MÜNSINGEN/STUTTGART. »Irgendwann wird einem bewusst, dass man nicht unsterblich ist. Ich will mein Leben mit etwas verbringen, was mich wirklich erfüllt. Musik macht was mit mir als Mensch, da habe ich eine ganz andere Energie.« Sätze, die aus dem Mund eines 29-Jährigen eher ungewöhnlich klingen, aber nicht einfach nur so dahin gesagt sind. Denn Fabio Lentini hat seine Konsequenzen aus seiner (Selbst-)Erkenntnis gezogen: Aufgewachsen in Münsingen, hat er im vergangenen Herbst seinen Lebensmittelpunkt nach Stuttgart verlegt. Geändert hat sich nicht nur seine Adresse, sondern sein ganzer Lebensentwurf: Lentini, der bisher semiprofessionell solo und mit Band aufgetreten ist, will sich künftig voll und ganz auf die Musik konzentrieren. Seinen Job als Heilerziehungspfleger hat er dafür aufgegeben.
Newcomer-Festivals, Gigs in Bars und Clubs, bei Firmenevents oder privaten Feiern: Der junge Mann, der seine Musik-Karriere als Bassist in der Schulband begann und es 2014 als 17-jähriger Sänger in Dieter Bohlens Casting-Show »Deutschland sucht den Superstar« unter die Top 25 schaffte, ist dabei, seinen Terminkalender zu füllen. Im Repertoire hat er Coversongs aus dem Rock- und Pop-Bereich, geschmackvoll und vorzugsweise in Acoustic-Versionen arrangiert, bei denen er sich selbst auf der Gitarre begleitet. In seine Sets mischt er aber auch seine eigenen Songs: Als Singer-Songwriter will er sich mit eigenen Stücken einen Namen machen. Vor Kurzem hat er über die gängigen Streamingplattformen seine erste Single »Liquid« veröffentlicht, in den kommenden Wochen und Monaten sollen vier weitere Songs folgen, bis die EP – eine Art kurzes Album also – komplett ist. »Der zweite Song ist schon fertig und steht in der Pipeline, am dritten wird gerade gefeilt«, sagt Lentini.
Zusammenarbeit mit Bruder Alessandro
Die Stücke werden professionell produziert, Fabio Lentini arbeitet mit dem Reutlinger Tonmeister Valentin Bauer, aber auch mit einigen langjährigen Weggefährten zusammen. Einer davon ist sein Bruder Alessandro, der Klavier spielt und in Stuttgart nur fünf Minuten entfernt wohnt. Zwei andere sind: Multi-Instrumentalist und Produzent Joshi Schmid und Gitarrist Leon Gall, mit denen er von 2017 an in der Band Rebeldes Mind gespielt hatte. Als Lead-Sänger ist der Münsinger inzwischen zwar ausgestiegen, für Projekte und Gastauftritte helfen sich die Jungs aber immer noch gegenseitig aus, Freunde geblieben sind sie sowieso.
»Jim Morrison von den Doors ist für mich ein Vorbild«
Auf seiner EP singt Lentini, dessen Markenzeichen seine raue, bisweilen fast rotzige, dabei aber sehr gefühlvolle Stimme ist, in drei Sprachen: Englisch, Italienisch und Spanisch. Groß geworden ist er in Münsingen, »ich habe aber schon als Kind viel Italienisch gesprochen«. Viele Sommer hat er auf der Mittelmeerinsel Sizilien, der Heimat seiner Eltern, verbracht. Im vergangenen Jahr hat es ihn für längere Zeit dort hingezogen, anschließend war er in Andalusien: »Ich wollte mir eine Auszeit nehmen und Ideen für Lieder sammeln«, erzählt er. Dabei sei schließlich auch der Wunsch gereift, noch mehr Musik zu machen – und dafür auf anderes zu verzichten.
Seinen Job als Heilerziehungspfleger, betont Lentini, habe er von Herzen gerne gemacht. »Das ist ein toller Beruf, der mich neben der Musik am meisten zufriedenstellt. In der ernsten Welt gibt’s für mich keinen anderen als Heilerziehungspfleger - und in der Künstlerwelt keinen anderen als Musiker.« Beide Welten miteinander zu verbinden: Auch das kann er sich vorstellen – beispielsweise in Form von Projekten im musiktherapeutischen Bereich mit Menschen mit und ohne Behinderung.
Musik der Eltern hat geprägt
Zucchero, Elvis und Falco, sizilianische Volkslieder, Rock’n’Roll: Die Musik, die seine Eltern hörten, habe ihn geprägt, erzählt Lentini. »Musik gehörte immer zu unserem Familienalltag.« Im vergangenen Jahr hat er die Musik der Doors für sich entdeckt, »Jim Morrison ist für mich ein Vorbild, was seinen Gesang und die Musik betrifft, das Nonplusultra«. Inspiriert haben ihn vor allem auch die psychedelischen Stücke, »textlich und thematisch habe ich mich auf meiner EP an Morrison angelehnt«, sagt der Singer-Songwriter, der eher ernste und melancholische Töne anschlägt. »Es geht um das Leben und den Tod, Kindheit und Missbrauch«, wobei er »Missbrauch« ganz offen verstanden wissen will: »Jeder missbraucht etwas, ob es nun Substanzen oder Gefühle sind.« Kopieren will er Morrison nicht. »Aber sich von Bands inspirieren zu lassen, die es schon gab, ist legitim. Das haben die Doors auch gemacht. Jim Morrison mochte Frank Sinatra. Und ich mag Morrison.« (GEA)