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Mit der Ministerin auf die vergessene Burg bei Sonnenbühl

Nicole Razavi vor Ort in Sonnenbühl-Willmandingen und auf der Ruine Hohengenkingen

Michael Kienzle (Mitte) demonstriert, wie man  dem nachgebauten Horn, von dem  Teile auf dem Hohengenkingen gefunden wurden, Tön
Michael Kienzle (Mitte) demonstriert, wie man dem nachgebauten Horn, von dem Teile auf dem Hohengenkingen gefunden wurden, Töne entlockt. Foto: Bernd Ruof
Michael Kienzle (Mitte) demonstriert, wie man dem nachgebauten Horn, von dem Teile auf dem Hohengenkingen gefunden wurden, Töne entlockt.
Foto: Bernd Ruof

SONNENBÜHL. Dunkle Wolken standen am Himmel, zeitweise begleitete am Freitag Regen den Besuch von Nicole Razavi, Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, in Sonnenbühl. Ihre erste Station war der Ortsteil Willmandingen. Wohin das Geld aus dem Landessanierungsprogramm des Ministeriums geflossen ist, führten Bürgermeister Uwe Morgenstern und Ortsvorsteher Heinz Hammerstein der Ministerin vor Augen. Mit dabei waren die Sanierungsträger der Stadtentwicklung GmbH (STEG) mit ihrem Geschäftsführer Artur Maier.

»Das Landessanierungsprogramm ist eines der wichtigsten Förderprogramme des Landes, bereits vor über zehn Jahren haben wir in den Ortsteilen in Undingen angefangen, dann kamen Erpfingen und Genkingen, jetzt Willmandingen«, erinnerte sich Bürgermeister Morgenstern. Als erstes und glänzendes Beispiel zeigte er auf das renovierte ehemalige Gasthaus Krone, das heute als Trendcafé fungiert, von Susanne Hummel erworben und betrieben wird.

»Das Sanierungspro- gramm ist das stärkste Pferd im Stall des Ministeriums«

»Warum bin ich heute da?« lautete die rhetorische Frage der Ministerin: »Weil der Sonnenbühler Manuel Hailfinger (MdL, CDU) mich eingeladen hat und weil – ähnlich den Drei Königen – Minister gerne auf Reisen gehen«, meinte sie schmunzelnd.

Ministerin Nicole Razavi mit Bürgermeister Uwe Morgenstern und Manuel Hailfinger im Gespräch mit Andrauso Farina von der Samarit
Ministerin Nicole Razavi mit Bürgermeister Uwe Morgenstern und Manuel Hailfinger im Gespräch mit Andrauso Farina von der Samariterstiftung. Foto: Bernd Ruof
Ministerin Nicole Razavi mit Bürgermeister Uwe Morgenstern und Manuel Hailfinger im Gespräch mit Andrauso Farina von der Samariterstiftung.
Foto: Bernd Ruof

»Das Sanierungsprogramm ist das stärkste Pferd im Stall des Ministeriums«, sagte Razavi. Weil dieses Programm dafür sorgt, dass der Mensch im Dorf bleibe. »Wir wollen den ländlichen Raum resilienter und widerstandsfähiger machen.« Lange Zeit sei es darum gegangen, Einkaufszentren oder Seniorenheime an den Ortsrand zu verbannen. Willmandingen sei ein gutes Beispiel dafür, wie Leben im Ortskern wieder lebenswert werde. »Ein Euro aus dem Programm löst acht Euro an weiteren Investitionen aus«, rechnete die CDU-Ministerin auf dem Ortsspaziergang.

Der führte zum Rathaus, das 1965 erbaut wurde und jetzt für 1,35 Millionen Euro saniert wird, wie Morgenstern ausführte. Das über 60 Jahre alte Gebäude dient aber nicht nur den Sitzungen des Ortschaftsrats, sondern als Heimat der Bücherei und der Volkshochschule.

Der neu gestaltete Kreuzungsbereich an der Bolbergstraße war ebenso Ziel des Fußmarsches wie der neue Tagwasserkanal, der in die Lauchert führt oder gelungene private Sanierungsprojekte. Abschluss war beim Neubau des Quartiers der Generationen mit Pflegeheim Samariterstiftung, das 41 stationäre Pflegeplätze und 14 Tagespflegeplätze aufweist, dazu Räume für die Schulkinderbetreuung sowie zwei Mehrfamilienhäuser mit jeweils neun seniorengerechten Wohnungen.

»Es ist wichtig, mit offenen Augen und Bewusstsein durch unsere Heimat zu gehen«

Im Anschluss erwartete die kleine Delegation ein echtes Kontrastprogramm, auf Regen folgte Sonne, statt lockerem Spaziergang in der Dorfmitte folgte der steile Anstieg zum Hohengenkingen: 861 Meter hoch. Der Berg beginnt als Acker, wird dann zur Wiese, auf der einzelne Bäume wachsen. Kurz vor dem Gipfel wird er zu Wald, bevor er in einem schmalen lang gezogenen Felsgrat ausläuft.

Beruflich ist der Journalist Wolfgang Bauer für das Magazin »Die Zeit« in den Krisengebieten der Welt unterwegs, privat treibt den Reutlinger gemeinsam mit Bürgermeister Morgenstern »Die Burg« um. So nennt sich der Verein, der sich zur Aufgabe gemacht hat, herauszufinden, welche Geheimnisse die Ruine oberhalb von Genkingen und Undingen birgt.

Eigentlich wollten die »Burgexperten« das Projekt Hohengenkingen langsam angehen: »Wir hatten es auf zehn bis 15 Jahre konzipiert«, so Wolfgang Bauer. Nur mit einem handelsüblichen Laubbläser ausgestattet, wurde Anfang März das Laub von Jahrzehnten weggepustet und erstaunliche Funde zutage gefördert. »Wir laufen hier wie auf Scherben«, so Bauer.

Sören Frommer, freier Archäologie, Burgenspezialist, leitete damals die Gruppe an. Es lassen sich seinen Worten zufolge zwei Bauphasen rekonstruieren. Die erste Burg ist vermutlich abgebrannt und wurde dann wieder aufgebaut. Datiert wird die Ruine auf das 12./13. Jahrhundert. Brisanz erhielt die Erforschung jetzt im August, als die »vergessene Burg«, wie Morgenstern sie nannte, durch den schweren Sturm beschädigt wurde, so dass Teile der Mauer komplett abzustürzen drohten.

Dennoch bleibt das Ziel, die Burg schonend zu erforschen. »Wir haben uns mit Sören Frommer und Natascha Mehler, Professorin für Archäologie des Mittelalters an der Universität Tübingen, Fachkompetenz dazu geholt, um diese Wunderkammer zu entschlüsseln«, sagte Bauer.

Von einer Zeitkapsel sprach Ministerin Razavi. »Es ist wichtig, mit offenen Augen und Bewusstsein durch unsere Heimat zu gehen: Denkmäler erzählen von unserer Kultur, aber ohne die vielen ehrenamtlichen Freiwilligen funktioniert es nicht«, betonte sie.

Wolfgang Bauer hofft auf Rückenwind aus dem Ministerium bei der Bewilligung von Förderanträgen für das Projekt: »Wir wollen die Leute aufschließen für die Archäologie.« Natascha Mehler sprach sich dafür aus, ein Burgen-Kompetenz-Zentrum ins Leben zu rufen, damit Ruinen wie der Hohengenkingen besser erforscht und langfristig auch dem Tourismus geöffnet werden können. (GEA)