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Schräge Gaukelei und klare Töne in Gächingen

Dietlinde Ellsässer und Hans Förster gastieren mit ihrem »Theater unterwegs« in Gächingen

Auf dem Weg zu den Menschen: Dietlinde Ellsässer und Hans Förster reisen mit ihrem Theaterwagen von Ort zu Ort. FOTO: BIMEK
Auf dem Weg zu den Menschen: Dietlinde Ellsässer und Hans Förster reisen mit ihrem Theaterwagen von Ort zu Ort. FOTO: BIMEK
Auf dem Weg zu den Menschen: Dietlinde Ellsässer und Hans Förster reisen mit ihrem Theaterwagen von Ort zu Ort. FOTO: BIMEK

ST. JOHANN-GÄCHINGEN. Wonderfitzig, leabig und mordsmäßig – Dietlinde Ellsässer kennt sich im Schwäbischen aus. Sprache, Eigenarten und Gepflogenheiten sind ihr mehr als vertraut, sie weiß Bescheid über die Besonderheiten, berühmte Dialoge und Knitzheit der Schwaben und was sie ausmacht. Jetzt machte sie mit ihrem »Theater unterwegs« Halt in Gächingen. Allerdings mit kurzfristiger wetterbedingter Änderung – statt historischem Schlüter 6-Zylinder Traktorgespann samt rotem Theaterwagen auf dem Dorfplatz bildete der Saal des Dorfgemeinschaftshauses die Kulisse.

Kurzerhand unters Dach

»Der flexible Ortsvorsteher Brändle hat sofort geöffnet und lösungsorientiert gehandelt«, unterstreicht die Mitbegründerin des Lindenhof-Theaters Melchingen. Das sei nicht selbstverständlich und zeige Gastfreundschaft. Sie empfahl den 25 Besuchern, mal alleine fortzufahren und dort Gastfreundlichkeit spüren zu dürfen, wo nicht alle hinreisen. Aus einem Wutbürger ein Mutbürger zu werden, der sich was traut und Gespräche mit wildfremden Leuten sucht. Vor allem die Narredei bleiben zu lassen, da sie jedes Organ stresse und Freude verloren gehe. Lieber Freudenkigele zu treffen mit Tönen, wie das Hans Förster mit seiner Konzertharfe schaffe. »Der bezaubernde Herr Förster, der nicht im Wald schafft«, kündigt die Kabarettistin ihren musikalischen Begleiter an und hüpft und tanzt mit »Chrischta« aus dem Publikum zu »Be With Me«. Er streichle die Harfe wie kein anderer, mit Fingerspitzengefühl, mit Westfalenhänden und nicht mit Wurstfingern an Schwabenhänden. Eine köstliche Zusammenarbeit als Vorbild, mit und ohne Pedale. Was es mit diesen auf sich hat, wie viele Saiten gespannt sind auf diesem Instrument aus Birke und Birne, dazu gab der Harfenist Auskunft. Hier sei langes Üben angesagt samt Willenskraft in den Händen und im Inneren, weiß Ellsässer.

Die beiden sind mit ihrer Wanderbühne bis Juli in Albgemeinden unterwegs. Und kein Auftritt ist wie der andere, auch nicht die Zugaben. Die Schauspielerin geht auf das Publikum zu, fragt aus, kommt mit den Menschen in Kontakt und in Bewegung. Dementsprechend wird improvisiert, mit den Zuschauern gschwätzt wie mit Elisabeth und Erhard, der mit einem Schnurrbart auf die Welt gekommen sei. Ihm gibt sie den Tipp, ein Tagebuch zu führen und nur einen Satz für jeden Tag zu notieren, wie es in dem Buch »99 Gratisideen für ein schönes Leben« empfohlen werde. Als Geschenk für Besucherin Uschi zum Beispiel, die zu spät zur Vorstellung kommt und zur Gaudi aller viele Fragen und Bemerkungen von Ellsässer über sich ergehen lassen muss.

Deren Grundgedanke ist, zurückzufinden zur Lebensfreude, Freude rauszutragen und wie im Schneeballsystem weiterzugeben. »Wir leben immer noch trotz alledem in einem satten, demokratischen Land«, stellt die freie Theatermacherin fest. Sich nicht einengen ist ihr Stichwort, sich füreinander öffnen, vor allem zusammen was machen. Dafür gehen sie zu den Menschen mit ihrem Theater, wollen Impulse geben, um lebendiger zu werden. »Jede Sekunde ist Lebenszeit, es sind Augenblicke wie Sternschnuppen. Macht was draus!« (mek)