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Pfarrhaushälterin aus Westerheim: So lebt es sich mit einem Pfarrer

Petra Leigers ist Pfarrhaushälterin in Westerheim und Bundesvorsitzende des Berufsverbands

Pfarrhaushälterin Petra Leigers mit ihrem Chef, Pfarrer Karl Josef Enderle, beim gemeinsamen Frühstück.  FOTO: LENK
Pfarrhaushälterin Petra Leigers mit ihrem Chef, Pfarrer Karl Josef Enderle, beim gemeinsamen Frühstück. FOTO: LENK
Pfarrhaushälterin Petra Leigers mit ihrem Chef, Pfarrer Karl Josef Enderle, beim gemeinsamen Frühstück. FOTO: LENK

WESTERHEIM. »Wir sind keine schüchternen Mäuse, die alles für den Pfarrer tun«, sagt Petra Leigers, die Pfarrhaushälterin ist. Sie kennt die Vorurteile, mit der ihr Berufsstand immer wieder zu kämpfen hat. Die 61-Jährige vertritt rund 5.000 Frauen und knapp drei Dutzend Männer, die, wie sie, diese Arbeit bei katholischen Geistlichen in Deutschland ausüben. Sie ist die Bundesvorsitzende des Berufsverbands der Pfarrhaushälterinnen (PFHH).

Petra Leigers steht in der Küche des Pfarrhauses in Westerheim (Alb-Donau-Kreis), einen Steinwurf von der Christkönig-Kirche entfernt. In der Pfanne brutzeln Fleischküchle mit Bratkartoffeln. Das Leibgericht von Pfarrer Karl Josef Enderle. Petra Leigers weiß ganz genau, was der vier Jahre ältere Seelsorger gern isst und was nicht. Kein Wunder, die Pfarrhaushälterin steht seit 1993 in Diensten des Geistlichen. Sie folgte ihm von Friedrichshafen nach Schwäbisch Hall. Seit zehn Jahren kümmert sie sich auf der Mittleren Alb um das Wohlbefinden ihres Chefs, der dort für rund 5.000 Schäfchen zuständig ist. »Seit mehr als 30 Jahren leben wir wie ein altes Ehepaar zusammen«, lacht Leigers übers ganze Gesicht. »Wie teilen uns alles, bis aufs Schlafzimmer.«

Geregelte Arbeitszeit und Urlaub

Die ledige Frau zählt zu einer aussterbenden Spezies. Die Zahl der Pfarrhaushälterinnen sinkt stetig. Leigers muss es wissen, denn sie ist seit 14 Jahren Bundesvorsitzende der Berufsgemeinschaft dieser Berufsgruppe. Im Gegensatz zu Pfarrer Enderle verzichten inzwischen viele seiner Amtsbrüder auf eine Hilfe im Haushalt. Das spart ihnen Geld, denn sie müssen die Wirtschafterin aus der eigenen Tasche bezahlen. Von der Diözese gibt es nur einen Zuschuss. Und der ist innerhalb der 27 Bistümer Deutschlands verschieden hoch. Beihilfen von bis zu 80 Prozent seien eher die Ausnahme, so Leigers. Einzigartig ist die Regelung des Bischöflichen Ordinariats der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Dort sind die Frauen, so wie Leigers, je zur Hälfte bei der Kirche und beim Pfarrer angestellt.

Aktuell vertritt die Bundesvorsitzende rund 2.000 aktive Pfarrhaushälterinnen, seit ein paar Jahren zusätzlich rund 30 männliche Helfer sowie 3.000 Seniorinnen, die offiziell im Ruhestand sind, den Pfarrern aber weiterhin den Haushalt führen. Viele von ihnen sind Angehörige des jeweiligen Geistlichen, oft verbringen sie zusammen den Lebensabend.

Unter einem Dach mit dem Pfarrer

In den vergangenen Jahren hat sich der Trend zur Teilzeit in den Pfarrhäusern durchgesetzt. Die Frauen sind nur noch einen halben Tag bei den Seelsorgern, um zu putzen, zu kochen und zu waschen. Den Rest verbringen sie zu Hause bei der Familie. Nur noch etwa 50 Prozent der Haushälterinnen leben, so wie die Bundesvorsitzende, unter einem Dach mit dem Pfarrer.

Leigers bedauert, dass ihre Tätigkeit nicht als Beruf im kirchlichen Dienst anerkannt wird und es keine konkrete Ausbildung gibt. Deshalb ist die Entlohnung auch nicht einheitlich geregelt. Ebenso die Wohnsituation. Ihr geht es, nach eigenen Worten, »ausgesprochen gut«. Die 61-Jährige hat neben ihrem Schlafgemach noch ein Büro, ein eigenes Bad und eine eigene Toilette. Von Kolleginnen weiß sie, dass einige nur eine knapp zehn Quadratmeter große Kammer haben und die sanitären Einrichtungen mit dem Pfarrer teilen müssen.

Offiziell haben die Pfarrhaushälterinnen eine 39,5-Stunden-Woche und 30 Tage Urlaub. Apropos Urlaub. Verbringt das »alte Ehepaar« Leigers/Enderle auch die schönste Zeit im Jahr zusammen? Nein, lacht die 61-jährige Westfälin. »Mich zieht es an die Nordsee, den Pfarrer in die Berge.« Gemeinsam haben sie zwei Golden Retriever, Faye und Elora. Mit den Hunden gehen sie ab und zu gemeinsam über die Alb spazieren.

Nicht nur die Arbeit bei Pfarrer Enderle macht ihr viel Spaß. Auch die Arbeit im Bundesverband. »Ich setze mich gerne für meine Kolleginnen ein.« Ihre Verhandlungspartner sind in erster Linie die 27 Bischöfe, von denen sie die meisten persönlich kennt. Berührungsängste hat sie keine. Sie hat auch schon dem Papst geschrieben, ihn darauf aufmerksam gemacht, dass sich immer weniger Priester eine Haushälterin leisten können. In Italien und Frankreich zum Beispiel müssen die Geistlichen ihre Perle zu 100 Prozent aus der eigenen Kasse entlohnen.

Leben wie in der WG

Leigers schreibt auch Artikel für das Fachmagazin »Verena«, benannt nach der Schutzpatronin der Pfarrhaushälterinnen. Dort sind auch zwischenmenschliche Beziehungen zwischen Wirtschafterinnen und Pfarrern ein Thema. Also gibt es das nicht nur im Film, sondern auch im richtigen Leben? Nach dem Motto »Seid fruchtbar und mehret euch«, wie es in der Bibel steht? »Das kommt sehr selten vor, aber doch immer wieder mal«, antwortet Leigers nachdenklich. Dann rät sie den Frauen, »offen und ehrlich mit den Gefühlen umzugehen«. Auch mit dem Wissen, dass dann eine Kündigung ansteht. In vielen Arbeitsverträgen steht nämlich geschrieben, dass der Zölibat der Pfarrer zu achten und zu respektieren sei. »Ich darf ihn also nicht anmachen«, sagt Leigers mit einem Augenzwinkern.

31 Jahre führt Leigers jetzt schon Pfarrer Enderle den Haushalt. »Manchmal frage ich mich auch, wie ich das ausgehalten habe«, schmunzelt sie. Sie vergleicht ihr Zusammenleben mit einer Wohngemeinschaft. »Natürlich verbindet uns der Glaube«, fügt sie hinzu. Und rappelt es ab und zu auch im Pfarrhaus? Natürlich. Nur mit dem Unterschied, dass dann nicht die Fetzen fliegen und die Türen knallen. Wenn Leigers ihren Chef mit »Hochwürden« und er sie als »Rosshauptnerin« anspricht, so heißt die Perle von TV-Serienpfarrer Braun, wissen beide, dass etwas nicht in Ordnung ist.

Mitte April stehen die Wahlen für eine neue Bundesvorsitzende an. Nach drei Amtsperioden darf die aktuelle Chefin laut Satzung nicht mehr antreten. (GEA)