MÜNSINGEN. Die Bereitschaftspraxis in der Münsinger Albklinik soll erhalten bleiben – und nicht nur sie. 13 Kommunen in Baden-Württemberg klagen gegen die Schließung von insgesamt 18 Notfallpraxen. Den ersten Praxen droht eine Schließung bereits zum kommenden Dienstag, 1. April. Sie haben ein Eilverfahren angestrebt. Ein erster Gerichtsbeschluss liegt nun vor.
Im Streit um die geplante Schließung von Bereitschaftspraxen in Baden-Württemberg sind jetzt drei Kommunen mit ihrem Eilverfahren vor Gericht gescheitert. Das Sozialgericht Stuttgart habe die Klage als unbegründet abgelehnt, teilte ein Gerichtssprecher mit. Die Städte Bad Saulgau (Landkreis Sigmaringen), Neuenbürg (Enzkreis) und Kirchheim unter Teck (Kreis Esslingen) wollten mit dem Eilverfahren die geplante Schließung der Notfallpraxen in ihren Städten zum 1. April verhindern und klagten deswegen gegen die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW).
Zu wenig Einbindung
Die Kommunen hatten argumentiert, sie seien in die Planungen der KVBW nicht einbezogen worden. Dem Gericht zufolge gibt es aber keine gesetzlichen Vorgaben, wie die KVBW den Notdienst zu organisieren hat. Stattdessen stehe ihr ein weiter Gestaltungsspielraum zu, so das Gericht.
Gegen diesen »weiten Gestaltungsspielraum« regt sich der Widerstand der betroffenen Kommunen. Beim »Notfallgipfel« im Stuttgarter Landtag, zu dem in der vergangenen Woche die SPD-Fraktion eingeladen hatte, ging es auch genau darum: Sollte die KVBW in diesem Punkt nicht einer stärkeren Kontrolle durch Gesundheitsminister Manfred Lucha unterliegen? Der Sozialrechtsexperte Professor Andreas Pitz hielt beim Notfallgipfel diese Sichtweise für möglich.
Der Beschluss im Eilverfahren stärkt erst einmal die KVBW. Gegen den Beschluss können die Städte dem Gerichtssprecher zufolge aber noch Beschwerde beim Landessozialgericht einlegen. Und das Eilverfahren ist nur ein Schritt im juristischen Prozedere.
Zweifel an Zusagen der KV
Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) will den Betrieb von 18 Praxen Schritt für Schritt bis November einstellen. Die ersten drei Praxen in Bad Saulgau, Kirchheim unter Teck und Neuenbürg sollen ab April schließen. Die restlichen Standorte sollen Ende Juni, Ende Juli, Ende September und Ende Oktober geschlossen werden, in Münsingen soll am 30. September Schluss sein. Künftig soll laut KVBW im Land gelten, dass 95 Prozent der Patienten innerhalb von 30 Fahrminuten eine Notfallpraxis erreichen sollen, alle anderen innerhalb von maximal 45 Minuten. Daran, ob das auf der Alb nach Schließung der Praxis in Münsingen mit ihrem großen Einzugsgebiet noch gewährleistet ist, hat die Bürgerinitiative Albklinik ihre Zweifel.
Zudem sei vorgesehen, dass es nur noch Standorte in Verbindung mit einem Krankenhaus mit Notaufnahme gibt. Die Albklinik hat neben der Bereitschaftspraxis für Fälle, die unter der Woche der Hausarzt behandelt, auch eine Notaufnahme. Dieser Punkt gibt für den Erhalt des Standorts zumindest einen Ansatz.
Niedergelassene Ärzte melden sich zu Wort
Gegen die Pläne der KVBW gibt es neben dem Eilverfahren eine Klage der betroffenen Städte vor dem Sozialgericht. Diese sei weiter anhängig, sagte ein Gerichtssprecher. Dr. Eberhard Rapp von der Bürgerinitiative Albklinik sagt deshalb: »Wir werden den Kopf noch nicht in den Sand stecken.« Ein Beschluss in einem Eilverfahren sei noch nicht das Ende der Fahnenstange. In den vergangenen Gesprächen habe sich eben auch herauskristallisiert, dass die Situation nicht an allen Standorten dieselbe ist. Ein Punkt, auf den die KVBW abzielt, ist, dass nicht genug Ärzte für die Notfallpraxen bereitstünden. Münsingens Bürgermeister Mike Münzing und die BI Albklinik argumentieren, dass das für die Bereitschaftspraxis in der Albklinik eben nicht zutrifft. Rückendeckung bekommen sie jetzt von der Kreisärzteschaft Reutlingen.
Der Vorstand der Kreisärzteschaft hat am Montag einer Resolution zum Erhalt der Bereitschaftspraxis zugestimmt. In einem Schreiben an die KVBW, namentlich an die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KVBW, Dr. Doris Reinhardt, heißt es: »Der Vorstand der Kreisärzteschaft Reutlingen fordert die KVBW (Frau Dr. Reinhardt) auf, die geplante Schließung der NFP Münsingen zurückzunehmen.« Die niedergelassenen Ärzte, die ja von der KV vertreten werden, stehen also zum Erhalt der Praxis. »Die Hoffnung wird nicht beerdigt«, sagt Dr. Eberhard Rapp. (dpa/GEA)