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Aktuell Prozess

Landgericht Tübingen verhandelt weiter gegen Räuberbande

Das Tübinger Landgericht setzte Verfahren gegen drei Männer fort, denen zur Last gelegt wird, einen Mann, in dessen Wohnung überfallen und beraubt zu haben.

Im Tübinger Landgericht müssen sich derzeit drei Männer wegen möglicher Beteiligung an einem Überfall verantworten.
Im Tübinger Landgericht müssen sich derzeit drei Männer wegen möglicher Beteiligung an einem Überfall verantworten. Foto: Foto: Norbert Leister
Im Tübinger Landgericht müssen sich derzeit drei Männer wegen möglicher Beteiligung an einem Überfall verantworten.
Foto: Foto: Norbert Leister

TÜBINGEN. Vier Männer sind wegen eines Raubüberfalls angeklagt, einer von ihnen ist auf der Flucht. Der dritte Verhandlungstag begann am Montag mit einer überraschenden Nachricht: Christoph Kalkschmidt, der Vorsitzende Richter, verkündete, der in der Nacht vom 5. auf den 6. Juni 2024 in seiner Wohnung auf der Alb überfallene Gastwirt könne an diesem Tag nicht aussagen. Der Mann befinde sich in einer Klinik, er müsse operiert werden.

Von den zwei Männern, die in jener Nacht in das Haus eindrangen, ist einer flüchtig. Der andere, ein 40-jähriger Italiener, ließ von seinem Verteidiger Achim Uhden eine Erklärung verlesen. Der flüchtige Mann albanischer Abstammung habe ihn per Telefon für einen nicht näher erklärten Job angeworben, von dem der 40-Jährige ausging, »klar illegal« zu sein.

Job »klar illegal«

Hauptsächlich, so die Stellungnahme des Italieners, sollte er dem nun Flüchtigen als Fahrer zu Diensten sein, zunächst innerhalb Italiens bis zum Brenner, der Grenze zu Österreich zu einem wartenden Fahrzeug. Der Fahrer dieses Fahrzeugs chauffierte die beiden nach Tübingen. Sie seien dort in einem Hotel untergebracht worden. Wer das Hotel für sie bezahlt habe, wisse er nicht.

Vor der Tat in der Nacht auf den 6. Juni 2024 habe der mit ihm aus Italien gekommene Albaner ihm gesagt, in diesem Haus sei Geld zu erwarten. Der Italiener gab zu, im Haus gewesen zu sein. Im Schlafzimmer sei der jetzt Flüchtige sofort auf das Bett gesprungen, habe den Gastwirt festgehalten und ihn angewiesen, das Licht anzuschalten. Dass der Albaner eine Schreckschusspistole und Spritzen mit sich führte, habe er nicht gewusst. Mit den Spritzen wurde erfolglos versucht, den Gastwirt zu betäuben. Die Spritzen und die Pistole habe er an sich genommen, damit nichts weiter damit angestellt werden könne. Er habe nur widerwillig mitgemacht. Ihm sei gesagt worden, man gehe rein, hole das Geld und gehe wieder.

Ein Angeklagter bestand darauf, sich in eigenen Worten zu verteidigen

Die nächste Überraschung an diesem Verfahrenstag bot ein weiterer Angeklagter: Der 43-Jährige, der am Brenner gewartet hatte und dem vorgeworfen wird, das Fahrzeug gestellt zu haben, mit dem die beiden Täter zum Tatort fuhren, lehnte es ab, eine Erklärung von seinem Verteidiger Christian Niederhöfer verlesen zu lassen. Stattdessen bestand der Mann darauf, sich in eigenen Worten mithilfe eines Übersetzers zu verteidigen.

Der 43-Jährige bestätigte, mit dem dritten Mann auf der Anklagebank, wie er selbst gebürtiger Albaner, seit mehreren Jahren befreundet zu sein. So habe er auch nicht widersprochen, als sein 44 Jahre alter Landsmann von ihm verlangt habe, mit dessen Auto zwei Männer von der italienischen Seite der Brenner-Grenze abzuholen und zu dessen Tübinger Wohnung zu fahren.

Dieser Mann holte die beiden mutmaßlichen Täter am Brenner ab

Innerhalb der nächsten drei Wochen habe ihn der nun flüchtige Mann mehrmals angerufen und ihn aufgefordert, mit ihm und dem Mann, der aus Italien bis zum Brenner gefahren war, Kaffee trinken zu gehen. Nach zwei Wochen sei er aufgefordert worden, für die beiden Männer ein neues Hotelzimmer zu finden. Er habe sich an eines in einem Kusterdinger Ortsteil erinnert, das von Albanern betrieben wurde.

Am 5. Juni, knapp drei Wochen nachdem er die Männer am Brenner abgeholt hatte, habe er eine Aufforderung zum gemeinsamen Kaffeetrinken abgelehnt. Er habe allerdings eingewilligt, die anderen abends in einem Restaurant zu treffen. Der Flüchtige habe ihn später gefragt, wie viel Geld er wolle, wenn er ihn noch in der Nacht nach Italien fahren würde. Er habe 500 Euro verlangt, »weil der Mann kein Freund von mir« gewesen sei. Der Flüchtige habe eingewilligt und gesagt, er müsse vor der Fahrt noch eine Sache erledigen. Es sei nach elf Uhr abends gewesen. Er habe sich in sein Auto gelegt und geschlafen.

Er sei kurzfristig als Fahrer nach Italien engagiert worden

Wann genau der Mann wieder zurück gewesen sei, könne er nicht sagen. Dieser muss mit dem Italiener zum Tatort und zurück unterwegs gewesen sein. Der Flüchtige sei bei dieser Fahrt Beifahrer gewesen. Der Italiener habe den Wagen gefahren, er habe noch eine Art Strumpf als Maske über dem Gesicht getragen.

Der Flüchtige habe ihm mit scharfem Tom befohlen, dem anderen Wagen zu folgen. Er sei davon ausgegangen, dass die beiden den Wagen nach Tübingen zurückbringen wollten, sie seien jedoch an einem Kreisverkehr nach Mössingen abgebogen. Er habe die Lichthupe betätigt, worauf der andere Wagen zurückkam. Von hinten sei ein weiterer Wagen gekommen, ein Polizeiauto. Der nun Flüchtige habe sich daraufhin versteckt: »Den Rest wissen Sie.« (GEA)

Im Gerichtssaal

Richter Christoph Kalkschmid, Alexander Fleck. Schöffen: Michael Reutter, Wolfgang Schütz: Staatsanwalt: Maurizio Ruoff. Anklagevertreter: Urs Heck. Verteidiger: Achim Unden, Christian Niederhöfer, Achim Wizemann. Übersetzer: Christina Sehringer, Rahim Maliqaj. (mac)