TROCHTELFINGEN. »Für Mensch, Natur und Lebensqualität« wollen die Mitglieder der Bürgerinitiative (BI) Gegenwind aus Steinhilben einstehen. Sie hatten mehr als 500 Unterschriften gesammelt und im November 2021 einen Einwohnerantrag bei der Stadt eingereicht. Der Gemeinderat hat ihn in seiner Sitzung am Dienstag als zulässig erachtet. Im Rathaus wurden außerdem Antworten auf die Fragen und Forderungen der BI formuliert, die der Gemeinderat abgesegnet hat. Beides soll auch auf der Homepage der Gemeinde veröffentlicht werden.
Das erklärte Ziel der Bürgerinitiative Gegenwind ist »die Verhinderung des Windparks in Trochtelfingen«, informiert sie auf ihrer Internetseite. Ihren Einwohnerantrag hat sie mit »Windpark? Nein Danke!« überschrieben. Im Frühjahr vergangenen Jahres hat sie sich gegründet, hat eine ganzseitige Anzeige im Amtsblatt geschaltet, hat vor Sitzungen des Gemeinderats demonstriert, wollte Bürger wach rütteln, hat Unterschriften gesammelt und schließlich den Einwohnerantrag gestellt. Hauptforderung an die Gemeinde ist es, umfassend informiert zu werden. Denn die BI hat den Eindruck gewonnen, dass der Bau von Windkraftanlagen auf Trochtelfinger Gebiet schon beschlossene Sache ist und an den Bürgern vorbei Entscheidungen getroffen werden. Dem ist nicht so. Gegen die Vorwürfe der Mauschelei hinter verschlossenen Türen haben sich Gemeinderat und Bürgermeister mehrmals verwahrt.
Die Stadt stellt einen Teilflächennutzungsplan auf. Seit 2018 läuft das Verfahren. Da sich die rechtlichen Rahmenbedingungen seither immer wieder geändert haben, steht es noch am Anfang. Gerade werden Vogelhorste kartiert. Die Ergebnisse der Untersuchungen sollen im Herbst vorliegen. Verhindern kann die Stadt den Bau von Windrädern mit dem Teilflächennutzungsplan nicht, aber zumindest steuern, wo es Vorranggebiete und wo Tabuzonen geben soll. Sie könnte sich dagegen entscheiden, kommunale Flächen, die in einem möglichen Vorranggebiet liegen, an einen Projektierer zu verpachten. Auf Flächen in Privatbesitz hingegen hat sie keinen Einfluss. Genehmigungen für den Bau der Anlagen erteilt sie auch nicht, das ist Sache des Landratsamtes. Würde die Stadt keinen Teilflächennutzungsplan aufstellen, könnte ein Projektierer einfach mit Grundstückseigentümern verhandeln und, wenn alle Auflagen erfüllt sind, auch bauen.
Hinter verschlossenen Türen bleibe nichts verborgen, hatte Bürgermeister Christoph Niesler immer wieder versichert. »Wir wollen einen Bürgerdialog stattfinden lassen«, betont der Stadtchef. Und: »Es dürfen auch diese Möglichkeiten der Demokratie genutzt werden«, wie einen Einwohnerantrag zu stellen.
In einer öffentlichen Gemeinderatssitzung Juli 2021 legten Stadt, Planer und Projektierer den aktuellen Stand der Arbeit am Aufstellen des Teilflächennutzungsplans dar. Raum für Diskussion und Fragen der Bürger gab es dabei aber nicht. Eine weitere Infoveranstaltung wie in anderen Gemeinden, moderiert vom Forum Energiedialog, gab es noch nicht. Das hatte die BI unter anderem bewogen, den Einwohnerantrag zu stellen. Vergangene Woche habe es dann ein Vorgespräch im Rathaus über die Vorgehensweise gegeben, wie Niesler informiert. Denn in der Sitzung am Dienstagabend hatte der Gemeinderat schließlich über den Einwohnerantrag zu beraten.
Zulässig ist der Einwohnerantrag. Er erfüllt alle Formalitäten, die in der Gemeindeordnung des Landes Baden-Württemberg geregelt sind wie die Nennung von drei Vertrauenspersonen – das sind Diana Baumeister, Stephan Rudolph und Pia Herkewitz – und das Vorliegen von Unterschriften in ausreichender Zahl. Für Trochtelfingen müssten das mindestens 200 sein, die BI hat 442 von Trochtelfinger Bürgern und etwa 70 von Einwohnern anderer Gemeinden gesammelt.
Einige der Forderungen und Antworten in Kürze im Überblick:
- Gemeinderat und Bürgermeister sollen die »notwendigen Schritte gegen den geplanten Windpark Trochtelfingen« unternehmen.
»Wir sehen es als unsere Verpflichtung, nicht nur die Auffassung einer Gruppe zu berücksichtigen, sondern auch andere in der Bürgerschaft vorliegende Meinungen und Interessen sowie unterschiedliche Sachargumente und sachliche Erwägungen. […] Wir sehen uns weder verpflichtet noch befugt, noch halten wir es für sinnvoll, die geäußerte Forderung […] unmittelbar und umgehend umzusetzen.«
- Die BI möchte Informationen über Größe und Lage des geplanten Vorranggebiets, zu Anzahl und Größe der geplanten und maximal zulässigen Windkraftanlagen sowie zu Zwischenständen über die erforderlichen Gutachten.
Der Verwaltung und dem Gemeinderat lägen noch kein neuer Sachstand, keine neuen inhaltlichen Erkenntnisse vor, als sie in der öffentlichen Gemeinderatssitzung im Juli 2021 vorgestellt worden seien. Über Größe und Anzahl möglicher Windräder kann die Gemeinde keine Angaben machen. Der Bürgermeister erklärte zusätzlich zur schriftlichen Antwort, dass seitens eines Projektierers in der Vergangenheit von neun Anlagen die Rede gewesen sei. Allerdings hängen diese Zahlen von der Größe des Vorranggebiets ab, das ja noch nicht klar definiert sei. Daniela Baumeister erklärte aber, dass die BI Kenntnis von einem Schreiben habe, in dem die Windkraft-Firma 10 bis 15 Anlagen nennt. Niesler: »Bis die Teilflächennutzungsplanung nicht abgeschlossen ist, steht nichts fest.«
- Einblick in das Ausschreibungsverfahren zu Windkraft Trochtelfingen
»Es hat kein Ausschreibungsverfahren zu Windkraft in Trochtelfingen stattgefunden. […] Grundsätzlich ist zudem zu sagen, dass die Inhalte von Ausschreibungen inklusive sämtlicher Eckdaten bis zur Vergabe vertraulich zu behandeln sind.«
- Informationen zum Stand der Vertragsabstimmungen mit den Eigentümern der Grundstücke im Vorranggebiet
»Die Stadt Trochtelfingen kann (dazu) keine Angaben machen, da sie über keine Informationen hierzu verfügt. Die geltenden Datenschutzbestimmungen würden zudem nicht erlauben, Namen einzelner Grundstückseigentümer öffentlich bekannt zu geben. […] Immobilienhandel und Verpachtung unterliegen in Deutschland dem Privatrecht und damit dem Datenschutz […].«
- Begleitend zu allen Planungsschritten beantragt die BI einen fachlich fundierten Bericht über die gesundheitlichen Auswirkungen eines Windparks auf der Gemarkung Trochtelfingen hinsichtlich des Einflusses von Lärm und Infraschall auf die Gesundheit der Einwohner von Trochtelfingen.
»Die Einflüsse von Lärm/Schall fließen bei der Flächennutzungsplanung mit Rücksicht auf die dafür geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen in Form von Mindest- und gegebenenfalls Vorsorgeabständen zur Wohnbebauung ein und werden in dem Sinne im weiteren Verfahren berücksichtigt. […] In einem späteren eventuellen Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz muss der jeweilige Antragsteller zudem im Einzelfall darlegen, dass alle Vorgaben zum Schutz der Gesundheit der Anwohner, insbesondere die geltenden Lärmrichtwerte, eingehalten werden. […] Die Verwaltung nimmt das Thema gesundheitliche Auswirkungen von Windenergieanlagen, Lärm und Infraschall als Thema auf, das im weiteren Dialog angesprochen und behandelt werden soll.«
- Die BI fordert Einsicht in die Ausgaben-/Einnahmeplanung und Geschäftsmodell Windkraft Trochtelfingen, eine Aufstellung zu den gesamten Planungskosten für den Windpark Trochtelfingen, eine Ausgaben- und Einnahmeplanung der Gemeinde zu ihrem Anteil an den geplanten Windrädern, Aussagen zum Geschäftsmodell für den Windpark Trochtelfingen.
»Zum jetzigen Zeitpunkt sind die Windparkplanungen noch nicht ausreichend konkret, als dass die geforderten Einnahmen- und Ausgabenplanungen oder ein konkretes Geschäftsmodell vorliegen könnten. […] Die Frage nach der Möglichkeit der Beteiligung der Einwohner wurde in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats am 6. Juli 2021 bereits von Sowitec als potenziellem Betreiber erörtert und grundsätzlich positiv beantwortet. […]«
Bürgermeister Christoph Niesler hat zugesagt, dass die Forderungen der Bürgerinitiative und die Antworten der Stadt auf der Homepage der Stadt veröffentlicht werden, damit jeder Einsicht nehmen kann. Denn auch in der Gemeinderatssitzung wurden die einzelnen Punkte nicht ausführlich vorgetragen. (GEA)

