwand lohne sich nicht, weil die Präsidentin des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg, Anke Rigbers, bereits signalisiert habe, solche Erklärungen nicht als Beweis gelten zu lassen. (GEA)
ZENSUS 2022
Viel kritisiertes Instrument für bessere Planung
Wie viele Menschen leben in Deutschland? Wie wohnen und arbeiten sie? Darüber geben die Ergebnisse des Zensus 2022 Aufschluss. Die groß angelegte Bevölkerungsbefragung sammelte die Daten zum Stichtag 15. Mai 2022. Sie dienen als wichtige Planungs- und Entscheidungsgrundlage für Politik, Wirtschaft und Verwaltungen, um beispielsweise Infrastrukturmaßnahmen besser planen zu können. Durchgeführt wird der Zensus von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder. Er findet alle zehn Jahre statt (Mikrozensus jährlich). Für beide werden Haushalte befragt, die per Zufallsstichprobe ausgewählt werden. Die Interviewer kündigen per Post ihren Besuch an. Die Teilnahme kann nicht verweigert werden. Erhoben werden Geschlecht, Alter, Bildungsabschlüsse, Beruf und Zusammensetzung des Haushaltes. Personenbezogene Daten werden im Anschluss gelöscht, zensusrelevante anonym ausgewertet. Der Zensus 2022 besteht aus einer Bevölkerungszählung sowie einer Gebäude- und Wohnungszählung. Für die Bürgerzählung wurden gut zehn Millionen Personen in zufällig ausgewählten Haushalten befragt. Für die Gebäude- und Wohnungszählung mussten die Teilnehmer online einen Fragebogen ausfüllen. (GEA)