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Neue Attraktion im Offenhausener Gestütsmuseum

Schweres Geschütz: Eine Kanone der Ludwigsburger Gardejäger ist die neue Attraktion in Offenhausen

Richard Tröster, Gerhard Kannapin, Klemens Betz und Joachim Erbe (von links) am neuen Standort der  Kanone im Offenhausener Gest
Richard Tröster, Gerhard Kannapin, Klemens Betz und Joachim Erbe (von links) am neuen Standort der Kanone im Offenhausener Gestütsmuseum. Foto: Jürgen Rahmig
Richard Tröster, Gerhard Kannapin, Klemens Betz und Joachim Erbe (von links) am neuen Standort der Kanone im Offenhausener Gestütsmuseum.
Foto: Jürgen Rahmig

GOMADINGEN. Das Offenhausener Gestütsmuseum ist um eine Attraktion reicher. Die Sechspfünderkanone der Württembergischen leichten Gardejäger aus Ludwigsburg ist von der Haid, wo sie zwischengelagert war, von Richard Tröster (Holzelfingen) mit seinem Abschleppwagen nach Offenhausen überführt worden. Dort legte Gomadingens Bürgermeister Klemens Betz höchstpersönlich Hand an, um sie an Ort und Stelle zu bringen.

»Wir kriegen jedes Jahr bestimmt 20 Anfragen von Leuten, die eine alte Kutsche haben, einen alten Amboss, Reitkleidung eines alten Gestütswarts und anderes mehr. Von 100 Anfragen lehnen wir eigentlich 101 ab«, sagt Klemens Betz, während er dabei hilft, eine schwere Glasvitrine im Museum vorsichtig beiseite zu räumen, damit die schwere Kanone an ihren Platz bugsiert werden kann. Betz nennt die Kriterien, um zum Exponat im Gestütsmuseum zu werden: »Erstens muss es zum Thema Pferd passen und zweitens muss es etwas sein, dass wir noch nicht in unserem Museum haben.« Beides trifft auf den im Jahr 2005 angefertigten Nachbau der historischen Kanone aus dem Jahr 1780 zu.

Carl Eugens Artillerie

Joachim Erbe vom Militärhistorischen Museum Engstingen-Haid hatte Gerhard Kannapin und Betz zusammengebracht. Kannapin ist Oberstleutnant der Reserve und war früher bei den Gebirgsjägern. Seit mehr als sechs Jahren ist er Vorsitzender des Garnisonmuseums im Asperger Torhaus in Ludwigsburg.

Die Ausstellung dort zeigt die militärische Vergangenheit des »Schwäbischen Potsdam« von 1736 bis 1994. In der Dauerausstellung »Soldaten, Regimenter und Kasernen« erinnern Uniformen, Ausrüstungsgegenstände, Waffen und andere Realien an die einst in Ludwigsburg stationierten Truppen. Träger dieses Museums ist die Militärgeschichtliche Gesellschaft Ludwigsburg. Die Kanone gehört der Interessengemeinschaft Württembergische leichte Garde-Jäger 1782, sie hat sie der Gesellschaft überlassen, erzählt Kannapin. Diese wiederum hat die Kanone nun dem Offenhausener Museum als Leihgabe weitergegeben.

Die Kanone war bei Auftritten der historischen Gardejäger-Truppe beim Ludwigsburger Pferdmarkt dabei. Regelmäßig waren die Gardejäger mit ihrem Kanonen-Schmuckstück auch beim Klang- und Schönheitswettbewerb der »Schwarzen Jäger« in Erligheim aufgetreten. »Aber die Kanone ist ziemlich groß«, sagt Kannapin, »und man benötigt dafür zwei Pferde, die sie ziehen, sowie vier Mann zum Auf- und Abladen; und man braucht ein Fahrzeug zum Transport.« Schließlich muss sie trocken untergestellt werden. Die Württembergischen leichten Gardejäger von 1782 stellten einst einen Teil der persönlichen Wache und der Haustruppen von Herzog Carl Eugen. Die Gardejäger waren ein Elite-Scharfschützenverband und »leicht« steht für leicht bewegliche (berittene) Garde. Diese Truppe verfügte aber auch über Artillerie, zu der Kanonen wie jene gehörten, die nun im Gestütsmuseum in Offenhausen steht.

Die historische Kanone besteht aus Geschützrohr und Lafette. Die Lafette – abgeleitet von vom französischen l’affût, das Gestell – diente zur Aufnahme des Geschützrohres und gleichzeitig als Fuhrwerk. Bei Feldgeschützen wie dieser Kanone kommt noch die Protze, ein zweirädriger Vorderwagen dazu, auf dem zugleich die Munition mitgeführt wurde. Die Protze trägt die Insignien von Herzog Carl Eugen aus der Zeit um 1780.

Schon vom 15. Jahrhundert an finden sich Spuren vom Gebrauch des Geschützes in Württemberg. In den Anfängen scheint die Artillerie meistens nur leichte »Regimentsstücke«, also Dreipfünder, geführt zu haben. Unter den Herzögen Carl Alexander, Carl Eugen und deren Nachfolger gewann die württembergische Artillerie immer mehr an Bedeutung. Sie war in Württemberg keine Zunft mehr, sondern eine eigene Waffe.

Von der Haid in die Klosterkirche

Solche Geschütze und 500 Mann zogen 1737, gleich nach der Ludwigsburger Stadtgründung, dort in die erste Kaserne ein, die Tal-Kaserne. Diese Kaserne bestand bis 1950.

Die Kanone war zunächst im Ludwigsburger Museum aufbewahrt worden, das Ende September sein 30-jähriges Jubiläum feierte. »Die Kanone war aber zu groß für uns, um sie im Museum selbst auszustellen«, so Kannapin. »Sie ist seit zehn Jahren nicht mehr bewegt worden.« Zuletzt stand sie in der Halle der Militär- und Polizeifahrzeugfreunde auf der Haid, zu denen Kannapin gehört. Dieser fragte bei Joachim Erbe vom Militärhistorischen Museum auf der Haid an, der schließlich das Museum in Offenhausen vorschlug und nun auch den Transport dorthin organisierte.

Das Offenhausener Gestütsmuseum in der gotischen Kirche des ehemaligen Dominikanerinnenklosters »Maria Gnadenzell« präsentiert im Parterre Informationen zur Geschichte des Haupt- und Landesgestüts Marbach. Zu den Exponaten in dem erst vor Kurzem nach der Renovierung wiedereröffneten Museum gehören Kutschen, Schlitten, eine Steigbügelsammlung, Fotos und Dokumente, mit denen die Entwicklung der Pferdezucht in Baden-Württemberg dargestellt wird. Dem Berufsbild des Hufschmieds, Sattlers und Wagners sind eigene Infotafeln gewidmet. Videos und Dias geben näheren Einblick in die Arbeit mit Pferden. Man lernt dort den berühmten Hengst Bairactar kennen, den Begründer der Weil-Marbacher-Vollblutaraberzucht, so-wie Julmond, den Trakehnerhengst.

Und hier steht nun auch der Sechspfünder. »Der Übungsplatz für die Ludwigsburger Artillerie, also auch für diese Kanone, war übrigens Münsingen«, ergänzt Kannapin. »Die Zugpferde für die Geschütze und Lafetten sowie die Reitpferde für die Offiziere kamen wiederum vom heutigen Landesgestüt Marbach.«

Das zweite Stockwerk in Offenhausen ist der Geschichte der Bettelorden in Württemberg vor der Reformation im Allgemeinen und des Klosters Offenhausen im Besonderen gewidmet und beherbergt wechselnde Kunstausstellungen. Das Museum ist nach Angaben von Klemens Betz das einzige in Baden-Württemberg, das schwarze Zahlen schreibt, »ich kenne jedenfalls keines sonst«, ergänzt er. »Wir finanzieren uns über Eintrittsgelder und Verkaufsausstellungen, Konzerte und die Hengstparade. Da haben wir immer einen eigenen Stand.« (GEA)