BUTTENHAUSEN. Dieser Aussiedlerhof auf der Hochebene zwischen Hundersingen und Buttenhausen ist ein wahrer Glücksort. Einst war es der Bauernhof der Familie Glück, daher kommt auch sein Name. Heute lebt hier Jessica Epple mit Mann, fünf Kindern und vor allem mit ganz vielen unterschiedlichen Tieren. Sie hat aus dem »Glückhof« den »Lernort Tierschutz« gemacht und dafür im Februar einen Verein gegründet, mit dem Ziel, dass sich ihrem Konzept noch weitere Höfe anschließen. Denn leidende Tiere, so weiß die ausgebildete Tierschutzlehrerin, gibt es leider immer noch viel zu viele.
Das hat verschiedene Gründe, wie die 16 Fünftklässler der Münsinger Schillerschule auf dem »Glückhof« an interaktiven Lernstationen erfuhren. Im Rahmen der Biosphärenwerkstatt – sie findet während des Schuljahrs einmal pro Woche mit einem sechsstündigen Unterricht in den Fächern Biologie, Technik, Alltagskultur, Ernährung und Soziales statt und behandelt Themen rund um Nachhaltigkeit, Regionalität und Heimatverbundenheit - haben sie gemeinsam mit ihren Lehrerinnen Barbara Klammt und Mareike Gerecke den »Lernort Tierschutz« besucht und gelernt, wie man Tiere pflegt, was sie fressen und welche Verantwortung mit der Haltung einhergeht.
Dabei erzählte Jessica Epple auch von den individuellen Geschichten ihrer Tiere: von Kaninchen, die nirgends mehr willkommen waren, von der ausgesetzten Landschildkröte, die gut 100 Jahre alt werden kann, und von streunenden Katzen, die auf der Straße ums Überleben kämpfen mussten. Sie alle haben bei der Familie Epple ein neues Zuhause gefunden. Mit der Freiheit und der Möglichkeit, in einer liebevollen Umgebung zu leben. »Tiere brauchen eine artgerechte Haltung«, erklärte Jessica Epple den Schülern. Ein Tier kostet Geld, man braucht Zeit für die Versorgung. Auch einen Esel hat sie bei sich aufgenommen und einen zweiten dazugekauft – wegen der Gesellschaft. Pferde, Hund, Laufenten und viele Hühner, die einst in Legebatterien täglich ihr Ei legen mussten und auf engstem Raum ihr Dasein fristeten, runden das idyllische Bild auf dem Hof ab.
Das Huhn als Haustier
Das Federvieh streunt um Haus und Hof, gackert fröhlich vor sich hin, zeigt keine Scheu und präsentiert sein glänzendes Federkleid. So sahen die Hühner aber nicht immer aus. Zerrupft, zum Teil völlig nackt – das ist das Bild, das sich der Organisation »Rettet das Huhn« regelmäßig bietet. Sie kooperiert mit Hühnerbetrieben in ganz Deutschland und nimmt den gesamten Bestand ab, wenn die Hennen nicht mehr regelmäßig legen. »Das können dann bis zu 1.400 Hühner auf einmal sein, die von uns gerettet und in gute Hände weitergegeben werden«, erklärte Svenja Will. Sie war an diesem Tag ebenfalls zum »Glückhof« gekommen, denn Jessica Epple nimmt immer wieder Hühner nach ihrer »Nutzungszeit« bei sich auf und beschert ihnen ein angenehmes Rentnerdasein.
Svenja Will freut sich über diese »familiären Verhältnisse« und weiß, dass hier die strengen Vermittlungskriterien mit 10 Quadratmeter Lebensraum pro Huhn und tierärztlicher Versorgung ernst genommen werden. »Die Hühner werden als Haustiere gehalten, nicht als Nutztiere«. Sie erleben zum ersten Mal Ruhe, Liebe und Frieden, lernen die Natur kennen, spüren zum ersten Mal Sonne und Wind, scharren in der Erde und nehmen das erste Staubbad ihres Lebens. Damit sie sich erholen können, erhalten sie – bis sie ihre Nacktheit überwunden haben und innerhalb sechs Wochen wieder ein neues Federkleid nachwächst – Pullis gegen Sonne und Kälte. Dafür gibt es sogar ein Schnittmuster, das nun auch in die Biosphärenwerkstatt Einzug gefunden hat. Aus Filz haben die Fünftklässler 50 Pullis für die Hühner genäht, die mit einem Klettverschluss um den nackten Körper geschlungen werden können. Stolz überreichten sie ihre zum Teil liebevoll verzierten Werke an Svenja Will. »Die geben wir dann unseren Hühner-Rettern mit«, freute sich diese. So war dieser Besuch für die Schüler nicht nur ein Ausflug, sondern eine wertvolle Lektion in Empathie, Verantwortung und der Bedeutung des Tierschutzes. (GEA)