GAMMERTINGEN. »Mit den paar Evangelischen komme ich zurecht.« Pfarrer Wolfgang Drescher ging ökumenisch denkend mit der ungewohnten Situation souverän um. Allerdings hatte er den Hinweis auf die »gemischte Sauna« vielleicht falsch verstanden. Ob der Pfarrer seinen Irrtum bemerkt hatte, blieb offen. Denn er ging ohne Brille in das Dampfbad und im dortigen Brillenregal liegt das Nasenfahrrad wohl noch heute. Das Narrengericht tagte wieder in Gammertingen und urteilte auch über kirchliche Würdenträger. Pfarrer Drescher wurden mildernde Umstände eingeräumt. Im ständigen Austausch mit höheren Mächten könne die Konzentrationsfähigkeit halt mal leiden. Da bleibe halt auch mal ein Koffer stehen oder eine Brille liegen. Drescher wurde salomonisch zur Anschaffung eines Papa-Mobils mit gläserner Kofferraumhaube verdonnert, da könne er immer sehen, ob alles Notwendige an Bord ist.
Erstmals zwei Brolde
Im Laucherttalstädtchen tun sich alljährlich Abgründe auf, die auch gesühnt werden müssen. Darum kümmern sich die Richter am Narrengericht Wolfgang Herre, Wolfgang Göggel und Ewald Thiel, gut versorgt mit Informationen von einer fleißigen Schar informeller Mitarbeiter. Und weil die heuer so fleißig waren, musste – ein Novum in der Rechtsgeschichte – ein zweiter Brolde angestellt werden. Gerichtsdiener Karl Josef Bögle bekam Hilfe von Sohn Maximilian, das Amt bleibt also in der Familie.
Mit Strenge und gezwirbelten Schurrbärten führten sie die Angeklagten zur Urteilsbank, sie hatten es verdient. Etwa Jäger Göckel – ein scharfer Göckel mit »ck« –, der zwar gut vorbereitet zum Ansitz ging. Der Drilling mit zwei Kugelläufen plus fünf Patronen im Schrotlauf sollte sieben Sauen auf einen Streich darnieder strecken. Allein, aus dem Schlachtfest wurde nichts. Ladehemmung oder schlicht nicht geladen, das blieb hinterm Jägerlatein verborgen. Ehefrau Ingrid muss künftig regelmäßig Wolfgangs Rohr prüfen, Jagdhund Zeus wurde freigesprochen.
Aus dem Wildschweinbraten wurde es nichts, Metzger Bernd Steinhart kam trotzdem zur Fleischbeschau, allerdings einer etwas anderen Art. Zum 18. Geburtstag von Noah Lutz war neben dem Bernd auch eine Stripperin eingeladen. Die nahm der gute Mann wohl ein bisschen zu genau in Augenschein, Gattin Carmen war nicht angetan. Als Strafe für jeden Schnaps, den die Exotiktänzerin dem durstigen Bernd eingeschenkt hat, wird eine Rose fällig, in Summe 30 Stück, ein ordentlicher Entschuldigungsstrauß.
Urteil nicht anerkannt
Der Feuerwehr Bronnen ging das Wasser aus, das geht natürlich gar nicht. So geschehen beim Feiern in und am 1. Mai. Fürs Bier war gesorgt, am Mineralwasser haperte es aber. Dabei hätte die Knappheit mit Nass aus dem Wasserspielplatz, aufgepeppt mit Kohlensäure aus den Atemschutzgeräten, behoben werden können. Da hätte zumindest der Feuerwehrkamerad und Ex-Chef der Gammertinger Energie- und Wasserwerke, Manfred Schaller, drauf kommen müssen. Auflage an die Wehr: Sich beim nächsten Fest rechtzeitig an die Stadtverwaltung wenden, der stehe das Wasser bekanntlich immer bis zum Hals. Bei der Urteilsverkündung kam es zum Eklat: Die gut württembergischen Bronnener wollten das Verdikt eines Hohenzollerschen Gerichts nicht an-erkennen. Da muss wohl das Narrenverfassungsgericht mit einem Grundsatzurteil ran.
Sonst beugten sich die Angeklagten der Gerechtigkeit, die Beweislage war ja stets eindeutig. Die Bierbank war nach heftigem Gautschen beim 94. Geburtstag von Karl Göckel zusammengebrochen. Dass der Ausflug der Narren zum großen Umzug in Münsingen nicht gut ausgehen konnte, war zu erwarten. Dass der Zug zwischen Engstingen und Gammertingen wegen eines alkoholisierten Sturzes auf einen Feuerlöscher anhalten musste, weniger. Strafe: Lehrgang zum Truppführer für den wackligen Narren mit Schwerpunkt Feuerlöscher. Dass der FKK-Club Gammertingen sich mit Club der Freien katholischen Kirche übersetzt, war eine wichtige Information am Rande, dass die Damen feiern können, auch. (wu)
UMZUG IN GAMMERTINGEN
Am heutigen Dienstag findet der große Fasnetsumzug in Gammertingen statt, insgesamt über 30 Gruppen und 2.500 Hästräger und Musikanten beteiligen sich daran. Start ist diesmal früher als gewöhnlich, nämlich bereits um 13 Uhr. Danach geht die Fasnet ihrem Ende entgegen: Um 18 Uhr wird der Narrenbaum gefällt und die Fasnet beim tränenreichen Abschied verbrannt. (eg)