SONNENBÜHL. Das hat's in den vergangenen Jahren nicht gegeben: eine Haushaltsberatung ohne große - öffentliche - Beratung. 2019 etwa hatten sich Gemeinderat und Verwaltung sogar einen ganzen Samstag Zeit genommen, um in einer Sondersitzung den ersten doppischen Haushalt für 2020 zu diskutieren, inklusive Anmeldungen aus den Ortsteilen. Die Positionen Punkt für Punkt in einer öffentlichen Sitzung einzeln durchzugehen: Man habe sich in diesem Jahr dagegen entschieden. Alles, was in das Zahlenwerk einfließen soll, wurde bereits im Vorfeld besprochen, sodass der Gemeinderat in seiner ersten Beratung des Haushalts kaum diskutierte. Nur eher marginale Punkte wurden angepasst, die Kämmerer Sebastian Herrmann nun einarbeitet. Erneut wird der Haushalt auf die Tagesordnung der Sitzung am 10. April kommen.
Geschuldet sei das geänderte Verfahren, wie die Gemeinde zu ihrem Haushaltsplan kommt, dem Prozess der Haushaltskonsolidierung, der 2023 angestoßen wurde, so Bürgermeister Uwe Morgenstern. Bedeutet: Es werden in nicht öffentlicher Beratung Prioritäten festgelegt, demnächst ab Herbst in Klausurtagung. Das verschlankt das Verfahren, die Arbeit aber bleibt groß. So groß wie es die Herausforderungen sind, der sich viele Gemeinden, so auch Sonnenbühl, gegenüber sehen. »Es war mir wichtig, aus vorhandener Liquidität den Konsolidierungsprozess anzustoßen«, sagt Herrmann.
An der Schmerzgrenze
Priorisierte Investitionen sind der Anbau an den Bauhof, der Anbau ans Feuerwehrgerätehaus Undingen, die Schaffung eines neuen Waldkindergartens, Sanierungen an der Brühlschule, die Fertigstellung des Radwegs zwischen Erpfingen und Stetten, die Sanierung der Schillerstraße, der Bürgerbus, der Generationenspielplatz in Erpfingen, die Wasserleitung in der Pfullinger Straße, das Regenrückhaltebecken in Erpfingen und die Ganztagsbetreuung. Letzteres ist ein Ärgernis: Vor über einem Jahr habe man Förderanträge gestellt, eine Rückmeldung geschweige denn einen Bescheid gibt es bis dato nicht, so Morgenstern. »Ambitionierte Aufgabenstellung«: Für Luxus ist kein Platz - bis vielleicht auf den Generationenspielplatz in Erpfingen, dessen Bau zur jetzigen Zeit Kämmerer Sebastian Herrmann kritisch sieht. Eins zumindest sei klar: »Wir legen einen an die Schmerzgrenze gehenden Haushaltsentwurf vor«, so Morgenstern.
»Die Ausgaben steigen dramatisch«, sagt Morgenstern. Lagen die Personalkosten 2019 bei 5,4 Millionen Euro und entfielen davon 51 Prozent auf die Kindertagesstätten, überschreitet die Gemeinde 2025 zum ersten Mal die Acht-Millionen-Euro-Marke, bis 2028 prognostiziert der Kämmerer eine Steigerung auf 8,9 Millionen Euro. Und mittlerweile sind es 58 Prozent, die die Personalkosten für die Kinderbetreuung ausmachen. Tarifverhandlungen laufen, gefordert sind acht Prozent mehr Gehalt, ein solcher Tarifabschluss »wird uns exorbitant treffen«, sagt Herrmann.
Steigende Ausgaben
»Der Haushalt ist genehmigungsfähig«, sagt Bürgermeister Morgenstern, aber geschuldet sei dies »unserer guten Liquidität«. Und locker könne man in keiner Weise mit dem Geld umgehen. Das alte Lied: Ausgaben steigen, Einnahmen sinken, Aufgaben, die von Bund und Land durchgereicht werden, nehmen zu. Auch der Landkreis habe große Aufgaben zu stemmen und keine andere Stellschraube als die Kreisumlage. 3,8 Millionen Euro zahlt Sonnenbühl, 2026 steigt die Summe sogar auf 5,1 Millionen Euro. Die Abschreibungen sind mit 1,7 Millionen Euro aufgenommen. An Einnahmen stehen dem zum Beispiel 3,2 Millionen Gewerbesteuer gegenüber. Am Ende stehen insgesamt rund 21,5 Millionen Euro an Einnahmen und rund 23,6 Millionen Euro an Ausgaben auf dem Papier, bedeutet ein Minus von circa 2,1 Millionen Euro. Die Summe kann ausgeglichen werden.
Weniger negativ sieht Gemeinderat Manuel Hailfinger die Situation der Gemeinde. Dass das Polster der liquiden Mittel in drei bis vier Jahren aufgebraucht sein könnte, sehe er nicht. Er lobt, was die Gemeinde in den vergangenen Jahren aufgebaut hat und den Bürgern bietet, dazu noch mit zum Beispiel niedrigen Steuersätzen und Gebühren: »Obwohl wir eine Steueroase sind, haben wir einen hohen Standard aufgebaut, um den uns viele beneiden.« Er erinnerte auch daran, aus welchem Schuldenloch Sonnenbühl komme und wie sich die Situation zum Positiven verändert habe. »Ich bleibe optimistisch.« Er glaube an Wirtschaftswachstum, Geldsegen fürs Land, der auch an die Kommunen weitergereicht werde und die Lösung struktureller Probleme im Landkreis. Während der Kämmerer entgegnet: »Mit Glauben kann ich nicht schaffen.« (GEA)