Logo
Aktuell Kunst

Lyrik-Aquarelle von Antoni Matysek im Kunsthaus Alte Schule in Sonnenbühl

Innenbilder, nach außen getragen, mit beiden Händen gleichzeitig gemalt, gespiegelt, mit auf der Seite liegendem Text kombiniert. Das sind Poemarelle, Lyrik-Aquarelle, die Antoni Matysek ab dem Wochenende im Kunsthaus Alte Schule in Sonnenbühl-Undingen zeigt.

Antoni Matysek spürt dem Inneren, der Seele nach und bringt die in seinen Lyrik-Aquarellen zum Ausdruck.
Antoni Matysek spürt dem Inneren, der Seele nach und bringt die in seinen Lyrik-Aquarellen zum Ausdruck. Foto: Cordula Fischer
Antoni Matysek spürt dem Inneren, der Seele nach und bringt die in seinen Lyrik-Aquarellen zum Ausdruck.
Foto: Cordula Fischer

SONNENBÜHL. Antoni Matysek spürt seinem Inneren nach. Der Seele. Dem unsichtbaren Teil seines, unseres Wesens. Dem, das man nicht vermessen, kategorisieren, greifen kann. Und gibt ihm Ausdruck durch seine Bilder. Ganz auf sich reduziert und konzentriert, gestaltet er in Dunkelheit, losgelöst vom Sehen, von ablenkenden Reizen, ganz in sich. Nur die Musik berührt, rührt etwas in ihm. Wie ein Verstärker, ein Treibmittel setzt sie Emotionen frei, lässt sie in Hände und Finger fließen und sich auf dem Papier mit Aquarellstiften zu Matyseks Poemarellen manifestieren.

Der Betrachter muss zum Entschlüsseler dieser aus Malerei und Text sowie aus »Bildstaben«, einer Art immer wiederkehrendem skizzierten Code, bestehenden Bildkompositionen werden. Die Textpassagen sind um 45 Grad gedreht, den Zugang erschwerend, aber auch die Wahrnehmung schärfend. Wer sie lesen will, muss dabei den Kopf zur Seite neigen, die Perspektive wechseln, den sicheren Standpunkt verlassen, eine andere Sichtweise zulassen. »Die Seele ist keine einfache Sache, mit der man im Alltag viel zu tun hat«, sagt Matysek.

»Bildstaben« sind codierte Zeichen. Diese Ornamente tauchen immer wieder in Antoni Matyseks Bildern auf, sie stehen für Gefühle,
»Bildstaben« sind codierte Zeichen. Diese Ornamente tauchen immer wieder in Antoni Matyseks Bildern auf, sie stehen für Gefühle, die er »bildstabiert«. Foto: Cordula Fischer
»Bildstaben« sind codierte Zeichen. Diese Ornamente tauchen immer wieder in Antoni Matyseks Bildern auf, sie stehen für Gefühle, die er »bildstabiert«.
Foto: Cordula Fischer

Es sind Worte, die ungewohnt fließen, sagt Antoni Matysek. Sätze, in denen die Grammatik nicht stimmt. Auch zusammengebastelte Worte entstehen auf der Fläche, weil für etwas, das er ausdrücken will, ein passendes Wort fehlt. Er erlebt einen intensiven Moment des Entstehens. Und es ist dieser Moment wiedergegeben, so flüchtig, ohne einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben. Die Worte fließen vom Herz direkt in die Hand.

Die Farben, die Antoni Matysek auf das Papier bringt, greift er zufällig, intuitiv, weil das Auge nicht sieht. »Augen sind gewohnt zu filtern und zu bewerten.« Der Verzicht auf das Sehen ist für Matysek »ein Garant dafür, dass andere Instanzen sprechen als der Logik-Apparat«, damit er Kraft und Raum für die seelische Tiefenbohrung hat.

Metaphern für Innenperspektiven

Entlang einer gedachten Achse auf der Oberfläche führt er die Stifte beidhändig, synchron über die beiden Hälften der Fläche. Auf beiden Seiten entstehen ähnliche Muster, Formen und Flächen, und doch gleichen sie sich nicht, sie sind Symbole für die Innenperspektiven, Metaphern für das Unverwechselbare, wie Matysek die Welt sieht, mit seiner Biografie, seinen Erinnerungen, mit meinen Empfindungen und Erfahrungen, gleichzeitig sind sie aber auch wie das Yin und Yang, wie Tod und Leben, wie Tag und Nacht, wie Stärke und Schwäche, wie Ja und Nein, wie wachen und schlafen. Das eine ist ohne das andere nicht in seiner Gänze und in seiner Abgrenzung voneinander zu erfahren, eines bedingt das andere.

Auch Blätter verarbeitet Antoni Matysek in seinen Bildern, sie sind unter anderem Metaphern für die Vergänglichkeit.
Auch Blätter verarbeitet Antoni Matysek in seinen Bildern, sie sind unter anderem Metaphern für die Vergänglichkeit. Foto: Cordula Fischer
Auch Blätter verarbeitet Antoni Matysek in seinen Bildern, sie sind unter anderem Metaphern für die Vergänglichkeit.
Foto: Cordula Fischer

Die Bildformate sind immer gleich. Das schafft Sicherheit, das verschafft dem Künstler Freiraum, denn er muss so die Bildaufteilung nicht immer wieder von Neuem komponieren, er kann befreit in den Prozess eintreten. Gestalterisch verlässt er im oberen Bildteil ab und an auch die bloße zeichnerische Auseinandersetzung und arbeitet gerne auch mit auf der Alb gesammeltem Laub. Der Textteil dieser Bilder ist dann häufig mit seinen »Bildstaben«, den codierten Zeichen seines »Bildstabets« gefüllt. Diese Werke wirken durch ihre Patina. Es ist Vergänglichkeit darin, es ist »das Elend in uns selbst«, der Schmutz der Zeit, der aber auch in seiner Schönheit konserviert wird. Denn Matysek taucht die Bilder in Gummi arabicum, das am Bildrand mal zu Tropfen ausgehärtet ist und dessen Oberfläche durchs Trocknen Risse zeigt. Es sind Verweise auf eine erstarrte Bewegung, auf Brüche im Leben. Diese sind in der Rückschau aber häufig notwendig und Sollbruchstellen. »Wie soll ich sonst vorankommen, wenn ich meine Haut nicht abstreifen kann?«

Die Ausstellung Poemarellica

Die Ausstellung »Poemarellica« mit Lyrik-Aquarellen von Antoni Matysek im Kunsthaus Alte Schule in Sonnenbühl-Undingen, Hauptstraße 30, beginnt am Samstag, 13. Januar. Die Vernissage ist am Sonntag, 14. Januar, um 15 Uhr. Kunsthaus-Betreiber Johann Hölz stellt den Künstler und sein Werk im Rahmen eines Künstlergesprächs vor. Musikalisch wird die Vernissage von Antoni Matysek mit eigenen Kompositionen an der Gitarre gestaltet. Zu sehen sind die Poemarelle bis zum 28. Januar, geöffnet ist das Kunsthaus immer samstags von 14 bis 17 Uhr und sonntags von 13 bis 17 Uhr. (cofi)

Intuitiv ein Bild ausgewählt und den Künstler gebeten, einen Text zu rezitieren, öffnet dies beim Rezipienten große Emotionen, die sich Bahn brechen. »Ich schmelze Form und Wirklichkeit zu Not und Wendigkeit. Im Gartenhaus wär Freitheit, und Lustheit und Hungerheit und Handmachtheit und Unsheit und mehr; Du bleibst. Ich singe. Der Schnee singt. Du streichelst.«

Die dritte Ebene in Antoni Matyseks Kunst ist die Musik. »Wenn eines fehlen würde, würden die anderen geschwächt. Ich möchte alles umfassen.« Beim kreativen Schaffensprozess hört er akustische Musik aus Skandinavien, der Bretagne, aus Schottland. Wenn er selbst zur Gitarre greift, entlockt er den Saiten »Naturklänge«, die teilweise zerstört, verfremdet werden, untermalt durch Loops. Auch sie sind Botschaften aus einer anderen Dimension des Lebens. Der Seele. (GEA)