HOHENSTEIN. »50 Jahre Hohenstein – das ist ein halbes Jahrhundert gelebte Geschichte«, sagte Bürgermeister Simon Baier zum Auftakt der Feierlichkeiten am Samstagabend bei herrlichem Sommerwetter auf dem Gelände der Hohensteinschule. Man wolle nicht nur das Datum und den Verwaltungsakt feiern, an dem sich die fünf bis dahin selbstständigen Ortsteile Eglingen, Bernloch, Oberstetten, Ödenwaldstetten und Meidelstetten zur Gemeinde Hohenstein zusammenschlossen. Vielmehr gehe es um den Weg, der vor 50 Jahren begonnen und seither mit Weitblick und Zusammenarbeit beschritten wurde.
Jeder Ort hatte stets seine eigene Identität, Traditionen und Stärken. Klar war: »Wenn wir diese Stärken zusammenbringen, können wir vieles erreichen.« Das Zusammenwachsen brauchte Zeit, Vertrauen und vor allem Menschen, die vorangegangen sind. »Ohne all jene, die den Zusammenschluss begleitet, die Gemeinschaft getragen und manchmal auch ertragen haben, ohne deren Einsatz wären wir heute nicht hier«, sagte Baier. Man wolle nicht Strukturen, Beschlüsse und Verträge feiern, sondern die Menschen in Hohenstein, die entstandene Gemeinschaft und den Zusammenhalt. Denn es seien die Lebensgeschichten, die eine Gemeinde prägen: »Unsere engagierten Feuerwehrleute, die vielen helfenden Hände in unseren Vereinen und zahlreiche Ideen, die Hohenstein vorangebracht haben.«
Herausforderungen gab es immer
Schon immer habe es Herausforderungen gegeben, sie würden auch in Zukunft mit Digitalisierung, Klimawandel und demografischem Wandel nicht einfacher werden. Der ländliche Raum müsse sich behaupten, ohne sich zu verbiegen, und als Lebensraum lebendig bleiben. »Bleiben wir also auch weiterhin offen für Neues und für Entwicklung. Behalten wir bei, was uns ausmacht, schätzen wir Gutes aus der Vergangenheit wert und machen wir uns für die Zukunft stark«, forderte Baier die Gemeindemitglieder auf. Das »Wir-Gefühl« müsse gepflegt werden, dafür bräuchte es Räume für Begegnungen und ein Miteinander. »Bleiben wir mutig wie 1975, lassen wir Diskussionen zu, ohne zu spalten, packen wir gemeinsam an.«
Philipp Hirrle, Ordnungsdezernent beim Landratsamt Reutlingen, war kurzfristig für den verhinderten Landrat Dr. Ulrich Fiedler eingesprungen und verstand es, mit seinem Grußwort zu fesseln. Er verglich die Gemeindefusion mit einer Ehe, sprach von einem »gleichermaßen echten und aufrichtigen Interesse am jeweils Anderen«. Das aber habe es in Hohenstein vor 50 Jahren nicht gegeben, die Skepsis war groß. Allerdings fürchtete jeder die »Drohkulisse«, durch zwangsweise Eingemeindung nach Engstingen die rote Linie überschreiten zu müssen. Also trafen sich die Bürgermeister aus Bernloch, Meidelstetten, Oberstetten und Ödenwaldstetten, ein Landtagsabgeordneter und ein Kreisobmann vom Landratsamt und einigten sich zur Fusion: »Und sie beschlossen, Eglingen als fünften Ort hinzuzunehmen«, sagte Hirrle. »Danke«, kam der spontane Ruf aus dem Publikum.
Zusammenschluss alternativlos
50 Jahre später könne man diesen Zusammenschluss als alternativlos bezeichnen. Die Verwaltung des Gemeinwesens werde seit Jahrzehnten komplexer, der Bedarf vieler Köpfe im Rathaus und kompetenter Fachleute sei groß. Damals befürchteten die Menschen den Verlust an Bürgernähe. Dieser Aspekt sei heute aktueller denn je. »Wir haben tiefe Gräben zwischen Bevölkerung und Behörden, es gibt ein Akzeptanzproblem.« Mitmenschen wenden sich ab, Abgeordnete werden angegriffen, Reichsbürger seien auf dem Vormarsch. »Die Idee der kommunalen Selbstverwaltung gibt es seit 200 Jahren in Baden-Württemberg. Sie ist ein zentraler Bestandteil der Demokratie. Es ist keine Selbstverständlichkeit, sie zu erhalten, sondern eine der größten Herausforderungen unserer Zeit«, sagte Hirrle. Entscheidungen müssten transparent getroffen und Bürger mitgenommen werden. Dafür wünschte er Hohenstein Ausdauer, die notwendige Gelassenheit, Mitgestaltungsmöglichkeiten und Entscheidungen, die am Gemeinwohl orientiert sind.
Dieses Gemeinwohl lag der Firma SchwörerHaus in Oberstetten schon immer am Herzen. Geschäftsführer Johannes Schwörer erinnerte an den Firmengründer Hans Schwörer, mit dessen Stiftung vieles in Hohenstein unterstützt werden könne. Auch er selbst sei hier zu Hause, fühle sich wohl und zeigte sich froh darüber, dass die anfängliche Distanz der einzelnen Ortsteile aufgrund der unterschiedlichen Konfessionszugehörigkeit überwunden sei. Zentral für den Erfolg des Miteinanders führte Schwörer das Schulzentrum mit Hohensteinhalle, das Gesundheitszentrum PORT und die Feuerwehr sowie die Vereine an. Einer, der 24 Jahre lang für diesen Erfolg verantwortlich war, ist der frühere Bürgermeister Jochen Zeller.
Musikalische Umrahmung
Sein Wirken ist heute laut Bürgermeister Simon Baier in der gesamten Gemeinde »unverkennbar«. Ihm sei es gelungen, die Einheit der fünf Ortsteile als Gemeinde Hohenstein zu festigen. Dafür wurde Zeller die Ehrenbürgerschaft verliehen, die bisher nur sein Vorgänger Wilhelm Hägele und Hans Schwörer zuteilwurde. »Diese Auszeichnung bedeutet mir sehr viel«, meinte der Geehrte gerührt. Er sei 24 Jahre lang sehr eng mit Hohenstein verbunden gewesen, war sehr gerne Bürgermeister. »Hohenstein ist mir ans Herz gewachsen, es war eine besondere und spannende Zeit«. Musikalisch umrahmt wurde die Feierstunde von rund 70 Sängerinnen und Sänger aller vier Hohensteiner Chöre, sowie von Jugendkapellen. Zum ersten Mal wurde der Imagefilm über Hohenstein gezeigt, der bei den Festgästen sehr gut ankam. Auch am Sonntag wurde mit Gottesdienst, Konzerten und Auftritten von Kindergärten, Schulen und Musikvereinen weitergefeiert. Das bunte Rahmenprogramm rundete die gelungene Jubiläumsfeier ab, bei der Hohensteiner Vereine bewirteten. (GEA)