MÜNSINGEN. 227 Aussteller sind noch bis Sonntag in den historischen Getreidespeichern des Alten Lagers und auf dem großen Freigelände anzutreffen. Ihre Produkte rund ums schöne und gute Leben kann man kaufen - gratis obendrauf gibt's die Begegnungen mit den Menschen, die ihre Geschichten erzählen.
Schäferei. »Die haben's mit den Leuten.« Und das beruht auf Gegenseitigkeit. Franz Eberhardt schätzt seine 130 ostfriesischen Milchschafe nicht nur für ihre zutrauliche Art, sondern auch für das, was sie liefern: Den Rohstoff für seinen Käse, den er in seinem Familienbetrieb in Ellwangen-Killingen herstellt. Einen Liter Milch pro Tag gibt ein Schaf am Anfang seiner »Karriere«, seinen Leistungshöhepunkt erreicht es erst mit drei, vier Jahren - dann sind auch drei, vier Liter Milch drin. So eine wollige Friesin kann schon mal zwölf Jahre alt werden - und das darf sie auch: »Die alten Schafe dürfen friedlich einschlafen«, sagt Franz Eberhardt, »mir geht es hauptsächlich um die Milch«. Fleisch und Wolle sind für ihn Nebenprodukte.
Weinkultur. Roberto, Regina, Öxle und Rosa machen es ihren Wengertern nicht einfach. Die Trauben, die hinter den Weinen mit den kreativen Namen und den witzigen Comic-Monster-Etiketten stecken, gedeihen in extremen Steillagen. Gepflegt werden die schwierig zu bewirtschaftenden Weinberge in Kirchheim am Neckar von wenigen Haupt- und vielen Ehrenamtlichen. Unter Regie der Gemeinde ist das Projekt Weinkultur entstanden, das den »Weinberg als Kulturlandschaft und Kulturort« erhalten will, erklären Thomas Nollenberger und Brigitte Wittich an ihrem Stand. Vor Jahrhunderten wurde der Weinbau an die steilen Hänge verlagert: Die leichter zugänglichen Flächen in der Ebene sollten dem Anbau von Lebensmitteln vorbehalten bleiben. 70 Prozent der Reben sind Trollinger. Noch, denn der Ur-Württemberger hat's schwer - nicht nur bei den Konsumenten, sondern auch gesundheitlich. Er gilt als anfällig für Krankheiten und braucht viel Pflege. Weinkultur-Fachleute wie Winzer Thomas Nollenberger arbeiten deshalb eng mit dem Staatsweingut Weinsberg zusammen und ersetzen alte Reben durch neue, widerstandsfähige Züchtungen in Anbau-Versuchen.
Speisekarte. Lammrücken und -schulter, sous vide gegart, auf Alblinsensalat angerichtet und mit kandierten Meerrettichfäden und Tannensalz veredelt: Das Edeka-Küchen-Team um Andreas Miessmer setzt das Schaf kulinarisch in Szene und gibt Messebesuchern feine Probier-Portionen aus. »Lamm aus Neuseeland, das ein Mal um den Globus fliegt, braucht kein Mensch. Unsere Landwirte liefern hervorragende Qualität«, wirbt Miessmer fürs »Württemberger Lamm«, das Edeka vertreibt. Wer es nicht beim kleinen Probier-Happen belassen will, kann sich ein deftiges Lamm-Gyros gönnen. Auch sonst gibt die Speisekarte von Almpizza bis Wildschweinbratwurst Einiges her. Was fehlt, sind Plätze, an denen man sich niederlassen und in Ruhe genießen kann, merkt Manfred Einsle leicht verzweifelt an. In einer Hand den Kaffeebecher, in der anderen den Kuchenteller samt Gabel - wie soll das nur gehen?, fragt sich Einsle, der oft und gerne zur schön & gut und ins Albgut kommt. »Aber es könnte noch ein bissle gemütlicher sein«, wünscht er sich.
Hühner-Bus. Robin und Vanessa Schneider sind mit dem Bus da. Ihrem eigenen Bus. Genau genommen einem Bus-Anhänger, den sie in mehr als zweistündiger Anfahrt mit dem Traktor von Deckenpfronn im Kreis Böblingen nach Münsingen geschleppt haben. Der ausrangierte Linienbusanhänger, der einst im Reutlinger Stadtverkehr auf Tour war, ist jetzt ein mobiler Hofladen. Das junge Ehepaar, das den Hühnerhof mit 2.500 Legehennen in dritter Generation führt, geht kreative Wege in der Direktvermarktung. Der Bus bringt Eier und viele weitere Produkte von befreundeten Höfen an Orte, wo es keine Läden mehr gibt - und zur schön & gut, die die Schneiders vor ein paar Jahren als Besucher für sich entdeckt haben. Jetzt sind sie zum zweiten Mal als Aussteller dabei und haben mit einem echten Klassiker einen Hit gelandet: Die Schneiders hauen ein Spiegelei nach dem anderen in die Pfanne und servieren es auf Brot - pur und lecker.
Kult-Gebäck. Brezeln kann man essen. Man kann sie sich aber auch an einer Kette um den Hals hängen, ins Ohrläppchen oder ans Revers stecken. Meike Eberhardt aus Stuttgart hat das Kult-Gebäck versilbert. Die Idee zum aparten Schmuck hat sie indirekt ihrer Tochter zu verdanken. »Als sie ausgezogen und in die Schweiz gegangen ist, habe ich überlegt, was ich ihr mitgeben könnte«, erzählt die Designerin. Als Wegzehrung von Schwaben in die Schweiz bot sich die Brezel an - auf die längst nicht mehr nur die Tochter steht.
Naschwerk. Riesenboike, Heslacher Luike, Ananasrenette - nie gehört? Diese ungewöhnlichen Namen tragen alte Streuobstsorten, deren Erhalt sich die Obstarche Fils-Alb verschrieben hat. Detlev Heinzmann und seine Mitstreiter kämpfen mit ihrer Interessensgemeinschaft dafür, dass rund 750 Sorten nicht von der Bildfläche verschwinden. Unter anderem mit Dörrobst machen sie Besuchern ihr Anliegen schmackhaft - sortenrein dargereicht soll es die Geschmacksvielfalt erlebbar machen. Detlev Heinzelmanns persönliche Favoritin ist die Ulmer Butterbirne. Zum perfekten Zeitpunkt geerntet und gedörrt entfaltet sie ein intensives, süßes Aroma, das an Feigen erinnert. (GEA)




