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Missbrauchsprozess gegen Mann von der Alb: Aussagen der Stieftöchter glaubwürdig

Die Aussagen zweier Schwestern aus einer Albgemeinde, die ihren Stiefvater im Landgerichtsverfahren um sexuellen Missbrauch belasteten, gelten als glaubwürdig.

Der Prozess am Landgericht Tübingen soll noch mehrere Tage dauern. FOTO: RITTGEROTH
Das Landgericht Tübingen. Foto: Ralf Rittgeroth
Das Landgericht Tübingen.
Foto: Ralf Rittgeroth

TÜBINGEN. Im Fall eines 49-Jährigen aus einer Albgemeinde, dem sexueller Missbrauch seiner Stieftöchter vorgeworfen wird, hörte die 1. Strafkammer des Tübinger Landgerichts am Dienstag Gutachterin Marianne Clauss. Die Psychologin und Ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Tübingen hat die beiden Mädchen, die ihren Stiefvater wegen sexuellem Missbrauch angezeigt hatten, hinsichtlich ihres psychischen Zustands und ihre Aussagefähigkeit untersucht.

Die Glaubwürdigkeit der beiden heute 20 und 19 Jahre alten Schwestern ist maßgeblich für das Urteil, das am Donnerstag gesprochen wird. Daher prüfte Marianne Clauss auch Widersprüche und Übereinstimmungen in ihren Aussagen. Für alle Verfahrens-Beteiligten schwierig ist, dass die Geschehnisse Jahre zurückliegen, dass sie sich, nach Angaben der Schwestern, abspielten, als diese Kinder und Jugendliche waren.

Die ältere der beiden konnte sich nicht mehr an viele Details erinnern. Einzelne Handlungssequenzen vermochte sie nicht mehr einem bestimmten Datum zuzuordnen. Dennoch beschrieb sie die Abläufe so, dass die Gutachterin in ihren Aussagen »zahlreiche Qualitätsmerkmale« erkannte, die gegen eine konstruierte Aussage sprechen. Diese seien ohne wesentliche Zweifel zuverlässig.

Die Angaben sowohl der 20-Jährigen als auch die ihrer jüngeren Schwester gründeten auf Erlebtem, fasste Marianne Clauss zusammen. Eine konstruierte Geschichte lasse sich nicht auf Dauer aufrechterhalten. Auf die Frage von Richter Armin Ernst, ob die Aussagen aufgepeppt sein könnten, antwortete die Gutachterin, dafür sei nicht genügend Stringenz vorhanden. Dass die junge Frau andere Personen, etwa die Mutter und ihre Geschwister erwähne, erhöhe die Aussagequalität.

Staatsanwältin Rotraud Hölscher fragte nach, ob man eine Absprache der Schwestern, also eine Intrige gegen den Stiefvater, vermuten könne. Das verneinte die Gutachterin: Die ältere der beiden habe zuvor zwei Personen, eine Betreuerin in einem Jugendheim und eine Psychologin, ins Vertrauen gezogen, gegenüber denen sie sonst über längere Zeit Falschaussagen getätigt haben müsste. »Das halte ich für nicht plausibel«, schloss Marianne Clauss. (GEA)

Im Gerichtssaal

Gericht: Armin Ernst (Vorsitzender Richter), Benjamin Meyer-Kuschmierz. Schöffen: Dr. Petra Krüger, Margarete Wiedenmann. Staatsanwaltschaft: Rotraud Hölscher. Verteidiger: Steffen Hammer, Matthias Bauerfeind. Nebenklagevertreterinnen: Safak Ott, Katrin Lingel. Gutachterin: Dr. Marianne Clauss.