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Verkauf von Bauplätzen nicht nur in Engstingen gestoppt

Die Bauplätze im weitgehend erschlossenen Baugebiet Schafäcker in Großengstingen können vorerst nicht verkauft werden. Betroffen sind auch Vorkaufsberechtigte, die bereits von der Gemeindeverwaltung angeschrieben wurden. Grund ist ein Urteil des Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), das den Paragraf 13b des Baugesetzbuchs für nicht konform mit EU-Richtlinien erklärt hat. Wie sich das Urteil in der Praxis auswirkt, wird erst die noch nicht veröffentlichte Urteilsbegründung zeigen.

Auf den Schafäckern wird so schnell nicht gebaut.
Auf den Schafäckern wird so schnell nicht gebaut. Foto: Steffen Wurster
Auf den Schafäckern wird so schnell nicht gebaut.
Foto: Steffen Wurster

ENGSTINGEN. »Das ist ein sehr, sehr unerfreuliches Thema«, sagte Bürgermeister Mario Storz, als er den Engstinger Gemeinderat über den Stand der Dinge informierte. Der Paragraf 13b wurde auch Turbo-Paragraf genannt. Warum? Weil er unter Bedingungen – nur Freiflächen mit bis zu 10.000 Quadratmetern im Außenbereich, wenn diese Flächen der Wohnnutzung dienen und an den bebauten Innenbereich anschließen - die Realisierung von Baugebieten erleichterte. In der Praxis hieß das, dass auf die mühsamen, teuren und zeitaufwendigen Umweltgutachten verzichtet werden konnte.

Den Turbo haben wahrscheinlich alle Kommunen in der Region aufheulen lassen. Der Lader hat das Vehikel Baugrunderschließung trefflich beschleunigt, allerdings hat er nun schon vor der Ziellinie schlapp gemacht. Sprich: Die nach Paragraf 13b entwickelten Bauplätze sind in den Engstinger Schafäckern zwar erschlossen und reif für den Verkauf. Nur dürfen sie eben nicht verkauft werden.

Der Turbo macht schlapp

»Wir haben das Baugebiet ordentlich auf Grundlage eines Gesetzes entwickelt«, sagte Bürgermeister Storz, »und können das Verfahren jetzt nicht abschließen.« Nicht nur Engstingen steht jetzt vor einem Problem. Die Erschließungen haben viel Geld gekostet, die Kämmerer – und die Banken – warten auf die Verkaufserlöse. Vielleicht noch schlimmer: Hoffnungsvolle werden in ihrer Lebensplanung zurückgeworfen.

Der Turboparagraf sollte helfen, schneller Wohnraum zu schaffen. Am 18. Juli hat aber das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass der Turbo gegen Europarecht verstößt. Genauer: gegen die europäische Richtlinie über die strategische Umweltprüfung (SUP-RL). Ausnahmen von der SUP-RL sind nur zulässig, wenn »erhebliche Umweltauswirkungen« von vornherein ausgeschlossen werden können. Davon könne man beim Bauen im Außenbereich aber nicht pauschal ausgehen, so das BVerwG.

Vermarktung liegt auf Eis

In Engstingen liegt daher seit Juli die Vermarktung auf Eis. In den Schafäckern - aber auch in allen §13-Baugebieten in der Region - können vorerst keine Baugenehmigungen erteilt werden – das hat das Bundesbauministerium den Landratsämtern klargemacht. Weil ein Bauplatz ohne Baugenehmigung halt kein Bauplatz ist, dürfte das Verkäufen im Wege stehen. Es kommt noch schlimmer: Auch Baugenehmigungen für bereits verkaufte Grundstücke müssen widerrufen werden, wenn mit dem Bau noch nicht begonnen wurde, sagt das Bundesbauministerium. Das trifft in Engstingen niemand, macht aber den Ernst der Lage klar: »Das ist schon sehr weitgehend«, kommentierte Storz.

Warten auf Urteilsbegründung

Jetzt warten die Kommunen auf die Begründung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts. Beziehungsweise, ob dort irgendwelche Schlupflöcher zu finden sein werden. Voraussichtlich können die Bebauungspläne rückwirkend geheilt werden, wenn die Umweltprüfungen nachgeholt werden. Auf die Schnelle geht das nicht, die Prüfungen sind aufwendig und betrachten in der Regel auch die Natur im Lauf der Jahreszeiten. Außerdem werden die Gutachter jetzt bundesweit gut beschäftigt sein.

Für die Engstinger Schafäcker gibt es allerdings Hoffnung. Das Verfahren wurde bereits vor über einem Jahr abgeschlossen, normalerweise sind Bebauungspläne nach Ablauf der Jahresfrist vor Anfechtungen geschützt. (GEA)