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Aktuell Führung

Spannende Geschichten auf dem Weg rund um und durch Gächingen

Die Ortsgruppe Gächingen des Schwäbischen Albvereins leistete mit seiner Führung durch die Gemeinde einen Beitrag zu den Feierlichkeiten anlässlich des 750-jährigen Bestehens.

Überraschungsgast Joachim Wilhelmy veranschaulicht die Flachsbearbeitung
Überraschungsgast Joachim Wilhelmy veranschaulicht die Flachsbearbeitung Foto: Gabriele Bimek
Überraschungsgast Joachim Wilhelmy veranschaulicht die Flachsbearbeitung
Foto: Gabriele Bimek

ST. JOHANN-GÄCHINGEN. Eine organisierte Themenwanderung steuerte der Schwäbische Albverein Ortsgruppe Gächingen in einer Reihe von Veranstaltungen zur 750 Jahr-Feier bei. Start und Ziel der zwei beziehungsweise sechs Kilometer langen Strecken durch und um den St. Johanner Ortsteil war die Schulscheuer. »Was ich weiß und ihr wisst, das tragen wir zusammen und bringen so viel mit nach Hause«, hält der Albverein fest. »Die erste urkundliche Erwähnung ist 1275. Aber das verstand ich nicht, war doch eigentlich zehn Jahre früher, also 1265 das große Datum, als das Herzogtum Urach zu Württemberg kam«, brachte Vorsitzender Andreas Goller ein. Die Siedlung Gächingen sei sehr viel älter und kulturell habe sich sehr viel abgespielt. Auch Überraschungsgast Joachim Wilhelmy wusste viel zu berichten, hatte sich für seine Führungen in Büchern, Unterlagen und Gesprächen mit Einheimischen einen Überblick verschafft. Nicht auf Schwäbisch, sondern in seinem rheinischen Dialekt erzählte er von der ehemaligen Partymeile, die sich direkt neben seinem Haus in der Neuen Steige befunden haben muss. Laut dem damaligen Maler Eduard Niethammer wurde hier anno 1929 die Fahnenweihe des Kriegsvereins gefeiert mit zwei Schiffschaukeln, einem »Hau den Lukas«, Schießstand und einer Würstelbude. »Wer hätte das gedacht. Man kann es sich nicht vorstellen«, meinte Wilhelmy und spielte dazu Musik ab. Der ehemalige Münsinger Gymnasiallehrer wies auf die ebene Fläche hin, wo das Festzelt gestanden haben soll. Nicht gerade glücklich seien die Bauern gewesen, hätten doch die Festbesucher die Wiesen »zerdappt«. Außerdem sei die Aussicht und die Akustik an diesem Berg hervorragend. »Wie in einer Arena, das Glockengeläut kommt hier sehr laut an«, scherzte er.

In drei Richtungen führten einstmals Wege

An dieser alten Steige habe weiter unten der Kindergarten gestanden und das Haus einer älteren Frau, vor der die Kinder Angst gehabt hätten. Zudem wurden hier Steine abgebaut, um die neu angelegte Straße aufzufüllen. Von der Quelle in der Ortsmitte ging je ein Weg ab Richtung Gomadingen, Lonsingen und Sirchingen, aber keiner den steilen Berg hinauf nach Dottingen. Mit Fotografien dokumentierte er die Entwicklungen im Dorf, die Höhenunterschiede, zeigte Abbildungen von der ersten Dreschmaschine von 1932. »Flachs hat außen rum harte Fasern, innen einen weichen Kern. Aber wie komme ich da ran?« stellt er die Frage ans Publikum. Für die Flachsbearbeitung war am Berg eine Brennstatt eingerichtet, die wegen Brandgefahr in sicherer Entfernung zur Ortschaft zu stehen hatte. Dort wurde die Flachsgarbe auf dem Rost über dem angeheizten Ofen erwärmt. Am Brechstuhl und am Schwingstock demonstrierte er die weitere Verarbeitungsweise. »Ich hatte vermutet, dass das nach dem Krieg aufhörte.« Von Munz Junior habe er dann erfahren, dass weiterhin Flachs angebaut wurde.

Über den Steinbruch und Vulkangestein in die Schulscheuer

Goller begleitete die Gruppe zum Steinbruch mit Steine klopfen, weiter vom Katzensteig zum Alten Hau zu den bronzezeitlichen Grabhügeln, zum Vulkanschlot mit ganz anderem Gestein. Ein markanter Punkt sei Metzgers Tanne, die eigentlich eine Fichte war und für die inzwischen ein Mammutbaum gepflanzt wurde. Oder Wanderers Kreuz, benannt nach Alfred Wanderer, den 1920 ein Wilderer erschossen habe. Es sei vermutet worden, dass dieser sich nicht mehr sicher wähnte, weil Alfred über seine Machenschaften Bescheid wusste. Er wurde entlarvt und in Rottenburg ins Zuchthaus gesteckt. Weitere Stationen waren Richtung Gomadingen die Wüstung Zizelhausen, einem verlassenen Weiler aus dem 16. Jahrhundert und einer mit Gebüsch zugewachsenen Höhle. Hier sollen 1929 Knochen von Tieren ausgegraben worden sein, weiß Goller.