PFULLINGEN. Dieser Mann ist wahrlich kein Unbekannter in der Echazstadt. Auch in der Region ist der Name des erstklassigen Musikers vielen Leuten ein Begriff. Michael Wödl ließ über 34 Jahre lang seine Trompete zur Eröffnung der Markttage vom Turm der Marienkirche in Reutlingen erklingen, spielte über zehn Jahre bei der Neuen Donauschwäbischen Blasmusik mit, hilft bis heute bei Bedarf gerne bei den unterschiedlichsten Kapellen im Umkreis aus, ist öfters als Musiker kleiner Ensembles, zum Beispiel bei Beerdigungen, gefragt und garniert so manche Veranstaltung mit böhmisch-mährischer Blasmusik bei den Weinberg Musikanten. Vor allem ist der Pfullinger aber bekannt als Musiker und langjähriger Chef des Musikvereins Stadtkapelle. Vor Kurzem ist allerdings dieser Teil der Ära zu Ende gegangen, denn bei der letzten Hauptversammlung Ende März hat Wödl seinen Abschied aus der Führungsriege genommen.
Der Pfullinger ist bereits seit Kindertagen Mitglied des Musikvereins, lernte dort im Alter von neun Jahren das Trompetenspielen. Erste Erfahrungen in der Vereinsführung sammelte er im Ausschuss schon Mitte der 80er-Jahre als Beisitzer. Zum Amt des Vorsitzenden sei er auf eher ungeplante Art gekommen, schmunzelt der Augenoptiker- und Hörgeräteakustikermeister, der 1989 in Mössingen sein eigenes Fachgeschäft für Optik & Akustik eröffnete. Zu Beginn der 1990er-Jahre hätten viele der Jüngeren etwas im Verein ändern, eingefahrene Wege verlassen und einen Generationswechsel vorantreiben wollen. »Mir Junge waret damals scho a bissle d’Rebella«.
1994 gründet er Gemeinschaft musizierender Vereine Pfullingen
Als die damalige Vorstandschaft um Xaver Hermanutz abgewählt wird, übernimmt Wödl 1994 hinter Jörg List die Position des Zweiten Vorsitzenden, und als sich List 1997 nach nur einer Wahlperiode von seinem Posten wieder verabschiedet, habe er gedacht: »Dann mach i halt Erster.« Weil 1999 die Heimattage Baden-Württemberg in Pfullingen stattfinden sollten, die jeweils von den örtlichen Vereinen maßgeblich mitgestaltet werden und riesige Organisation und enorme Vorbereitungen mit sich bringen, gründete der neue Stadtkapellen-Boss 1994 gemeinsam mit anderen Vereinschefs die Gemeinschaft musizierender Vereine Pfullingen (GMV) und wird zum Sprecher ernannt.
»Dienstagabends einfach ins Probelokal kommen und Musik machen«
»Damals haben viele gemeint, dass ich wohl eine Schlüsselkarte fürs Rathaus hätte«, grinst Wödl über die vielen Besprechungsstunden mit der Verwaltung. Die Heimattage gingen erfolgreich über die Bühne, heute sieht sie der scheidende Stadtkapellenchef als eine der wichtigsten und größten Veranstaltungen seiner Vorstandszeit. »Wegen der Fernsehaufnahmen oder wegen des Festzugs durften die beteiligten Vereine aus Musikverein, Albverein, Liederkranz, Spielmanns- und Schalmeienzug, Trachtenverein Echaztaler sowie Männergesangverein Eintracht damals ihre von den Mai- oder Kirbemärkten gewohnten Standorte für ihre Zelte und Stände auf dem Marktplatz nicht nutzen.« Ein Ausweichort war mit dem Schlösslespark schnell gefunden.
Das Schlösslesparkfest, das bis heute alljährlich unzählige Besucher anzieht, war damit als feste Veranstaltung im städtischen Jahreskalender geboren. Ein Glanzpunkt seiner Vorstandszeit sei aber auch das 100-Jahr-Vereinsjubiläum 2003 mit einem Festzug zum alten Festplatz auf der Karlshöhe gewesen, resümiert Wödl. Die Jugendarbeit im Verein sei ihm immer wichtig, aber leider nicht immer von Erfolg gekrönt gewesen. Weil das Freizeitangebot für die Kids immer größer und vielfältiger werde, Jugendliche vor allem dahin gingen, wo ihre Freunde seien, oder aber auch wegen Ausbildung oder Studium aus Pfullingen wegzögen, habe manche Idee in den vergangenen Jahren einfach nicht gegriffen. »Dank der Zusammenarbeit mit der Musikschule oder durch die Bläserklasse der Realschule und zuletzt etwa der Bildung des sinfonischen Jugendorchesters funktioniert’s jetzt so langsam.«
Viel Zeit gekostet
In all den Jahren als Funktionär habe der selbstständige 64-Jährige vieles neben der Ausübung seines Berufs erledigen müssen. »Es kommen Anrufe oder E-Mails, dies und jenes muss erledigt werden, bei größeren Veranstaltungen war’s noch mehr. Auch hat mich der Bürgermeister öfters mal tagsüber angerufen und gemeint, er habe eine Idee.« Das alles habe im Endeffekt eine Menge Zeit gekostet, bilanziert Wödl rückblickend.
Jedoch sei das Beschließen von Vereinbarungen in früherer Zeit wesentlich einfacher gewesen als heute. »Früher hat man beraten, manchmal vielleicht auch rege diskutiert, aber man hat dann Entscheidungen getroffen und vor allem umgesetzt.« Heute müsse man bei den unterschiedlichsten Gremien nachfragen und öfters schon getroffene Beschlüsse wieder revidieren.
Seinen Rücktritt habe er rechtzeitig bekannt gegeben. »Ich werde im Mai 65 Jahre alt und noch mal drei Jahre wollte ich einfach nicht.« Außerdem sei im Moment eine Mannschaft da, die die Vereinsleitung übernehmen könne, wobei er jederzeit im Bedarfsfall Hilfe leisten werde. Jetzt wird der zweifache Vater mehr Zeit für die beiden schon erwachsenen Kinder, fünf Enkel und seine Ehefrau Ingrid oder für das Reisen mit seinem Wohnmobil haben. Wobei er nach eigenem Bekunden »gar net so viel mehr Zeit« habe, weil sein Betrieb jetzt an erster Stelle stehe, er sich schon Gedanken über eine Übergabe an seine Tochter mache, er natürlich auch weiterhin bei Veranstaltungen seiner Stadtkapelle mitspielen oder anderen Kapelle aushelfen wolle. »Dienstagabends einfach ins Probelokal kommen und Musik machen, sonst keine Vereinsarbeit mehr«, freut sich Wödl auf die kommenden Monate. »Trompete zu spielen, war immer a schees Hobby und isch’s auch heit no«, betont der Hobbymusiker abschließend. (GEA)